Den SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach hat man über längere Zeit eine Maske des Schweizer Herstellers Livinguard tragen sehen. Auch Abgeordnete anderer Parteien tragen die Masken, die das Coronavirus nicht nur filtern, sondern sogar abtöten sollen, gern. Von Karlstadt (Landkreis Main-Spessart) aus werden sie europaweit vertrieben. Der Hersteller hat jedoch ein Problem: Sie sind nicht FFP2-zertifiziert. Seit der FFP2-Maskenpflicht in Bayern ist der Absatz deshalb massiv zurückgegangen. Ein Karlstadter, der die Masken vertreibt, ist jetzt vor dem Verwaltungsgericht Würzburg mit einem Antrag gescheitert, das Modell "Livinguard Pro Mask" der FFP2-Norm gleichzustellen. Der Beschluss liegt dieser Redaktion vor.
Das Modell, das gewaschen werden kann und als medizinische Gesichtsmaske Typ 1 gilt, sei mindestens genauso gut wie eine FFP2-Maske, so der Antragsteller. Denn laut Hersteller hat es nicht nur eine Aerosol-Filterwirkung von über 95 Prozent - für eine FFP2-Maske werden 94 Prozent verlangt -, sondern tötet obendrein 99,9 Prozent der Sars-CoV-2-Viren ab.
Dies hätten Untersuchungen der Universitäten FU Berlin und RWTH Aachen gezeigt. Deshalb wollte der Unternehmer, dass per einstweiliger Anordnung festgestellt wird, dass das Modell mindestens der FFP2-Norm entspricht oder dieser rechtlich gleichzustellen ist.
Bartträger durch FFP2-Masken nicht ausreichend geschützt
Eine so umfassende FFP2-Maskenpflicht wie in Bayern gibt es in keinem anderen Bundesland. Beim Einkaufen oder im Nahverkehr wird anderswo nur das Tragen einer medizinischen Maske verlangt, auch die von Livinguard zählt dazu. Lediglich in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen gibt es in manchen Bundesländern eine Pflicht zur FFP2-Maske.
Eine FFP2-Maske schütze ihn als Bartträger aber nicht ausreichend vor Corona-Infektionen , so der Antragsteller aus Karlstadt. Seine Maske sei durch die Passform und die Bänder gerade für Bartträger besser geeignet. Tatsächlich gilt ein Bart als Problem bei FFP2-Masken, da diese durch Barthaare nicht komplett an der Gesichtskontur anliegen und somit nicht richtig dicht seien. Um den FFP2-Standard zu erfüllen, müsste Livinguard erst eine entsprechende Maske entwickeln, die die Anforderungen an eine atmungsaktive Gesichtsmaske erfülle und gleichzeitig aber auch feinste Staubpartikel filtere, führte der Antragsteller aus.
Er sieht es aber so, dass es nur auf die tatsächliche Schutzwirkung der Maske ankomme und nicht auf das Vorliegen einer formellen Zertifizierung.
Der Beschluss des Gerichts stößt auf Unverständnis bei Livinguard
Das bayerische Gesundheitsministerium argumentierte als Antragsgegner hingegen, dass allein die vorliegende Zertifizierung entscheide, ob eine Maske im Sinne der FFP2-Maskenpflicht zulässig sei.
Eine beliebige Zertifizierung genüge nicht. Das Ministerium könne im Eilverfahren nicht einzelne Masken bewerten. Das sei gegebenenfalls Sache des TÜV , von Zertifizierungsstellen oder universitären Einrichtung im Rahmen von Studien.
Die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts Würzburg hat den Antrag des Klägers abgelehnt. Es sei in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht zu beanstanden, dass die bayerische Verordnung nicht nur ein mindestens gleichwertiges Schutzniveau verlange, sondern dass eine gleichwertige Normung gegeben sein müsse. Zur Sicherung der Qualität sei es rechtlich zulässig, eine bestimmte Normung zu fordern. Dem Antragsteller stehe frei, die ihm bislang fehlende Zertifizierung anzustreben.
Dietholf Schröder , Geschäftsführer von Livinguard in Deutschland und Leiter des Standorts in Karlstadt, sagt auf Anfrage zum Gerichtsbeschluss: "Das können wir nicht verstehen, dass es in Bayern so ist." Er schaffe schließlich Arbeitsplätze, laut Schröder mittlerweile 20, und die Maske sei nachweislich besser als FFP2-Masken. Um eine FFP2-Zertifizierung habe sich die Firma von Anfang an bemüht.
Nur um die Norm zu erfüllen, sei sie aber nicht bereit, schlechtere Masken herzustellen. Ein Antrag des Schweizer Herstellers auf Außervollzugsetzung der bayerischen "FFP2-Maskenpflicht" war vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) schon zuvor abgelehnt worden. Schröder selbst war nun nicht derjenige, der in Würzburg vor Gericht gezogen ist - "Ich bin ja kein Bartträger" -, sondern ein Kunde, der die Masken vertreibt, als Privatmann. Der war zunächst für die Redaktion nicht zu erreichen.
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Alexander Hoffmann aus Retzbach (Landkreis Main-Spessart) berichtet, dass die CDU/CSU-Fraktion unter anderem "Livinguard-Pro-Masken" besorgt habe und er diese gern trage. Der VGH habe die Wirksamkeit der Maske gar nicht bestritten, habe aber anerkannt, dass es praktikabler ist, wenn eine Maske "gleich auf den ersten Blick als tauglich zu erkennen" ist. Bei der wie eine normale Stoffmaske aussehenden "Livinguard Pro" falle das schwer.
Karl Lauterbach trägt inzwischen meist FFP3-Masken. Aus seinem Abgeordnetenbüro in Berlin heißt es auf Anfrage, dass er von der Livinguard-Maske gleichwohl weiterhin überzeugt sei. Abgeordnetenkollege Hoffmann glaubt, dass die Entscheidung Lauterbachs mit dem Aussehen der Maske zu tun habe und Lauterbach so Vorwürfen entgegenwirken wolle, er trage ja nur eine Stoffmaske.Björn Kohlhepp