Anlässlich der Ehrungsversammlung des Turn- und Sportclubs (TSC) 1927 im Biergarten am Sportheim hat der Verein insbesondere des 50-jährigen Bestehens seiner Frauen-Gymnastikgruppe gedacht. Die örtliche Blaskapelle spielte bis in die Nacht hinein.
Souverän führte Vorsitzender Thomas Müller die Anwesenden in die Vergangenheit zurück und wusste viel Interessantes und Amüsantes zu berichten. Dazu gehörte vor allem ein Stück Geschichte über die Frauenemanzipation im Dorf Zeuzleben zu Beginn der 1970er-Jahre: In dieser Zeit habe es weder den katholischen Frauenbund noch die Korbballspielerinnen gegeben. Und die Gaststätten seien den Männern vorbehalten gewesen.
Damals, im März 1970, hatte eine Gruppe von Frauen beim TSC den Antrag gestellt, "zwecks Gründung einer Gymnastikabteilung" in den Verein aufgenommen zu werden. August König, Ältestenratsmitglied und althergebrachtem Brauch und dörflicher Sitte verbunden, prophezeite bei solchem Ansinnen den Untergang des Vereins. Die Versammlung beschloss jedoch laut Protokoll, dem Antrag stattzugeben und für das Turnen in der Pausenhalle der neuen Schule zwei lange Teppichbahnen anzuschaffen. Alles bei einem damaligen Vereinsvermögen von 3350 Mark.
Nach harter Arbeit die Muskeln und Gelenke lockern
Angefangen hatte alles mit Dorfschullehrer-Ehefrau Gerburg Bauer, die reagierte, als sie von Bauersfrauen hörte: "Wir sind nach unserer Feld- und Stallarbeit oft so steif in den Gliedern. Was kann man machen?" So entstand die Idee von Gymnastikstunden zur Auflockerung von Muskeln und Gelenken.
Der erste Gymnastiktreff am 28. April 1970 führte etwa 90 Frauen und weibliche Jugendliche in die neue Schule, heute Domizil der Caritas-Tagespflege. Es wurden drei Gruppen gebildet, jeweils nach Alter. Älteste Teilnehmerin war Regina Holzapfel mit 59 Jahren: eine eifrige Turnerin. Nach einem halben Jahr waren es zwei stabile Gruppen, die jeweils am Dienstagabend hintereinander turnten. Im Sommer gab es auch manchmal einen Wald- und Feldlauf – mit vielen Zecken.
Verrückt: "Wir wollen auch Schwimmen lernen"
Nach der Aufwärmphase mit Laufen folgten gymnastische Übungen mit Ball, Stab, Sprungseil, selbst genähten Reissäckchen und Partnerübungen. Ein gutes Jahr später hieß es: "Wir wollen auch Schwimmen lernen." Eine verrückte Idee.
Ab 28. Mai 1971 fuhr jeweils am Freitag abends ein Bus des örtlichen Unternehmers Schmitt ins Hallenbad nach Schwebheim. Dort waren die Frauen für eine Stunde nur unter sich, begleitet von Gerburg Bauer und ihrem Mann. Erzählt wird noch heute, wie beim erstmaligen Einsteigen ins Becken so manche Frau nach Luft rang. Den meisten Frauen lernte das Ehepaar Bauer das Schwimmen, wie Vorsitzender Müller anmerkte.
Die Gymnastik- und Schwimmstunden ermöglichten den Frauen auch, einmal von daheim wegzukommen. Oft ging es danach auf die Treppe der Bäckerei Galm zum Eisessen und Ratschen. Und es gab gemeinsame Geburtstagsfeten. Da musste der Mann das Haus den Frauen überlassen.
Auch Streiche wurden ausgeheckt
Es wurde übermütig gefeiert, oft bis nachts spät, und mancher Streich ausgeheckt. So stand eines Morgens ein landwirtschaftlicher Anhänger vor der Sakristeitür. Der Verdacht fiel auf die Gymnastikfrauen, die den Anhänger dann wieder zurückschoben, da der Besitzer mit der Polizei gedroht hatte.
Aktiv wurden die Frauen auch mit Beiträgen bei Faschingsveranstaltungen und bei Sportvereinsfesten. So entstand in Absprache mit anderen Ortschaften der Gymnasiktreff mit Vorführungen, jeweils nach dörflichen Festen. Da kamen manchmal 200 bis 300 Frauen zusammen.
Aus gesundheitlichen Gründen gab Gerburg Bauer ab Januar 1984 die Leitung der Gymnastikstunden an Rita Schraut ab, die die Gymnastikstunden noch heute hält. Geturnt wird zurzeit wegen der Corona-Pandemie oft im Freien und im ehemaligen Heim der Kleintierzüchter in Zeuzleben, heute Musikverein Werneck.
Zur Veranstaltung hatte Inge Pretscher, als eine der Jüngsten zu Beginn der Gymnastikaktion, Bilder aus ihrer Sammlung aufgehängt. Neun Frauen aus der Anfangsriege von 1970 Jahren konnte Thomas Müller Urkunden und ein kleines Präsent überreichen. Von ihnen turnen bis heute: Rita Schraut, Inge Pretscher und Christl Beßler.
Ehrungen
Lang war die Liste der weiteren Vereinsmitglieder, die an diesem Abend für langjährige Treue zum Verein oder für besondere Verdienste geehrt wurden. Vorsitzender Thomas Müller wusste dabei von mancher Episode zu erzählen.
Die Geehrten:
60-jährige Mitgliedschaft: Paul Heuler und Günther Müller; 50 Jahre: Martin Albert, Christl Beßler, Erika Christ, Rosa Dittmer, Franz Drescher, Ludwig Neubauer, Inge Pretscher, Elmar Rumpel, Lydia Schmitt, Rita Schraut, Anni Silß, Rosa Vollmuth und Waltraud Vollmuth; 40 Jahre: Peter Burkert, Reinhold Drescher, Andreas Müller und Heidrun Pfeuffer; 25 Jahre Tino Blatterspiel, Volker Eichelmann, Christina Engelmaier, Alexander König, Georg Stumpf und Marco Warmuth.
Die Bayerische Sportjugend-Nadel in Silber für fünf Jahre Jugendarbeit bekamen: Benedikt Knaup, Christian Schmitt, Klaus Seemann und Anton Neubauer; Nadel Silber mit Gold für zehn Jahre Jugendarbeit: Gabriele Müller. Die Korbballspielerinnen trainieren seit 25 Jahren Doris Treutlein und Hubert Neeb. Helga Bappert engagierte sich 20 Jahre für den Wirtschaftsdienst in der Küche und beim Saubermachen.