Nur noch wenige Tage bis zum ersten Konzert: Der Kissinger Sommer 2023 beginnt am 16. Juni, für Intendant Alexander Steinbeis ist es die zweite Saison. Fragt man ihn, welche Erkenntnisse er aus der ersten mitgenommen hat, hat er eine überraschende Antwort: "Mittagessen!" Er habe während des Festivals 2022 drei Kilo abgenommen, das soll sich nicht wiederholen. "Ich habe einfach zu wenig gegessen. Die Tage sind derart durchgetaktet, dass ich diesmal ganz bewusst Zeit für eine Mittagspause einplanen muss."
Nach einem schwierigen Premierenjahr, das noch stark unter dem Eindruck der Corona-Pandemie stand, läuft der Vorverkauf heuer deutlich besser. "Unser Programm wird gut angenommen, die Leute haben richtig Lust drauf", sagt Steinbeis. Das Motto lautet "La Dolce Vita", Italien steht im Mittelpunkt. Anne-Sophie Mutter, Christian Thielemann, Kent Nagano, Grigory Sokolov, Herbert Blomstedt, Leif Ove Andsnes - an großen Namen mangelt es nicht, es gibt aber auch Angebote, die nicht so ins Auge stechen. Deshalb hat Alexander Steinbeis ein paar Geheimtipps für Entdeckungshungrige.
Tipp 1: Die Bigband-Uraufführung
Open-Air-Konzert mit der NDR Bigband am 18. Juni (20.30 Uhr, Luitpold-Innenhof): Uraufführung eines neuen Jazzprogramms des italienischen Komponisten Luigi Grasso, der gleichzeitig Saxofonist in der Bigband ist. Der hat er das Programm "La Dimora dell'Altrove" auf den Leib geschrieben. Alexander Steinbeis: "Keiner weiß, was uns erwartet. Es ist kein Nummernprogramm, wie man es erwarten würde, sondern komplett durchgestaltet." Der Titel, etwa: die Bleibe anderswo, hat mit Heimweh zu tun, für das es im Italienischen kein Wort gibt, und damit, in der Ferne eine neue Heimat zu finden.
Tipp 2: Entdeckungen aus der italienischen Renaissance
Wandelkonzert mit der Capella de la Torre am 21. Juni (19 Uhr, Kurtheater): Musik aus der Zeit des Renaissance-Malers Sandro Botticelli an der Wende des 15. zum 16. Jahrhundert. Die Bilder dieser Epoche sind berühmt, die Musik ist es weniger. Alexander Steinbeis: "Natürlich haben wir im Programm die italienische Barockmusik abgedeckt, aber hier gehen wir nochmal eine Etappe zurück." Die Werke etwa von Filippo Azzaiolo oder Emilio de’ Cavalieri seien absolute Entdeckungen. "Es lohnt sich sehr, diese Musik live anzuhören. Das Ensemble ist Weltklasse."
Tipp 3: Die vielversprechendste Pianistin ihrer Generation
Konzert mit dem WDR-Sinfonieorchester am 24. Juni (19.30 Uhr, Max-Littmann-Saal): Die Pianistin Beatrice Rana gibt ihr Debüt beim Kissinger Sommer mit dem Konzert von Robert Schumann. Alexander Steinbeis: "Es ist die vielversprechendste Pianistin ihrer Generation, nicht nur in Italien." Auch die anderen Werke des Abends, Ottorino Respighis "Gli ucelli" (die Vögel) und Tschaikowskys "Francesca da Rimini" seien Entdeckungen. "Ich bin sehr gespannt, wie Dirigent Andrew Manze, der ja als Geiger in der historischen Aufführungspraxis angefangen hat, mit dem Orchester umgehen wird", sagt der Intendant. "Da kommen Welten zusammen."
Tipp 4: Schattenseite Italiens – die Mafia
Vokalmusik und Talk, 13. Juli (19.30 Uhr, Kurtheater): Mitglieder des Rundfunkchors Berlin singen italienische Werke von Claudio Monteverdi bis Luciano Berio. "An dem Abend behandeln wir auch die düsteren, die zwielichtigen Seiten Italiens", sagt Alexander Steinbeis. Denn auf der Bühne gibt es ein Gespräch zwischen Moderatorin Boussa Thiam und dem führenden Experten für die italienische Mafia, dem in Deutschland ansässigen Journalisten Sandro Mattioli. "Das ist eine Büchse der Pandora, aber es ist unheimlich wichtig für unser Festival. Italien ist eben nicht nur der Sehnsuchtsort der Deutschen, sondern ein Land mit vielen Herausforderungen."
Tipp 5: Ein Universum an Schlaginstrumenten
Simone Rubino and Friends, 16. Juli (15 Uhr, Kurtheater): Der italienische Schlagzeuger, der vor einigen Jahren den ARD-Wettbewerb gewonnen hat, kommt mit fünf seiner Studenten. "Der wird ein Feuerwerk abbrennen, wie es das Kurtheater noch nicht erlebt hat. Ein außergewöhnliches Erlebnis an Farben und Klängen", verspricht Intendant Alexander Steinbeis. Zu erleben sein werde "ein Universum an Schlaginstrumenten" plus Vibraphon. Das Programm reicht von Johann Sebastian Bach bis Iannis Xenakis. Außerdem wird Rubinos Komposition "Das Lied eines Teleskops" uraufgeführt.
Bonus-Tipp: Einmal selbst unter der Leitung eines weltberühmten Dirigenten spielen
Symphonic Mob - Bayerns größtes Spontanorchester, 2. Juli (15 Uhr, Kurgarten): Die Gelegenheit für alle Amateur- und Laien-Musikerinnen und -Musiker, gemeinsam mit den Profis eines Sinfonieorchesters unter der Leitung von Kent Nagano zu spielen. Die Noten gibt es zum Herunterladen, und zwar im Original oder in vereinfachter Form. "Teilnehmen kann jeder und jede, auch, wenn zum Beispiel die Klarinette 20 Jahre im Keller geschlummert hat", sagt Alexander Steinbeis. Mitsingen kann man übrigens auch, denn neben Orchesterwerken von Bizet, Elgar und Grieg wird auch der "Zigeunerchor" aus der Verdi-Oper "Il Trovatore" aufgeführt. Anmeldung ist möglich bis zum Schluss, ein bisschen Vorlauf ist aber ratsam, denn alle Teilnehmenden bekommen T-Shirts, die vorab bestellt werden müssen: www.symphonic-mob.de
Vorverkauf: Karten gibt es unter www.kissingersommer.de oder Tel. (0971) 8048 444