zurück
WÜRZBURG
Debatte um rechten Redner geht weiter
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 07.11.2019 20:28 Uhr
Die Stadt Würzburg hat den für Freitag geplanten Rathaus-Empfang für die Vertriebenen abgesagt. Grund war der Auftritt des rechtskonservativen Publizisten Michael Paulwitz bei der Gedenkfeier des Bundes der Vertriebenen (BdV) anlässlich des Tages der Heimat. Die Stadt wolle so „jede Verbindung zu ausländerfeindlichen Akteuren, Äußerungen oder Verhaltensweisen“ vermeiden, sagte Sprecher Christian Weiß am Donnerstag.

Die Feierstunde des BdV mit dem Redner Paulwitz ging derweil ohne besondere Vorkommnisse über die Bühne. Die Stadt Würzburg sehe sich „aufgrund aktueller Ereignisse“ nicht in der Lage, den Empfang durchzuführen, hieß es in einer Mitteilung. Man werde den BdV und Vertreter der Landsmannschaften aus Unterfranken nun zu einem späteren Zeitpunkt einladen. „Aktuelle Ereignisse“ meint das Bekanntwerden von Paulwitz' Aktivitäten bei den rechten Republikanern sowie seine von wenig Mitgefühl geprägten, ausländerkritischen Zeitungsartikel. Oberbürgermeister Christian Schuchardt (CDU) betonte dagegen, in Würzburg seien Flüchtlinge willkommen. Der OB wörtlich: „Wir fühlen mit den Schicksalen dieser Menschen mit und wollen einen Teil dazu beitragen, ihr Schicksal abzumildern und ihnen eine neue Lebensperspektive zu eröffnen.“ Also mussten die knapp 120 Vertreter von BdV und Landsmannschaften ohne Empfang im Rathaus feiern – mit Gesangs- und Tanzvorführungen, einem anrührenden Augenzeugenbericht von der Flucht aus Ostpreußen sowie der Festrede des Redners Paulwitz. Auf den Wirbel um seine Person ging der „Rep“-Funktionär nur indirekt ein, als er jenen dankte, „die das freie Wort schätzen“. Dem 25-minütigen Vortrag, in dem Paulwitz mehr Anerkennung und Würdigung für das Schicksal und die Verdienste der Vertriebenen forderte, kann man keine Rechtslastigkeit unterstellen. Politiker waren – mit einer Ausnahme – im Pfarrzentrum Heiligkreuz nicht zugegen, unter anderem hatte auch der Würzburger Landrat Eberhard Nuß (CSU) abgesagt.

Lediglich Hans Jürgen Fahn (Erlenbach/Main) war gekommen. Unter Murren im Publikum kritisierte der Freie-Wähler-Landtagsabgeordnete einen aktuellen Paulwitz-Artikel über Asylbewerber, sagte den Vertriebenen aber seine prinzipielle Unterstützung zu. Albert Krohn, Kreis- und Bezirksvorsitzender des BdV, zeigte sich auf Nachfrage „enttäuscht“ über die Absage der Stadt. Der OB sei vor der „tendenziösen Kritik“ in der Presse „eingeknickt“.

Die Berichterstattung habe die Vertriebenen in die rechte Ecke gedrängt, beklagte Hans Werner Bell, Sprecher der Siebenbürger Sachsen. „Da gehören wir nicht hin, wir sind keine Ewiggestrigen.“ Allerdings gab es auch verbandsintern Kritik. Alfred Kipplinger (Sulzbach, Lkr. Miltenberg) boykottierte erstmals das Treffen zum Tag der Heimat. Dabei hatte der stellvertretende Bezirks- und Landesvorsitzende die Einladung mit unterschrieben. Er habe nicht gewusst, dass der Journalist Mitglied der Republikaner ist, so Kipplinger, und sei „sehr erschrocken“, als er dies nun erfahren habe. Auch Paulwitz' „überkritische Kommentare“ zur Asylpolitik lehne er ab. Mit „solch verdächtigen Personen“ wolle er nichts zu tun haben. Einen Brief an die BdV-Verantwortlichen in Bayern hat der SPD-Landtagsabgeordnete Volkmar Halbleib geschrieben.

