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Bad Kissingen
Türchen 7 im Kissinger Adventskalender: Jacqueline Barraud-Volk hat als Kind die Krippe aus Papier gebastelt
Türchen 7 im Kissinger Adventskalender: Jacqueline Barraud-Volk hat als Kind die Krippe aus Papier gebastelt
Bearbeitet von Julia Back Jacqueline Barraud-Volk
 |  aktualisiert: 19.12.2024 02:36 Uhr

Ich muss wohl in der ersten Klasse gewesen sein. Da haben wir zu Hause in der Adventszeit jeden Abend vom 1. bis zum 24. Dezember jeweils eine Krippenfigur aus Papier aus einem besonderen Adventskalender ausgeschnitten, gefaltet und zusammengeklebt. Dazu gab es immer eine kurze Geschichte. Erst wurde gelesen, dann gebastelt.

Jeden Abend wuchs die Krippe ein bisschen mehr und entfaltete ihre Faszination. An Heiligabend durfte ich dann das kleine Christkind, ganz vorsichtig, in die selbstgebastelte Papierkrippe legen.

Ich glaube nicht, dass das Ausschneiden dieser Krippenfiguren mir meinen Weg zur Pfarrerin vorgegeben hat, aber die Geschichten von Maria und Josef, einem Hirten und seinem Schaf, dem Stern von Bethlehem, einem Kind, das zur Krippe eilt oder den Weisen aus dem Morgenland, haben sich mir tief ins Gedächtnis eingeprägt.

Da erfuhr ich, dass Maria vielleicht auf einem Esel, dem Reittier der einfachen Leute, nach Bethlehem gekommen war, oder, dass niemand weiß, wie Engel wirklich aussehen. Schön war auch die Erzählung vom Igel, dem das Licht, das aus der Krippe kam, das Herz auftaute und ihn dazu brachte, endlich seine Stacheln sanft zurückzulegen…

Entstanden ist dieser Adventskalender 1960. Die Geschichten waren damals schon in einfacher Sprache verfasst. Die Figuren waren sehr schlicht, geradezu nüchtern und klassisch. Erst viel später habe ich erfahren, dass sie von keinem geringeren als dem Grafiker, Illustrator und Hochschullehrer Reinhard Herrmann aus Münster gezeichnet wurden. Ich bin sicher, das hat meinen Sinn für auf das Wesentliche reduzierte Figuren in der modernen Kunst geprägt.

Ob Ernst Barlach oder Käthe Kollwitz, schnörkelfrei hat mich immer besonders angesprochen. Vielleicht auch, weil da immer Raum für die eigenen Gedanken und Interpretationen bleibt. Sicher mag ich deshalb auch, die aus Holz geschnitzten Krippenfiguren aus der Rhön. Etwa von Lothar Bühner oder Günter Metz, aber auch Werke der nächsten Generation von Klaus Metz, Martin Bühner, Johanna Helle oder Claudia Fink.

Besonders freue ich mich in diesem Jahr auf die große Krippenausstellung am Wochenende des zweiten Advents in unserer Erlöserkirche in Bad Kissingen. Dort werden 100 Krippen aus der Region und aus der ganzen Welt zu sehen sein.

Aus ganz unterschiedlichen Materialien sind sie gefertigt und geben ihre ganz eigene Interpretation einer bewegenden Geschichte: Der große unergründliche Gott macht sich klein in einem unscheinbaren Kind. Das lässt mich hoffen, dass alles Großspurige, Angeberische und Gewalttätige farblos wird im Glanz dieses Neugeborenen. Menschlich zu sein und zu bleiben, diese Botschaft Jesu, trägt jede Krippe in sich.

Text: Jacqueline Barraud-Volk

Foto: Edda Mader / Montage:

Jacqueline Barraud-Volk (60) ist geschäftsführende Pfarrerin der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Bad Kissingen.

In der Kolumne "Kissinger Adventskalender" schreiben Menschen aus dem Landkreis Bad Kissingen Anekdoten und Gedanken rund um Advent und Weihnachtsfest.

 
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