
Die aktuelle Energie-Krise beschäftigt Städte, Kommunen und den Landkreis Bad Kissingen gleichermaßen. In der Bürgermeister-Dienstbesprechung und im Kreistag hatte Landrat Thomas Bold kürzlich darauf hingewiesen, dass man sich rechtzeitig Gedanken machen muss, wie man mit einem möglicherweise im Herbst drohenden Gas-Mangel umgehen wird. Auch im Bad Kissinger Stadtrat am Mittwoch war dies eines der Themen. Die Stadt will sich nun unverzüglich auf den Weg machen, regenerative Energien auszubauen.
Im Mai dieses Jahres hat die Europäische Kommission ihren Plan zur Umstellung des europäischen Energiesystems, das derzeit stark von Gas-, Öl- und Kohleeinfuhren aus Russland abhängig ist, veröffentlicht. Deutlich wird darin, dass alle Mitgliedstaaten Energie-Sparpläne erstellen, beziehungsweise erneuerbare Energien beschleunigt ausbauen sollen.
Offenbar befürchtet man in Kommunen und Landkreisen, dass der Staat im Herbst und Winter regulierend in die Energieversorgung, insbesondere mit Gas, eingreifen könnte. Landrat Bold machte in der Bürgermeister-Dienstbesprechung klar, dass solche staatlichen Maßnahmen dann vor Ort umgesetzt werden müssten, selbst wenn man mit einem regionalen Energieversorger zusammenarbeitet. "Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir mit dieser Situation umgehen."
Pläne für den Winter entwickeln
Bold appellierte an die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, mit den großen Gaskunden, beispielsweise systemrelevanten Firmen und Kliniken, Pläne für den Winter zu entwickeln. Auch vonseiten des Kreises mache man sich bereits Gedanken, was zum Beispiel die Gasversorgung von Schulen und Liegenschaften angeht.

Laut Bold gibt es derzeit noch keine zentralen Pläne und Vorgaben. "Aber wir wissen nicht, was kommt." Man müsse jetzt schon Szenarien durchspielen, um später zu wissen, wie man reagiert. Öffentlich diskutiert wurde unlängst von der großen Politik bereits, in Sozialwohnungen eventuell die Heizungen zu drosseln. Das sind aktuell nur Gedankenspiele, sagte Bold, und man müsse auch die Verhältnismäßigkeit solcher Pläne hinterfragen. Doch wenn solche staatlichen Vorgaben kämen, müssten sie gelöst werden.
Die Stadt Münnerstadt wappnet sich für alle möglichen Fälle
In der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Sulzthal war dies schon Thema, sagte der Sulzthaler Bürgermeister August Weingart. Man habe sich gefragt, was dann in den Kindergärten und den VG-Gebäuden passiert, wenn nicht mehr genug Gas von den Stadtwerken Bad Kissingen käme. "Sollen dann alle ins Homeoffice gehen?"
Nach Angaben von Bürgermeister Michael Kastl macht die Stadt Münnerstadt bereits Pläne, in denen vom freiwilligen Energie-Sparen bis hin zu einem festen Konzept alles in Frage kommt. Andere Bürgermeister deuteten ebenfalls an, dass man sich in ihren Kommunen bereits mit diesem Thema beschäftigt.
Ja, in der Stadtverwaltung Bad Kissingen gibt es Überlegungen, wie man Energie sparen könnte, bestätigte Oberbürgermeister Dirk Vogel eine Anfrage von Stadtrat Richard Fix am Mittwoch im Stadtrat. Man habe sich darüber bereits mit den Stadtwerken ausgetauscht. Dabei sei klar geworden, dass man das Gas in den städtischen Liegenschaften nicht komplett abstellen kann, da sich sonst die Leitungen mit Luft füllen würden, sagte Vogel. Man könne die Gaszufuhr höchstens reduzieren. "Wir erarbeiten derzeit Vorschläge."
Nach Vogels Ansicht gibt es zwei Szenarien, mit denen man sich auseinandersetzen muss: Entweder gibt es im Herbst eine Art Lockdown, das heißt man müsste öffentliche Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen, Hallenbäder oder auch Büchereien wegen des Energiemangels schließen.
Stadtrat musste Grundsatzbeschluss fällen
Oder man überlegt rechtzeitig, wie man diese Einrichtungen offenhält. Vogel bekannte sich zur zweiten Lösung. "Dann müssen wir halt zusammenrücken." Dieses Vorgehen müsse dann freilich weiter kritisch geprüft werden. Klar ist für den OB aber auch: Wenn irgendwo Gasleitungen abgeschaltet werden, dann zuerst in der KissSalis Therme.

Im Mittelpunkt stand im Stadtrat ein Grundsatzbeschluss darüber, dass die Stadt sich in Sachen erneuerbare Energien jetzt tatkräftig auf den Weg macht und die Stadtwerke diesbezüglich aktiv werden können – möglicherweise auch in Kooperation mit der Bürgerschaft. Dabei ging es um rechtliche und technische Voraussetzungen, die geklärt werden müssen.
Laut Geschäftsleiter Gerhard Schneider ist es "zwingend erforderlich", die Versorgungssicherheit in der Stadt sicherzustellen. Dabei strebe die Stadt eine "bis zu 100-prozentige Versorgung" mit erneuerbaren Energien an.
Energieversorgung soll in städtischer Hand bleiben
Nach Schneiders Angaben ist es notwendig, den Übergang zum Ausbau von erneuerbaren Energien vor allem bei elektrischer Energie (Solar und Wind), aber auch bei der Wärmeenergie (Solarthermie, Biogas, Wasserstrom, Holz etc.) sowie der Mobilität für die Endverbraucher weiter zu forcieren. Die Energieversorgung müsse dezentral gewährleistet werden, um sie nachhaltig und sicher zu machen, sagte Schneider.
Dass die Energieversorgung in kommunaler Hand bleibt, ist nämlich Voraussetzung dafür, dass die Stadt zum Beispiel Flächen für Freiland-Photovoltaikanlagen und Windkraftanlagen im Rahmen der bauleitplanerischen Erwägungen ausweisen kann.
"Entweder machen wir es selbst oder es machen andere", resümierte Vogel. Ziel sei es aber, in Sachen Energie unabhängig zu werden. Zudem könnten die Stadtwerke ihr Geschäftsfeld ausweiten und die regionale Wertschöpfung werde gefördert, so Vogel weiter.
Stadt will Standortanalyse überarbeiten
Was Freiland-Photovoltaikanlagen und Windkraftanlagen angeht, hatte die Stadt bereits im Jahr 2010 zusammen mit Landschaftsarchitekt und Stadtplaner Klaus Neisser (Bad Kissingen) eine Standortanalyse fertigen lassen. Dabei wurden potentiell geeignete Flächen im Stadtgebiet aufgezeigt, sagte Bauamtsleiterin Christine Schwind in der Sitzung.
Dieser Kriterienkatalog soll jetzt überarbeitet werden, da sich die Gesetzeslage teilweise änderte, aber auch die Technik der Anlagen weiterentwickelt wurde. Zudem ist Bad Kissingen nun Welterbestadt geworden. Bei der Unesco-Bewerbung spielten auch Sichtachsen in der Stadt eine Rolle, die man nun freilich erhalten muss.
Die Beschlüsse fielen im Gremium einstimmig.