Viele Verbrechensopfer meiden die Öffentlichkeit und pochen den Medien gegenüber auf die Wahrung ihrer Privatsphäre. Heike Dorsch geht einen anderen Weg: Nach dem Mord an ihrem Freund Stefan in der Südsee im Oktober 2011 erzählte die 38-Jährige aus Estenfeld (Lkr. Würzburg) in Interviews der „Bunten“, dem „Stern“ und „Stern-TV“ darüber. Nun hat sie sogar selbst ein Buch über die Ereignisse geschrieben. Vorab darf „Bild“ exklusiv eine Serie als Vorabdruck veröffentlichen, die dem Buch Werbung verschafft.
Der Mord an Stefan R. hatte 2011 weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Dorsch konnte eigenen Angaben zufolge dem mutmaßlichen Mörder – einem einheimischen Jäger – nur knapp entkommen. Bei ihrer Familie in der kleinen Gemeinde vor den Toren Würzburgs fand sie Zuflucht.
Heike Dorsch, Freundin des Getöteten
Die Bluttat war von Anfang an ein Fall für die Boulevard-Medien. Vor allem englische Zeitungen hatten über Kannibalismus spekuliert, als die zerteilten und teilweise verbrannten Überreste des norddeutschen Seglers R. an einem Lagerfeuer im Innern der Insel Nuku Hiva (Marquesa-Inseln) gefunden wurden. Einige Blätter fabulierten, der mordverdächtige Einheimische habe sich in die Freundin des Seglers verliebt, was sich als Unsinn herausstellte.
Nach wochenlanger Flucht und Fahndung hatte sich Arihano H. den französischen Behörden gestellt. Im April 2012 war Heike Dorsch zurück nach Nuku Hiva gereist, wo das Gericht versucht, die Bluttat aufzuklären. Wann ein Prozess beginnt, ist noch ungewiss, doch die Sicht der Kronzeugin kann das Gericht nun schwarz auf weiß nachlesen, in ihrem Buch „Blauwasserleben“.
Darin erinnert sie sich an ihr Leben an der Seite ihres Freundes Stefan, den sie seit 17 Jahren kannte. „Enger konnte eine Partnerschaft nicht sein“, hat sie gesagt. „Wir waren füreinander geschaffen.“ Mit dem Norddeutschen war sie dreieinhalb Jahre auf den Weltmeeren unterwegs, ehe der schöne Traum jäh endete.
Detailliert erzählt das Buch von der Begegnung des Paares mit dem mutmaßlichen Mörder ihres Freundes. „Freundlich winkte er uns zu und fragte auf Französisch: 'Wollt ihr nicht mit mir zusammen essen, ich habe gerade gekocht?‘ Stefan verabredete sich für den kommenden Tag zur Ziegenjagd mit ihm. Doch der Jäger kam allein zum Boot zurück, das in einer Bucht ankerte: „'Stefan, verletzt... Unfall... Wald.' soll er gekeucht haben. „In meinem Kopf entsteht ein schreckliches Bild“, erzählt Dorsch. „Stefan liegt hilflos im Wald. Er blutet, muss ins Krankenhaus.“
Sie beschreibt, wie der Jäger sie in den Wald führte. Dann wollte er sich plötzlich nicht mehr erinnern, wo er Stefan abgelegt habe. Als Dorsch zurückrennen und der Polizei Bescheid sagen wollte, eskalierte die Situation im Wald: „Halt, denke ich, bist du auf dem richtigen Weg? Ich drehe mich noch einmal zu Arihano um – und blicke in einen Gewehrlauf. Den nächsten Satz verstehe ich deutlich: 'Du stirbst jetzt.'“
In weiteren Folgen wird Dorsch wohl schildern, wie sie dem Mann entkam, die Polizei alarmierte und was sie empfand, als die Überreste ihres Freundes gefunden wurden. Der Tatverdächtige, der auf Tahiti auf seinen Prozess wartet, spricht von Notwehr.
Detaillierte Anfragen zu ihrem Buch oder ihren Plänen für die Zukunft beantwortet Heike Dorsch derzeit – nach Rücksprache mit ihrem Verlag – nicht. Sie ist wohl durch vertragliche Regelungen gebunden. Die erlauben ihr Interviews wahrscheinlich erst nach dem Erscheinen des Buches, am 10. September.