Kultur gibt es nicht umsonst. Sie kostet sogar dann Geld, wenn sie nicht stattfindet. Als der Stadtrat vor ein paar Monaten zustimmte, wegen Corona und Folgen den Kissinger Sommer abzusagen, muss den Räten das schon klar gewesen sein. Trotzdem war das eine oder andere Stöhnen zu vernehmen, als das Büro Kissinger Sommer dem Stadtrat jetzt mit Zahlen greifbar machte, welche Größenordnung die auch finanziell schmerzliche Absage hat. Mit 543 000 Euro gab Thomas Lutz das vorläufige Defizit für das ausgefallene Festival 2020 an. Zur Erinnerung: Für das grundsätzlich unvermeidliche Defizit eines Kissinger Sommers mit allen Veranstaltungen hat der Stadtrat eine Obergrenze gesetzt. 750 000 Euro Defizit sollten möglichst nicht überschritten werden.
Trotz vereinzelter Kritik folgten die meisten Ratsmitglieder offenbar der Einschätzung von Zweitem Bürgermeister Anton Schick, dass Wehklagen über das Defizit letztlich "eine pathologische Betrachtungsweise" sei. Man könne ja nichts mehr ändern. Alle Festivals "leiden" im Corona-Jahr unter den Fixkosten, erklärte Intendant Tilman Schlömp dazu. Die Fixkosten des Kissinger Sommers seien im Vergleich zu anderen Festivals sogar eher gering.
Ausblick auf nächstes Jahr
Schlömp gab dem Stadtrat einen Ausblick auf die Pläne für den Kissinger Sommer 2021. Kalkuliert ist es mit einem maximalen Defizit von besagten 750 000 Euro. Zu Grunde liegt dieser Kalkulation eine "kaufmännische Auslastung von 61,12 Prozent", hieß es in der Präsentation dazu.
Geplant für den Kissinger Sommer 2021, der von Freitag, 18. Juni, bis Sonntag, 18. Juli, dauern soll, sind nach Schlömps Angaben 52 Konzerte: 19 große im Max-Littmann-Saal, 15 im Rossini-Saal, jeweils drei im Kurtheater und im Kurgarten-Café sowie jeweils eines in der Herz-Jesu-Kirche, in der Erlöserkirche und im Innenhof des Luitpoldbads. In Bad Kissingen selbst kommen dazu zwei Open-Air-Veranstaltungen in der Innenstadt und ein Konzert, ebenfalls open-air, im Hotel Kaiserhof Victoria. Auswärtsspiele hat der Kissinger Sommer in Bad Brückenau, Bad Neustadt, Münnerstadt und in Schloss Aschach.
Musik des späten 19. Jahrhunderts
Inhaltlicher Schwerpunkt soll nächstes Jahr die Musik des späten 19. Jahrhunderts sein. Zum Teil gehören zum Programm aber auch von heuer auf 2021 verlegte Konzerte. Dazu zählen etwa der Auftritt von Max Mutzke mit Marialy Pacheco (29. Juni 2021) oder die Operngala mit Angela Gheorghiu und der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen (9. Juli 2021). Auch ein Teil des heuer ausgefallenen Programms zum Beethovenjahr soll auf 2021 übertragen werden.
Gleich mehrfach wird das Festivalorchester, die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, zu hören sein. Gleiches gilt für den Pianisten Igor Levit. Dirigent Kent Nagano gastiert mit dem Deutschen Symphonieorchester Berlin und Klassikern der russischen Musik. Das BBC Symphony Orchestra, berichtete Schlömp, "pflegt seine lange Verbindung" zum Kissinger Sommer bei drei Terminen. Weitere Orchesterkonzerte gibt es unter anderem mit dem Royal Philharmonic Orchestra und den Bamberger Symphonikern.
Der Wunschzettel des Intendanten
"Schon lange auf dem Wunschzettel" stehen hatte Schlömp einen Auftritt der Sopranistin Golda Schultz. Am 22. Juni 2021 geht der Wunsch in Erfüllung. Auch eine Liederwerkstatt wird es wieder geben. Noch nicht vollständig gesichert sind die geplanten Auftritte des Mariinsky Chorus mit russischer Chormusik sowie von Mischa und Lily Maisky (Vater und Tochter, Cello und Klavier).
Damit ist die Liste der Gastspiele von Musikerinnen und Musikern mit klangvollen Namen noch nicht zu Ende. Zu hören sein werden auch die Cellistin Sol Gabetta, die Pianisten Jean-Yves Thibaudet und Herbert Schuch sowie der Geiger Pinchas Zukerman.
Dem Andenken von Hannelore Elsner gewidmet ist ein Rezitationskonzert mit Martina Gedeck. When I'm Sixty-Four nennt der Geiger Nigel Kennedy das Programm, das er am 11. Juli 2021 im Innenhof des Luitpoldbads mit Band spielen will. Er ist dann bereits ein gutes halbes Jahr 64.
Defizitobergrenze
Dass das Konzept des Festivals mit dessen Defizitobergrenze "in Einklang steht", ist ein großes Anliegen der Stadt. Einfach zu garantieren ist das nicht. Denn letztlich hängt es zum wesentlichen Teil vom Besucherverhalten und der Auslastung der Konzerte ab, wie hoch das Defizit ausfällt. Oberbürgermeister Dirk Vogel wies zudem auf den Vorbehalt hin, unter dem das Programm für 2021 wegen der Unsicherheiten der Corona-Pandemie steht. Grundsätzlich segnete der Stadtrat das Programm aber jetzt erst einmal einstimmig ab.