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Bad Kissingen
Rannungen: Frauen-Gymnastik war 1970 eine kleine Revolution
Das Gemeinschaftserlebnis ist für die bewegungsfreudigen Damen fast genauso wichtig wie das Ziel, körperlich fit zu bleiben. Warum neuerdings auch Männer mitmachen können.
Die Gymnastik-Abteilung des TSV Rannungen feiert ihr 50-jähriges Bestehen. Unser Bild stammt aus dem Jahr 2009.
Foto: Quelle: Monika Büttner | Die Gymnastik-Abteilung des TSV Rannungen feiert ihr 50-jähriges Bestehen. Unser Bild stammt aus dem Jahr 2009.
Isolde Krapf
 |  aktualisiert: 09.02.2024 17:10 Uhr

Außergewöhnlich ist es schon, dass sich in Rannungen seit 50 Jahren zahlreiche Frauen einmal wöchentlich zur Gymnastikstunde im Sportheim versammeln. "Wir machen Gesundheitssport und gehen dabei auf individuelle Bedürfnisse ein", verrät Abteilungsleiterin Monika Büttner das Erfolgsrezept des fünf Jahrzehnte alten Frauentreffs.

Eigentlich hätten die Gymnastik-Damen ihr 50-jähriges Bestehen schon 2020 feiern sollen, denn die Gruppe wurde am 15. Oktober 1970 ins Leben gerufen. Aber im vergangenen Herbst war es aus Pandemiegründen nicht möglich gewesen sich zusammen zu finden, sagt Büttner. Nun trafen sich alle am 28. Juli im Sportheim, um sich bei einem guten Essen an früher zu erinnern. Da wurden dann auch Anekdoten ausgetauscht, denn schließlich haben die Mitglieder der Gymnastikgruppe in all diesen Jahren nicht nur gemeinsam geturnt, sondern auch interessante Ausflüge unternommen, wie zum Beispiel in die Fränkische Schweiz, nach Bayreuth, Eisenach oder Bad Homburg.

Anfangs meldeten sich gleich 59 Frauen an

Als 1970 in Rannungen das neue Sportheim gebaut wurde, richtete der TSV dort auch einen offiziellen Gymnastikraum ein. Geplant war zunächst, dass die Turnstunden der Volksschüler dort stattfinden sollten. Doch dann ergab sich bald eine weitere Nutzung, als innerhalb des Vereins die Gymnastikabteilung gegründet wurde. Die damalige Übungsleiterin Irmgard Erhard scharte seinerzeit gleich 59 Frauen um sich, weiß Monika Büttner zu berichten. 

Das waren noch Zeiten, als die Gymnastik-Abteilung 1980 zur Nikolausfeier im Sportheim zusammenkam.
Foto: Quelle: Monika Büttner | Das waren noch Zeiten, als die Gymnastik-Abteilung 1980 zur Nikolausfeier im Sportheim zusammenkam.

Liest man in der Chronik des TSV nach, sollen sich im ersten Jahr des Bestehens der neuen Abteilung sogar gleich 70 Teilnehmerinnen angemeldet haben. Weil der Zulauf so groß war, wurden drei Gruppen gebildet, erzählt Büttner. Denn das sei notwendig gewesen, um effektiv Gymnastik zu betreiben. 

Dann regte die damalige Abteilungsleiterin an, dass die Frauen vielleicht einen Schwimmkurs machen könnten. In den 1970er Jahren war es schon sensationell, dass Frauen alleine, ohne ihre Männer, etwas unternahmen und sich zur Gymnastik zusammenfanden, sagt Büttner.  Zu den Schwimmkursen im Bad Kissinger Hallenbad meldeten sich dann sage und schreibe 90 Frauen jeden Alters an.

Sechs Gründungsmitglieder sind noch aktiv

"Damals war das wie eine kleine Revolution", weiß Büttner und lacht, weil manche Männer im Dorf glaubten, dass sich die Frauen nun wohl emanzipieren wollten, und die Damen daraufhin auch "manchmal etwas schräg angeschaut" wurden.

Irmgard Erhard leitete die Gruppe der Gymnastik-Damen bis Dezember 2000. Im Februar 2021 ist sie leider verstorben. Sie sei immer sehr interessiert gewesen, wie es in der Gruppe weitergegangen ist, sagt Büttner. Erhard habe maßgeblich dazu beigetragen, dass Sport und Bewegung ein fester Bestandteil im Leben vieler Rannunger Frauen wurden, sagt Büttner. "Sicher hätte sie jetzt gerne mit uns gefeiert." Büttner hatte Erhard in all den Jahren gelegentlich auch vertreten. So war ihr vieles vertraut, als sie die Gymnastikstunde im Sportheim als Abteilungsleiterin übernahm.

Aktuell kommen ungefähr 22 Bewegungsfreudige zu den wöchentlichen Übungsstunden ins Sportheim, darunter sind auch sechs Gründungsmitglieder. Die älteste Teilnehmerin ist 84, die jüngste 50, sagt Büttner. Für Frauen unter 50 hatte es schon mal eine eigene Gymnastikgruppe gegeben, die sich dann aber mangels Beteiligung wieder auflöste.

Ich habe kein Schema F, nach dem ich die Übungsstunden ausrichte
Monika Büttner, Abteilungsleiterin

"Die Älteren sind konsequenter und kommen regelmäßig", hat Büttner im Lauf der Jahre festgestellt. Inzwischen sind sogar Männer jeden Mittwochabend von 19 bis 20 Uhr mit von der Partie. "Eigentlich wollten sie eine eigene Gruppe gründen, doch es kamen nicht genug Interessierte zusammen." Jetzt turnen also auch zwei Gymnastik-Herren im Alter von 70 und 74 mit.

"Ich habe kein Schema F, nach dem ich die Übungsstunden ausrichte", sagt Büttner. Zu Beginn der Stunde wärmen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf, tun etwas für den Rücken und die allgemeine Kräftigung des Körpers. Aber auch die Schulung des Gleichgewichts sei ein wichtiger Aspekt des Trainings.

Dem eigenen Zipperlein mit Gymnastik trotzen

"Die Leute haben unterschiedliche Fähigkeiten, die ich versuche zu berücksichtigen", sagt Büttner. Je nachdem kommen dann bei der Stunde auch mal Gewichte oder Therabänder zum Einsatz. Und es gibt immer Musik dazu. "Da sagen mir Leute immer wieder, dass sie sich gerade bei alten Schlagern sehr gut entspannen können."

"Ja, freilich verzeichnet so mancher vielleicht schon sein eigenes Zipperlein", sagt Büttner und lacht. Aber gerade dann ist es, ihrer Ansicht nach, besonders wichtig, an der Gymnastik dran zu bleiben. Denn wer regelmäßig seine Übungen macht, bleibt fit. Natürlich spiele auch das Erlebnis in der Gruppe eine große Rolle, denn das sporne manch einen an, mit den anderen mitzuhalten. Büttner glaubt, dass die gemeinschaftliche Turnstunde auch den "Zusammenhalt im Dorf" stärkt. "Denn trotz des teils großen Altersunterschieds gehen die Mitglieder der Gymnastikgruppe stets aufeinander zu."

 
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