
Was man nach einer Stunde in Gesellschaft von Paul Maars Sams an Inspiration mit nach Hause nehmen kann? Eine Lust darauf, die ungereimte Welt in gereimten Sätzen zu parodieren: "Wenn Frau Rotkohl sauer schaut, sieht sie aus wie Sauerkraut." Das entspannt schon mal die Betrachtung der familiären Miseren.
Das ist eine der zentralen Botschaften des Weihnachtsmärchens am Theater Maßbach, "Das Sams und die große Weihnachtssuche": Kinder, wundert euch über das Treiben um euch herum - mit eigenen Augen und mit eigenem Sinn. Und wer hilft dabei? Natürlich das Sams und sein Schöpfer Paul Maar. Diesmal in der Uraufführung der Theaterfassung der jüngsten Sams-Geschichte, die Maar und Regisseur Christian Schidlowsky gemeinsam auf die Beine gestellt haben.
Mini-Sams verirrt sich am Schlittenberg
Der Weihnachtsabend bei Papa Taschenbier mit einer ganzen Horde Samse ist vorbei. Die Samse sind wieder in ihrer Welt. Aber weil sich Frau Rotkohl und das Mini-Sams so mögen, wollen sie sich sofort wiedersehen. Das alte, schwer zerstreute Über-Sams gibt nach. Aber wehe, wenn Mini-Sams nach drei Stunden nicht zurückkehrt! Kaum wieder in der Menschenwelt, verirrt sich das Kleine am Schlittenberg. Rettung in letzter Sekunde.

Die Lust, der furchtbar ernsten Welt mit frech gereimten Sätzen, Wortspielereien und schrägem Weihnachtsliedgesang entgegenzutreten, die Lust ist das Eine. Das Zweite, das Kinder mit nach Hause nehmen können, ist der feste Glaube daran, dass hinter den Wänden der Normalität eine Parallelwelt existiert, in der allerlei fantastische Wesen ihren Schabernack treiben.
Das Erfolgserlebnis der Sams-Geschichten
Aus dieser Welt kommt ja auch das Sams, das nun schon seit fünfzig Jahren mit Herrn Taschenbier zusammenlebt, was – oh Wunder! - dazu führt, dass beide partout nicht altern wollen. Das wiederum mag das Erfolgsgeheimnis der Sams-Geschichten sein: Kinder brauchen in jeder Epoche so ein freundlich-widerspenstiges, altersloses Wesen, das ihnen Mut macht, einen eigenen Weg zu finden, selbst im Gegenwind der, wie es so schön heißt, "normativen Kraft des Faktischen".
Das Dritte, nicht weniger Wichtige, ist die Wertschätzung der Geborgenheit in einer fürsorglichen Gemeinschaft. Und das Vierte, das die Kids nicht vergessen sollten: Auf Frau Rotkohls Backblech kann man prima den Schlittenberg hinunterpreschen.
Das alles sind Inspirationen, die Paul Maars elfte Sams-Geschichte befördern. Tonia Fechter (Sams), Silvia Steger (Mini-Sams), Yannick Rey (Paukersams, Lillis Vater), Sam Gerst (Übersams, Junge), Alexander Baab (Herr Taschenbier) und Vera Rumpel (Frau Rotkohl, Lilli) schlüpfen in ihre Rollen so munter, dass die Kinder ohne Umstände diese Welt verstehen können. Silvia Steger bietet dazu noch als Mini-Sams eine akrobatische Meisterleistung der Verkleinerungskunst.
In Peter Piccianis kubistisch anmutendem Bühnenbild sind die herumliegenden Kürbisse, das rosarote Nirgendwo, die Bratwürste am Weihnachtsbaum und natürlich die Kleidung (Kostüme: Jutta Reinhard) bunte Farbtupfer. Sonst setzt die Kulisse in ihrer funktionalen Wandelbarkeit auf die Fantasie der Kinder, ebenso wie die musikalischen Einspielungen von Wolfgang Stute und Konrad Haas.
Die Szenen kratzen an der Oberfläche wie das Backblech im Schnee
Trotzdem hat man am Ende das Gefühl, dass der Handlung etwas fehlt, was früheren Sams-Geschichten eigen war: eine Aura. Die Szenen reihen sich in eigentümlicher Flüchtigkeit aneinander, kratzen an der Oberfläche wie das Backblech im Schnee. So können zwar Sprachlust entstehen, Situationskomik und leicht subversive Fantastereien, aber kein Zauber, der sich über die Geschichte legt.
Viele weitere Vorstellungen in der Lauertalhalle bis zum 22. Dezember. Infotelefon: (09235) 235. Internet: www.theater-massbach.de

