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BAD KISSINGEN
Wasser mit geballter Wucht
Dass Wasser ein 'sensibles Chaos' ist, zeigten im Regentenbau unter anderen Cellist Willem Schulz, Sängerin Ann-Katariina Hollmerus und Saxophonistin Fanja Raum.
Foto: Isolde Krapf | Dass Wasser ein "sensibles Chaos" ist, zeigten im Regentenbau unter anderen Cellist Willem Schulz, Sängerin Ann-Katariina Hollmerus und Saxophonistin Fanja Raum.
Isolde Krapf
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:42 Uhr

Jeder weiß, wie sich Wasser anhört: Wenn steter Regen vom Dach tropft und draußen ein gewaltiges Unwetter tobt. Wenn irgendwo ein Bächlein vor sich hin gurgelt. Wenn das Meer im Abendwind eise rauscht oder wenn meterhohe Wogen gegen Felsen knallen. Bei der Eröffnung des Bayernfestivals kunst & gesund im Regentenbau bekam man all das auf einmal zu hören, zu fühlen und zu sehen. Das „sensible Chaos Wasser“ auf der Bühne multimedial auf spannende Art zum Leben erweckt.

Lange im Voraus war das Auftragswerk der Stadt Bad Kissingenan den Komponisten Willem Schulz angekündigt worden. Der ein oder andere mag skeptisch gewesen sein, ob es gelingen würde, das feuchte Element auf der trockenen Bühne wirksam in Aktion zu bringen, wenngleich man der erfahrenen Butoh-Tänzerin Minako Seki von vornherein viel zutraute.

Tropfen ohne Unterlass

Wer aber dachte, dass die Performance am Donnerstag eine eher beschauliche Bühnenaufführung wird, wurde eines Besseren belehrt. Volker Schreiner (Video), Nils Willers (Beleuchtung) und Marcus Beuter (Field Recording und Elektronik) sorgten dafür, dass die anfängliche sanfte Plätscherstimmung alsbald in einen bedrohlichen Gewitterregen überging: Tropfen ohne Unterlass auf den Bühnentransparenten, Wolkendunkel mit zuckendem Gewitterlicht und dazu ein rauschendes Raunen, das in tiefes Donnergrollen überging. Ohne diese drei Bühnen-Spezialisten wäre der gewaltige Impetus dieser Aufführung undenkbar gewesen.

Die Klangvielfalt des feuchten Elements an den Betrachter zu vermitteln, lag in den Händen von Fanja Raum (Saxophon), Anna-Katariina Hollmerus (Nordischer Gesang) und Willem Schulz selbst. Der Komponist entlockte seinem Violoncello die sanftmütigsten und krassesten Töne, die man sich in Verbindung mit Wasser vorstellen kann.

Das Cello schleudern

Bis er schließlich das Instrument am Hals packte und es, inmitten starken Donnerwütens und heller Blitzgewalt, mitten auf der Bühne minutenlang im Kreis um sich her schleuderte, so dass den Zuschauern schon angst und bang wurde: Hoffentlich lässt er es nicht los!

Und dann natürlich immer wieder Menako Seki, wie sie sich im Stehen dreht, nach vorn beugt, nach hinten wendet – graziös und elegant. Dann rannte sie zur Seite, lief nach hinten, tänzelte nach vorn. Schließlich rollte sie sich am Boden zusammen, um anschließend neu zu erstehen. Sie konnte ihren Körper plötzlich erschauern, erzittern, erbeben lassen, und das derart tragisch, als ob sie gleich zerbräche. Man glaubte, Wasser rinnt über sie hinweg, Wasser tropft an ihr herab, Wasser wabert über ihre Haut.

Die Performance im Max Littmann Saal stand im Einklang mit der bayerischen Kurstadt. Denn Wasser spielte und spielt in Bad Kissingen eine entscheidende Rolle. Oberbürgermeister Kay Blankenburg drückte das so aus: „Ohne die Heilquellen wäre Bad Kissingen nicht zum Weltbad aufgestiegen.“

Kunst gegen Stress

Er hob die Vorzüge des Kurorts Bad Kissingen hervor und bemühte dabei etliche Superlative (die weltgrößte Wandelhalle, einst die größte Badeanstalt Europas, 1000 Kulturveranstaltungen pro Jahr, 1,6 Millionen Übernachtungen).

Sein Coburger Kollege, Oberbürgermeister Norbert Tessmer, der Vorsitzende des Netzwerks Bayerischer Städte (STADTKULTUR), verwies auf das Festival, das jetzt 21 bayerische Städte mit 106 Veranstaltungen und 185 Künstlern bestreiten. Für Tessmer hat Kunst mehrfach positive Wirkungen: Kunst wirkt dem Stress entgegen, holt den Menschen aus der Isolation und hilft ihm in Krisen. Ähnliches meinte auch STADTKULTUR-Leiterin Christine Fuchs, als sie davon sprach, dass Kunst Heilungsimpulse vermittelt und die Gesundheit fördern kann.

Stadt als Ausstellungsraum

Kulturreferent Peter Weidisch wies noch einmal auf die Stadt Bad Kissingen als umfassenden Ausstellungsraum hin, in dem unter anderem zwölf Künstlerinnen und Künstler ihre Werke auf Fahnen zeigen. Heiligenfeld-Leiter Joachim Galuska definierte Kunst als Kultur, die im Gegensatz zur Natur stehe.

Kultur spiegle auch immer unsere Identität wider, so Galuska. Während es früher nur den Zustand der Gesundheit als Gegensatz zur Krankheit gab, sei das Gesundbleiben heutzutage sozusagen zur einer Lebenskompetenz geworden, die man pflegen muss.

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Foto: Isolde Krapf
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