Aufsehenerregend! 125 Oldtimer drehten Ende August beim 47. Internationalen Borgwardtreffen im Landkreis Haßberge und in Haßfurt ihre. Ganze zehn Prozent der Raritäten auf vier oder nur drei Rädern, nämlich 13 Borgwards & Co., kamen direkt aus der Kreisstadt. Ihr stolzer Besitzer, Stephan Schnaus, hat insgesamt sogar 20 historische Modelle, darunter auch einige aus der Vorkriegszeit.
Seine Liebe zu Autos des einstigen Borgward-Konzerns aus Bremen begann schon im Kindesalter. Seine Eltern hatten seinerzeit eine Lloyd-Vertretung mit Werkstatt und Tankstelle in Haßfurt. Die Modelle von Lloyd, Hansa und Goliath gehörten mit zu Borgward und waren allesamt beliebt.
Die Karossen aus der Hansestadt rangierten damals nach VW und Opel auf Platz 3 der Zulassungsstatistik in Deutschland. Der Lloyd Alexander beispielsweise war ein preisgünstiger Kleinwagen mit voller Ausstattung und kostete in den 1950-er Jahren um die 4000 Mark. Eine BMW Isetta oder ein Goggomobil waren zwar günstiger, aber mit 3,35 Meter Länge, 1,41 Meter Breite und 1,40 Meter Höhe war der Lloyd deutlich größer - fast wie ein Mittelklassewagen damals.
Mit einer silbernen Borgward Isabella Limousine TS Deluxe mit Schiebedach begann Stephan Schnaus 1992 seine Sammlung. Ein Jahr zuvor hatte der gelernte Kraftfahrzeug-Elektroniker seine Autowerkstatt in Haßfurt eröffnet und sich so selbst die Möglichkeit geschaffen, die in die Jahre gekommenen Fahrzeuge mit professioneller Ausstattung zu restaurieren. Die Ausstellungsräume des Autohauses Schnaus zeugen von der Sammelleidenschaft des Chefs.
100 Modelle der Borgward Arabella gibt es noch in Deutschland, schätzt Schnaus. Er selbst hat davon vier Stück. Und eine Isabella in der Kombivariante, von der nur 4700 Exemplare gebaut wurden. Der 60 PS starke Oldtimer mit 1,5 Liter-Motor sieht heute aus, als sei er gerade frisch vom Fließband gekommen. Ungezählte Stunden Arbeit hat Stephan Schnaus dafür hineingesteckt. Motor und Getriebe, alles musste raus. Die Karosserie wurde sandgestrahlt und anschließend mit dem original blauen Farbton lackiert.
Schnaus' Enthusiasmus hat auch seine sechs Mitarbeiter angesteckt. Allen voran Kimberly Gardner, die mit ihren 16 Jahren um ein Vielfaches jünger ist als die Sammelobjekte. "An den Borgwards kann ich sehr gut lernen, wie die Technik eines Autos funktioniert", sagt die angehende Kraftfahrzeugmechatronikerin im zweiten Ausbildungsjahr. "Damit ist man sehr gut gerüstet, wenn man Fehler noch von Hand suchen muss und nicht nur einen Elektronikspeicher ausliest", sagt Stephan Schnaus.
Entsprechend begeistert war die Auszubildende beim Borgwardtreffen, bei dem sie ihrem Chef bei der Organisation half: "So viel schöne Autos auf einmal habe ich vorher noch nie gesehen". Bei einem "Boys und Girls Day" in der siebten Klasse hat Kimberly Gardner den Spaß an einem Handwerksberuf für sich entdeckt. Etwas später absolvierte die Hofheimerin dann ein Praktikum im Autohaus Schnaus. "In den Berufsschulzeugnissen hat Kimberly einige Einser", lobt der Ausbilder seine Schülerin, die schon Zahnriemen an diversen Autos wechselt. Das sei keine Selbstverständlichkeit, dass junge Auszubildende das bereits können, sagt Schnaus.
Noch eine Frau hat Schnaus mit seinem Borgward-Fieber angesteckt: Lebensgefährtin Lissy Hohenhaus nimmt gerne mal einen Oldtimer für eine Ausfahrt. Neben dem Wohnhaus des Paars erstrecken sich auf über 1000 Quadratmetern zwei Hallen, die gut beheizt die weiteren Schätze beherbergen. Da steht zum Beispiel ein Hansa 1100 aus dem Jahr 1938, der unter seinem roten Lack nur eine dünne Blechschicht hat. Das Grundgestell besteht aus Holz. Wie auch das Führerhaus von Schnaus' Krankenwagen, einem Borgward B1500, der im Volksmund "Aligator" genannt wurde wegen seiner markanten Schnauze.
Einen Borgward B522 mit Allradantrieb hat der Sammler zum Wohnmobil umgebaut. Den ehemaligen Kommandowagen mit einem Kofferaufbau fuhren früher Funker der Bundeswehr. Als "größtes Cabrio der Welt" bezeichnet der Haßfurter scherzhaft einen B2000, der mit elf Sitzplätzen früher den Mannschaftstransporten bei der Bundeswehr diente. Sein Dach ist nur eine Plane, nach einigen Handgriffen fährt man "oben ohne".
Ein 70 Jahre altes Feuerwehrauto steht in Schnaus' Sammlung daneben, einst im hessischen Alsfeld im Einsatz. Das Besondere: Es ist ein Frontlenker. Man sitze also quasi auf der Vorderachse, erklärt Schnaus.. Erwähnenswert sind auch die drei ausklappbaren Tritte an der Fahrzeugseite. Damit gelangten die Feuerwehrmänner schnell auf das Fahrzeugdach, um die Leiter herunterholen zu können.
Zwar kein Borgward, aber ein Oldtimer und das größte Fahrzeug, ist ein 50 Jahre alter MAN-Bus vom Typ 535. Im zerlegten Zustand, halb geschweißt und unten ohne Boden, hatte ihn Stephan Schnaus erwerben können und baute ihn in kurzer Zeit zu seiner "Basis" bei Oldtimertreffen um. Mit einem Anhänger und einem Borgward darauf ist das große Prachtstück immer der Hingucker schlechthin. Den 7,5 Liter Saugdiesel mit 200 PS holt der Haßfurter rund zehn Mal im Jahr aus der Halle. Bei den Treffen mit seinen Oldtimerfreunden verbringt er dann mehrere Tage darin. Mit einer Markise als Vordach, einem gemütlichen Holzofen mit ansteckbarem Außenkamin und einer modernen Innenausstattung lässt es sich gut aushalten.