Der Ochsenfurter ist selbst Mitglied der Sudetendeutschen Landsmannschaft und vertriebenenpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. Es bleibe für ihn ein Ziel, die „berechtigten Anliegen der Landsmannschaften“, das Bewusstsein für das Schicksal von Flucht und Vertreibung, insbesondere bei den nachwachsenden Generationen zu verankern. Dies, so Halbleib, sei aber zwingend verbunden mit der „klaren Absage an Positionen, die die deutsche Verantwortung für die Geschichte des 20. Jahrhunderts relativieren und revisionistisches, ausländerfeindliches und rechtslastiges Gedankengut wieder salonfähig machen oder die heutigen Opfer von Flucht und Vertreibung denunzieren“. Da müsse eine Trennlinie gezogen werden. Deshalb habe der BdV mit der Einladung an Paulwitz den Anliegen der Vertriebenen einen Bärendienst erwiesen.
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Michael Czygan
Bund der Vertriebenen
CDU
CSU
Christian Schuchardt
Eberhard Nuß
Freie Wähler
Hans Jürgen Fahn
Rechtskonservative
Rhetoriker
SPD-Landtagsfraktion
Schicksal
Stadt Würzburg
Vertriebene
Volkmar Halbleib
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Herr Czygan,
    was meinen Sie mti dem Wort "rechtskonservativ"? Für eine Definition des Wortes Ihrerseits wäre ich Ihnen sehr verbunden. Gibt es auch linkskonservativ?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Kleeblatt1903
    Was für eine Ironie. Die Main-Post für vermeintlich "tendenziöse Kritik" verantwortlich machen und einen Redner einladen der für die "Junge Freiheit" geschrieben hat. Da leben scheinbar welche in ihrer eigenen Welt und sehen den Wolf im Schafspelz nicht mehr. Ein Redner, der sich über Flüchtlinge auslässt redet vor Vertriebenen - was ist das nur für ein Hohn und Spott für alle, die damals mit wenig Hab und Gut aus ihren Häusern gejagt wurden. Da müssen Köpfe rollen, sonst kann man diesen Verband nicht mehr ernstnehmen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Was ist schlimm daran für die Junge Freiheit zu schreiben?
    Bitte nennen Sie doch konkrete Gründe mit Beispielen. Vielen Dank!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • U4564@gmx-ist-cool.de
    ... dann wird auch klar, warum die so einen Redner einladen.
    Der eigendliche Skandal ist ja, wie die CDU/CSU in diesem Verein auf Stimmenfang gehen. Größter Respekt, das einer wie Herr Schuchardt das nicht nötig hat!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Wir diskutieren heutzutage ja viel über diesen Begriff. Die Vertriebenenverbände sollten darüber auch mal nachdenken. Das Kriegsende wird sich nächstes Jahr zum 70.mal jähren und die Weltordnung hat sich in dieser Zeit durchaus geändert und neu konstituiert. Es ist unerträglich, dass dies durch revanchistisches Gedankengut und unter Nutzung rechtsnational-faschistisch gesinnter Gruppierungen in Frage gestellt werden soll. Mir gehen diese Anti-Demokraten gehörig auf die Nerven!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • d.o.k@t-online.de
    Nicht die Berichterstattung hat den Bund der Vertriebenen in die rechte Ecke gedrängt. Das haben die Vertriebenen schon selbst getan. Wer einen Republikaner als Festredner einlädt, muss sich nicht wundern, dass er als Nazi freundlich eingestuft wird. Wer sich einen Vorsitzenden leistet, der immer noch die Oder-Neiße-Linie anzweifelt (MP 04.10.2007) gehört zu den Ewig Gestrigen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten