Dass es bei den Übertrittsquoten ans Gymnasium ein Süd-Nord-Gefälle gibt, sorgt in Bayern oft für politischen Streit. So ein Gefälle findet sich aber auch in Unterfranken.
Es hatte wohl etwas mit den Landtagswahlen zu tun, dass der bildungspolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Thomas Gehring, vergangene Woche Zahlen öffentlich machte, die er auf eine Anfrage an das Kultusministerium hin erhalten hatte. An diesen Zahlen lässt sich ablesen, berichtet Gehring, dass die Übertrittsquoten im reichen oberbayerischen Starnberg deutlich höher seien als etwa in der Stadt Schweinfurt.„An der guten Luft in Oberbayern“, schreibt er, „liegt das sicher nicht.“ Vielmehr wertet der bildungspolitische Sprecher der Grünen im Landtag das als Beleg, dass im Schulsystem etwas faul sei.
Starnberg und Schweinfurt bilden Bayerns Extreme
Bei genauerer Betrachtung aber zeigt sich: Ein Süd-Nord-Gefälle bei den Übertritten an Gymnasien besteht auch in Unterfranken. So ausgeprägt wie zwischen Starnberg und Schweinfurt sind die Unterschiede in der Region zwar nicht, aber es ist auch nicht zu übersehen, dass die Übertrittsquoten in Würzburg Stadt und Land Jahr für Jahr höher ausfallen als in Schweinfurt Stadt und Bad Kissingen Land.
Das umfangreiche Zahlenmaterial, das die Staatsregierung auf die Anfrage der Grünen vorlegte, zeigt etwa bei der Verteilung der in den Übertrittsgutachten der Grundschulen Aussagen zur Eignung für den Übertritt einen klaren Vorsprung für Kinder aus Stadt und Landkreis Würzburg auf. Für den Zeitraum der vergangenen sechs Jahre weisen die Zahlen für Würzburg Stadt und Land immer Quoten von gut 50 bis über 60 Prozent aus. Zum Vergleich: Der Landkreis Bad Kissingen verzeichnete seinen höchsten Wert von 45,1 Prozent im Schuljahr 2012/13. Und seinen niedrigsten mit 40,7 Prozent im Schuljahr 2016/17.
Schweinfurt seit Jahren ganz hinten
Mit diesen 40,7 Prozent Eignung der Viertklässler fürs Gymnasium rangierte der Kreis Kissingen damals unter den zwölf Kreisen und kreisfreien Städten Unterfrankens auf Rang elf. Dahinter lag nur noch die Stadt Schweinfurt mit 38,5 Prozent. Die Kugellagerstadt kam in keinem der verglichenen Jahre auf eine Vier am Anfang der Zahl zum Anteil der Viertklässler mit Eignung fürs Gymnasium. Sie war immer nur Zwölfter von zwölf. Am geringsten war die Quote dort mit 33,9 Prozent im Schuljahr 2012/13.
Bei der Frage nach der Eignung für Realschulen liegen die Verhältnisse etwas anders. Da sind die Unterschiede nicht so groß. Außerdem können da im Lauf der Jahre durchaus auch mal der Landkreis Main-Spessart oder die Stadt Schweinfurt beim Eintrag der Eignung die höchste Quote vorweisen.
In Würzburg wechseln drei von vier Grundschülern die Schulart
Zählt man die Werte bei der Eignung für die Realschulen und für die Gymnasium jedoch zusammen, bestätigen die Summen die Beschreibung der Verhältnisse beim Übertritt in Gymnasien. Offenkundig melden aber nicht alle Eltern, deren Kinder eigentlich die Eignung fürs Gymnasium hätten, ihren Sohn oder ihre Tochter tatsächlich für diese Schulart an. Für den Jahrgang im Kreis Kissingen mit 40,7 Prozent Eignung stehen nur 31,2 Prozent direkte Übertritte ins Gymnasium zu Buche. Die Quote der direkten Übertritte in die Realschule ist dagegen höher als die Quote bei der Eignung.
Unterm Strich setzt sich das unterfränkische Süd-Nord-Gefälle aber auch in den Werten für die tatsächlichen Übertritte fort. Im Landkreis Bad Kissingen traten nach Angaben des Kulturministeriums zum Schuljahr 2016/17 gut 58 Prozent der entsprechenden Grundschüler in Realschulen und Gymnasien über. In Stadt und Landkreis Würzburg waren es zur gleichen Zeit jeweils gut 75 Prozent. Bei den Schülern, die in den ersten Jahren nach dem Übertritt wiederholen oder die Schulart wechseln mussten, sind die Unterschiede nicht auffällig.
Kultusministerium: Keine Erklärung
Vom Kultusministerium gibt es keine Erklärung für die Unterschiede bei den Übertritten. „Belastbare Fakten zu der Frage, warum die Quote der Übertrittsempfehlungen regional variiert, liegen dem Kultusministerium nicht vor“, hieß es von dort bereits vergangene Woche auf eine Anfrage dieser Redaktion.
Höherer Anteil ausländischer Schüler, aber nicht in Gymnasien
An den Daten, die das Kultusministerium auf Anfrage der Grünen herausgab, ist übrigens auch abzulesen, wie sich der Zuzug von Flüchtlingsfamilien in den vergangenen Jahren auf Unterfrankens Klassen auswirkte. In den vierten Grundschulklassen ist demnach vom Schuljahr 2011/2012 bis zum Schuljahr 2016/2017 der Anteil nicht deutscher Kinder von 2,2 auf 6,7 Prozent gestiegen.
In den Jahrgangsstufen 5, 6 und 7 der Gymnasien im Landkreis hat sich der ohnehin geringe Anteil ausländischer Kinder im gleichen Zeitraum nicht verändert. In den 5., 6. und 7. Klassen der Realschulen dagegen erhöhte sich in dieser Zeit der Anteil ausländischer Schüler von 0,6 auf 2,5 Prozent.