Um ehrlich zu sein: Ich bin überhaupt kein Freund der Ich-Form. Aber für diese paar Zeilen geht es ja nun mal nicht anders, liegt in der Genetik dieser Serie. Also:
Ich habe mit mir gerungen, an den „Lieblingsstücken“ teilzunehmen. Weil ich davon überzeugt bin, dass es nie um den Berichterstatter gehen sollte, sondern ausschließlich immer über den, die oder das, worüber berichterstattet wird, und es ist mir zutiefst zuwider, dass sich das inzwischen immer häufiger umkehrt. Soziale Netzwerke wie Facebook wirken dabei nicht nur als Katalysator, eher als Brennstoffzelle. In dieser Branche wird inzwischen tendenziell als seligmachendes Gebot verkündet, dass der Journalist zu einer Marke werden sollte, zu einem Aushängeschild für seinen Arbeitgeber, sozusagen zu einer Art Palmolive-Tilly, wie damals in der Fernsehwerbung, und das mit den Spülhänden im Sinne von „Eine Hand wäscht die andere“, ist natürlich ein ganz eigenes Thema.
Was das alles mit dieser Geschichte über Georg Schramm zu tun hat? Ich meine, ziemlich viel.
Natürlich nicht nur, weil ich denke, dass dieser Mensch dem Kabarett fehlt, seine Sicht auf die Dinge, seine mitunter verstörende wie rigorose Meinung, seine bisweilen irritierende brachiale Sprachgewalt, die manchmal die Grandezza einer Abrissbirne hat, beim genaueren Zuhören aber ungemein vielschichtig die Probleme unserer globalisierten – in Schramms Worten – zerfallenden Gesellschaft seziert.
Sondern auch, weil er zumindest auf der Bühne stets authentisch war. Und nie sich in den Mittelpunkt gestellt hat. Sondern immer das Thema.
Der einzige Grund, weshalb ich bei dieser Serie mit diesem Stück mitmache, ist: Womöglich hat mancher nach der Lektüre des Porträts über Georg Schramm das Verlangen, ihn im Internet oder auf DVD mal zu erleben, zu hören – und, soweit es mittelbar geht, auch zu spüren.
Wir hatten damals ein Interview ausgemacht in Nürnberg, halb zehn oder zehn vormittags, so genau weiß ich das nicht mehr. Halbe Stunde. Schramm mag keine Gruppengespräche , bei denen mehrere Journalisten im Kreis sitzen und ihn befragen. Einzelinterview also.
Nach gut einer Stunde kam eine Journalistin in die Nische der Hotelbar, in der wir uns unterhielten, und fragte schüchtern, wann sie denn an der Reihe sei. Schramm meinte sehr nett: gleich. Dies wiederholte sich mehrfach. Verschiedene Medien-Vertreter fragten nach, wann sie denn endlich dran kämen. Schramm vertröstet sie stets höflich, aber bestimmt. Aus den vereinbarten 30 Minuten wurden zweieinhalb Stunden.
Es war das intensivste dienstliche Gespräch, das ich jemals geführt habe.
Das, was dann als Text herauskam, kann natürlich allenfalls als Annährung an diesen charismatischen Kabarettisten und außergewöhnlichen Menschen verstanden werden.
Neulich, als Schramm mit Priol, Pelzig und Malmsheimer für eine Stippvisite in die ZDF-Anstalt zurückgekehrt war, haben wir uns – nach anderen Gelegenheiten zwischendurch – mal wieder getroffen. In der Kneipe, in der alle Beteiligten die Sendung absacken lassen, fragte ich ihn, ob er zwei Minuten Zeit habe, mir ein paar Eindrücke über seine Rückkehr zu erzählen. Nach über einer halben Stunde lachte er mal wieder wie sein Dombrowski und meinte: „ Die zwei Minuten sind nun aber rum, oder?“...