Reinhold Radler fasst es bis heute nicht. Lange konnte er über die Ereignisse an dem Abend und in der Nacht kaum reden, ohne in Tränen auszubrechen. Weil sein Haus an der tiefsten Stelle der Ortsdurchfahrt liegt, liefen bei ihm die Keller und der Hof voll. Tagelang schaufelte der 70-Jährige mit seiner Familie und Nachbarn, um die schmierige Pampe vom Hof zu schaffen. Dankbar ist er der Feuerwehr für die anfängliche Unterstützung.
Obwohl er inzwischen sogar wieder ein bisschen lachen kann, nagen die Ereignisse immer noch an ihm. "Die Rücklagen fürs Alter sind dahin", sagt der Rentner. Auf rund 35 000 Euro schätzt er den Schaden in dem gemauerten Gewölbekeller und dem Wirtschaftskeller. So wurden zwei Waschmaschinen und ein umfassender Wäschevorrat Opfer der Fluten. Auf den Kosten werde er wohl sitzen bleiben.
Kritik an der Gemeinde
Nicht so gut ist der Geschädigte auf die Gemeinde zu sprechen. "Jahrzehnte ist das Problem vernachlässigt worden", sagt er zur Regenrückhaltung im sieben Quadratkilometer großen Einzugsbereich vom Stappberg. Von dort aus ergoss sich das Wasser wie durch einen Trichter durch das Dorf. Radlers Angst: Das Ganze könne jederzeit wieder passieren. "Die letzte große Flut habe ich als Dreijähriger erlebt", erinnert sich Radler. Nachdem 1953 Wassermassen für Zerstörungen gesorgt hatten, sei der Deisselbach durch das Dorf begradigt worden. Im Vertrauen darauf, dass damit Ruhe einkehrt.
Eine Ursache für die Ereignisse Ende Mai sieht er in der mangelnden Pflege der Gräben durch die Gemeinde. Das angefallene Geschiebe habe den Durchfluss erschwert. Teilweise habe das Wasser so eine ungeplante Richtung genommen.
Verschärft habe das Problem der 2017 eingeweihte Mehrgenerationenplatz am Unterlauf des Deisselbachs kurz vor dem Eintritt in die Saale. Die Renaturierung mit der Anlage von Mäandern habe für einen schlechteren Ablauf durch das Dorf gesorgt. "Der Platz ist wunderschön", lobt Radler das Projekt. Leider weise er Baufehler auf.
Uwe Seidl und Martin Rottenberger vom Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen wollen die Kritik so pauschal nicht gelten lassen.
Zwar wissen sie, dass die Pflege von Gräben nicht zu den obersten Prioritäten in Gemeinden gehört. Mit Schuldzuweisungen sollte man es sich aber nicht zu einfach machen.
Regenrückhaltkonzept kommt
Die Behördenvertreter sehen Besserung kommen. So hat die Gemeinde 2017 ein integratives Konzept für die Regenrückhaltung am Stappberg in Auftrag gegeben. Warum lange nichts geschah, hat Gründe. Es gab eben lange keine gravierenden Hochwasserereignisse. Und: "Das entsprechende Förderprogramm gibt es erst seit 2017", sagt Uwe Seidl. Die Erstellung des Konzeptes wird mit 75 Prozent vom Freistaat unterstützt. Zuständig für Gewässer dritter Ordnung ist zwar die Gemeinde, aber die Behörde begleitet das Vorhaben. Der Mehrgenerationenplatz habe die Situation im aktuellen Fall indes nicht verschlimmert, sind die Wasserwirtschaftler überzeugt. Bei 78 Litern Niederschlag pro Quadratmeter wäre der Deisselbach mangels Regenrückhalt im Oberlauf unten im Dorf sowieso übergelaufen.
Vorwürfe zurückgewiesen
Und nun? Die Gemeinde Elfershausen steht bei der Schadensbegleichung besser da, als Privatmann Radler. Denn laut einem neuen Förderprogramm können Schäden im öffentlichen Bereich mit Mitteln vom Freistaat beseitigt werden. Das Wasserwirtschaftsamt weist in diesem Zusammenhang Vorwürfe zurück: Es habe nicht gebremst, sondern sich beim Ministerium sogar noch für eine rasche Baufreigabe für die Reparaturen stark gemacht. Die Gemeinde rechnet spätestens bis Herbst mit der Vorstellung des integrativen Regenrückhaltekonzeptes. Dann muss über den Bau von Rückhaltebecken gesprochen werden. Bürgermeister Karlheinz Kickuth sieht keine Versäumnisse bei der Gemeinde. Ihm war vorgeworfen worden, den Mehrgenerationenplatz am Deisselbach ohne zuvor geplante Schutzdämme abgenommen zu haben. So oder so wäre es dort zu Schäden gekommen, sagt Kickuth. Inzwischen hat die Gemeinde den Platz aber nachgebessert.
Bachabwärts rechts gesehen wurde der Damm am Spielplatz erhöht und links Richtung Saalewiesen abgesenkt, damit Wasser in diese Richtung besser abfließen kann. Außerdem soll ein Spielgerät um 50 Zentimeter erhöht werden. Das dies nichtöffentlich beraten wurde, lässt die Brisanz des Themas erkennen.
Insgesamt kommt der Mehrgenerationenplatz hervorragend an. Doch auch von der Saale droht Ungemach. Normalem Hochwasser kann er noch trotzen, doch bei einem der selteneren Jahrhunderthochwasser heißt es dort Land unter. dübi