
Weihnachten in der Kindheit war für mich immer ein faszinierendes Fest, nicht nur wegen des festlichen Zaubers, sondern auch wegen der vielen verschiedenen Arten, wie Menschen es feierten. Besonders lebendig ist in meiner Erinnerung das Weihnachtsfest bei unseren amerikanischen Freunden, deren Bräuche so anders, aber auch so herzlich und einladend waren.
Man muss dazu wissen, dass bis Anfang der 90er-Jahre sehr viele Amerikaner in unseren Ortschaften lebten und zudem mein Vater ein Amerikaner ist. Wenn ich zum Beispiel im Auto meiner Eltern im Dezember durch Bad Kissingen fuhr, dann erstrahlten gerade an den Häusern und Wohnungen der US-Militärangehörigen quietschbunte Weihnachtslichter. Dieser Anblick ist in meinen Kindheitserinnerungen ganz besonders hängengeblieben.
Was mich immer wieder erstaunte, war die schiere Größe der Weihnachtsbäume, die in den Wohnzimmern der Amerikaner prangten. Während wir Deutschen eher auf schlichte, oft handgemachte Dekorationen setzten, war der Baum bei unseren amerikanischen Freunden ein wahres Kunstwerk aus Lametta, bunten Kugeln und unzähligen Lichtern.
Ein weiterer, sehr spezieller Brauch war das Weihnachtsabendessen bei unseren Freunden. Die Küche war erfüllt von köstlichen Gerüchen, und ein Klassiker auf dem Tisch war der "Prime Rib", ein saftiger Braten, der mit einer Beilage aus Kartoffeln und Gemüse serviert wurde. In besonderer Erinnerung bleibt mir dabei der amerikanisch zubereitete Kartoffelbrei (Mashed Potatoes). Amerikaner können bestimmt viel, aber die Zubereitung eines guten Kartoffelbreis gehört definitiv nicht dazu.
Bei meinen Eltern gab es dann sehr oft Truthahn mit Klöß`, Mashed Potatoes, Blaukraut und Karotten-Selleriesalat. Der von meiner Mutter über einen ganzen Tag zubereitete Turkey mit spezieller "Sandwall-Füll" (einer Füllung aus Innereien, alten Brötchen, Eiern und gedünsteten Zwiebeln) war eine kulinarische Erfüllung. Und natürlich durften schöne Filme, wie "Kevin – Allein zu Haus", "Schöne Bescherung", "Ist das Leben nicht schön?" oder "Glücksritter" auch nicht fehlen. War das schön!
Text: Andreas Sandwall
Foto: Andrea Link / Montage: Marina Burger
Andreas Sandwall (54) ist 1. Bürgermeister des Marktes Bad Bocklet.
In der Kolumne "Kissinger Adventskalender" schreiben Menschen aus dem Landkreis Bad Kissingen Anekdoten und Gedanken rund um Advent und Weihnachtsfest.