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Bad Kissingen
Regierung dagegen: Warum sich der Marken-Discounter im Gewerbegebiet Süd dennoch vergrößern darf
Die Erweiterung der Netto-Filiale wurde vonseiten der Landesplanung beanstandet. Im Bauausschuss begrüßte man das Vorhaben jedoch einstimmig. Worum es dabei geht.
Im städtischen Bauausschuss ging's auch um den Lebensmittelmarkt in der Rudolf-Diesel-Straße in Bad Kissingen.
Foto: Isolde Krapf | Im städtischen Bauausschuss ging's auch um den Lebensmittelmarkt in der Rudolf-Diesel-Straße in Bad Kissingen.
Isolde Krapf
 |  aktualisiert: 08.02.2024 16:31 Uhr

Der Lebensmitteldiscounter Netto (Sitz Maxhütte-Haidhof) will seine Filiale in der Rudolf-Diesel-Straße in Bad Kissingen vergrößern, und zwar von derzeit 783 Quadratmeter auf 1000 Quadratmeter. Laut bayerischer Baunutzungsverordnung (BauNVO) handelt es sich ab einer Größe von 800 Quadratmetern aber um einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb, der nur in Kern- oder Sondergebieten erlaubt ist – und das trifft fürs Gewerbegebiet Süd nicht zu.

Die Stadt Bad Kissingen hatte großflächige Einzelhandelsbetriebe auch einst im Bebauungsplan für dieses Gewerbegebiet ausgeschlossen. Dahinter steht die Sorge, dass solche Märkte durch ihr großes Warenangebot Kaufkraft aus der Stadt abziehen könnten.

Bestandsschutz im Bebauungsplan verankert

In der Sitzung des Bauausschusses am Mittwoch stand man der möglichen Erweiterung des Marktes dennoch positiv gegenüber, auch weil es sich um keine Neuansiedlung, sondern um einen bestehenden Betrieb handelt – und solche Betriebe laut städtischem Bebauungsplan Bestandsschutz haben, sagte Christine Schwind, die Leiterin des städtischen Bauamts.

Mehrfach sei das Unternehmen auf die Stadt zugekommen, um über die Vergrößerung der Verkaufsfläche um etwa 25 Prozent zu sprechen, so Schwind weiter. Vonseiten der Firmenzentrale befürchte man, dass der Bad Kissinger Markt in der bestehenden Größe den Wettbewerb mit dem benachbarten, bereits sanierten Aldi-Markt möglicherweise nicht bestehen könne.

Umverteilungseffekt zu Märkten in der Stadt hinterfragen

Die Stadt hatte von dem Marken-Discounter zunächst ein Verträglichkeitsgutachten angefordert, sagte die Bauamtsleiterin. Darin kommt man unter anderem zu dem Ergebnis, dass die Vergrößerung des Markts in der Rudolf-Diesel-Straße nur einen geringen Umverteilungseffekt in Bezug auf Märkte im Stadtgebiet habe, nämlich 1,4 Prozent.

Der kritische Schwellenwert in Bezug auf das Sortiment Nahrungs- und Genussmittel liegt jedoch erst bei zehn Prozent, erläuterte Schwind. Die größte prozentuale Umverteilung sei hingegen im Gewerbegebiet Süd selbst zu erwarten. Hier ist in dem Gutachten des Discounters von 3,9 Prozent die Rede.

Die Ziele des bestehenden städtischen Einzelhandelskonzepts würden durch das Vorhaben nicht beeinträchtigt, so Schwind weiter.

Regierung spricht von nicht-integriertem Standort

Aber auch die Regierung von Unterfranken muss bei der Planung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben einbezogen werden. Eine landesplanerische Überprüfung hatte laut Schwind ergeben, dass es sich bei dem Discounter um einen sogenannten "nicht integrierten Standort" handelt, das heißt, dass in einem Radius von 500 Metern zu wenig Menschen fußläufig wohnen.

Auch künftig geplante Wohngebiete (Südstadt, Prinzregentenpark) würden daran nichts ändern, hieß es vonseiten der Landesplanung. Der Erweiterung wurde demzufolge von Regierungsseite nicht zugestimmt, erklärte Schwind.

Nach den Ausführungen der Bauamtsleiterin gibt es in der BauNVO jedoch in Paragraf 11 eine Ausnahme, die die angestrebte Erweiterung des Lebensmitteldiscounters doch ermöglichen kann, nämlich wenn eine sogenannte "städtebauliche Atypik" vorliegt. Dafür spreche zum Beispiel, dass der Anteil der nicht für die Nahversorgung relevanten Sortimente unter zehn Prozent der Verkaufsfläche liegt und das Kerneinzugsgebiet innerhalb eines Fünf-Minuten-Radius liegt, also kein nennenswerter zusätzlicher Verkehr entsteht.

Bauamt stuft Standort als teil-integriert ein

Zudem sei der Projekt-Standort laut Schwind zumindest teil-integriert, weil er von der Wohnbevölkerung gut erreichbar und durch den ÖPNV als auch Radwege an weitere Wohngebiete angeschlossen sei. Die verbrauchernahe Versorgung sei gewährleistet, das betreffe auch die Stadtteile Arnshausen (auf dessen Gemarkung der Markt steht) und Reiterswiesen. Es bestehe keine Gefahr von Geschäftsschließungen auch in weiter entfernten Wohngebieten, sagte Schwind. Überdies werde ein drohender Leerstand verhindert, wenn man der Erweiterung zustimmt.

Stadtrat Andreas Kaiser (Freie Wähler) stellte in Frage, ob es bei den knapp vier Prozent Umverteilung im Gewerbegebiet Süd bleiben wird. Denn schließlich soll ja ganz in der Nähe, an der Oskar-von-Miller-Straße, auch ein Lebensmittelmarkt entstehen. Und wenn Netto erweitern würde, könnten Aldi und Lidl demnächst auch auf diese Idee kommen, gab Kaiser zu bedenken. Was den geplanten Rewe-Markt in der Nähe angeht, liegt der in einem Sondergebiet, sagte Schwind. Und das Unternehmen Aldi habe seine Filiale erst vor kurzer Zeit saniert.

 
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