Würzburg

Lena Lotzen: "Ich kehre nur zurück, wenn ich mich wohl dabei fühle."

Drei Kreuzbandrisse sind ein Horror für jeden Sportler. Die Profi-Fußballerin Lena Lotzen kämpfte sich aber immer wieder zurück. Wie geht es der Höchbergerin heute?
Mit Reha-Einheiten kennt sich Lena Lotzen mittlerweile aus. Wenn alles gut läuft, peilt sie im Frühjahr ihr erstes Spiel für den 1. FC Köln an. Foto: Lena Lotzen       -  Mit Reha-Einheiten kennt sich Lena Lotzen mittlerweile aus. Wenn alles gut läuft, peilt sie im Frühjahr ihr erstes Spiel für den 1. FC Köln an. Foto: Lena Lotzen
| Mit Reha-Einheiten kennt sich Lena Lotzen mittlerweile aus. Wenn alles gut läuft, peilt sie im Frühjahr ihr erstes Spiel für den 1. FC Köln an. Foto: Lena Lotzen

D ie Fußballerin Lena Lotzen (27) hat schon in jungen Jahren beim FC Bayern München und mit der Nationalmannschaft große Erfolge gefeiert. Dann warfen sie viele Verletzungen zurück. Mitte Juni dieses Jahres hat sich die gebürtige Höchbergerin kurz vor ihrem Wechsel zum 1. FC Köln zum dritten Mal das Kreuzband gerissen. Im Interview spricht Lotzen über ein etwaiges Karriereende, ihre Pläne für die Zukunft und den Karneval im Rheinland .

Frau Lotzen, wie ergeht es Ihnen zur Zeit in Köln?

Lena Lotzen : Eigentlich ganz gut. Ich bin viel in der Reha, mache meinen Master im Sportbusiness Management und arbeite seit Anfang September in einem Modegeschäft.

Wie kam es denn dazu?

Naja, nachdem ich wegen meiner Verletzung noch nicht wieder trainieren kann, war ich auf der Suche nach einer Nebenbeschäftigung. Und dann hat es sich ergeben, dass das Modelabel Distorted People in der Kölner Innenstadt eine Filiale eröffnet hat. Weil deren Chef U-17-Trainer beim FC Köln ist, haben wir zueinandergefunden. Dieser Job hat mir das Eingewöhnen in der neuen Heimat erleichtert.

An ein Studentenleben ist ja derzeit nicht zu denken.

Das stimmt. Viele Leute, die ich kenne, leiden darunter, dass es aktuell im Studium kaum zu sozialen Kontakten kommt. Ich selbst war immer im Fernstudium und kenne es daher nicht anders, als allein daheim zu lernen. Das war also keine große Umstellung. Dafür fehlt mir natürlich das tägliche Training auf dem Platz und der ständige Austausch mit den Mitspielerinnen.

Sie sind kurz nach dem dritten Kreuzbandriss in Ihrer Karriere und mitten in der Corona-Pandemie von Freiburg nach Köln gewechselt. Das ist alles andere als perfektes Timing.

Nein, ist es nicht. Aber das sucht man sich ja nicht aus. Zum Glück kannte ich schon ein paar Menschen in Köln. So wechselte meine Freiburger Teamkollegin Sharon Beck ebenfalls hierher. Und dann bin ich auch gleich in eine WG mit Josephine Henning gezogen. Sie hat es ja auch in die Nationalmannschaft geschafft und ist weit herumgekommen. Sie war in Wolfsburg, Paris und bei Arsenal London. Nach ihrem Karriereende hat sich Josephine nun voll und ganz der Kunst verschrieben. Diese Lockdown-Zeiten sind auch für sie nicht leicht. So haben wir uns zusammengerauft.

Inwieweit kennen Sie schon Ihre neuen Teamkolleginnen?

Da sind die Möglichkeiten in diesen Tagen abseits des Platzes auch sehr begrenzt. Aber ich habe mich natürlich von Anfang an mit ihnen ausgetauscht, war bei dem einen oder anderen Training und verfolge auch die Heimspiele im Stadion. Das Gefühl , sich richtig einbringen zu können, kommt aber erst, wenn man auch mitspielt.

Wann wird dies der Fall sein?

Das lässt sich schwer vorhersagen. Zuallererst muss mein Knie mitspielen. Wir haben uns für eine konservative Behandlung entschieden. Das bedeutet, dass ich diesmal nicht unters Messer gegangen bin, zumal ich auch eine Woche nach der Verletzung schon wieder laufen konnte. Seither geht es in der Reha beständig bergauf. Trotzdem fehlt noch das Vertrauen in mein leidgeprüftes linkes Knie. Wenn alles gut läuft, könnte ich im März oder April wieder auf dem Platz stehen.

Am 18. April kommen die Frauen der Würzburger Kickers zum Gastspiel nach Köln. Das wäre doch ein schöner Anlass für ein Comeback, oder?

Ich sage es ganz ehrlich: Ich und auch der Verein machen uns da überhaupt keinen Druck. Ich werde nur zurückkehren, wenn ich mich wohl dabei fühle. Nach so vielen Verletzungen und Rückschlägen muss ich auf meinen Körper hören. Ich bin ja keine Anfang 20 mehr und will in jedem Fall auch noch in meinem restlichen Leben aktiv Sport treiben können und nicht humpeln müssen.

Sie haben sich am 14. Juni ausgerechnet im Spiel gegen Ihren neuen Klub zum dritten Mal das Kreuzband gerissen. Die Partie endete 6:1 für den SC Freiburg . Welche Erinnerungen haben Sie an dieses Spiel?

Es war für mich von Anfang an eine blöde Situation. Natürlich will man sich gegen seinen künftigen Klub gut präsentieren. Andererseits stand der FC mitten im Abstiegskampf, da möchte man nicht das entscheidende Tor gegen seinen neuen Verein schießen. Mein Freiburger Trainer hat es mir sogar freigestellt, zu spielen. Doch ich war motiviert und wollte es, zumal wir eine längere Corona-Pause hatten. Und dann spiele ich seit letzter Saison defensiv auf der Sechs. Dort ist die Wahrscheinlichkeit eines Tores ohnehin gering.

Doch es kam ohnehin ganz anders. Nach fünf Minuten mussten Sie beim Stand von 0:0 schon wieder vom Feld.

Ja, nach einem Kopfball habe ich einen Richtungswechsel mit dem Ball gemacht und mir dabei ohne Fremdeinwirkung das Knie verdreht. Ich wusste sofort, was los war.

Ist in diesem Moment eine Welt für Sie zusammengebrochen?

Nein, ich habe es relativ gefasst aufgenommen, auch dann, als die Emotionen weg waren. Schließlich hatte ich in meiner Karriere schon so viele Verletzungen. Da baut man sich über die Jahre ein dickes Fell auf. Schön war es natürlich trotzdem nicht - zumal ja kurz darauf auch der Wechsel nach Köln anstand.

Wie kam es denn überhaupt dazu, dass Sie Freiburg nach zwei Jahren wieder verlassen haben?

Das hatte verschiedene Gründe. Freiburg ist schön, aber weit weg von der Heimat und schwierig zu erreichen. Da ist Köln besser angebunden. Die Stadt an sich hat mich auch gereizt. Und dann hat mich vor allem das Gesamtkonzept beim FC überzeugt. Dort soll in den nächsten Jahren eine etablierte Bundesliga-Mannschaft entstehen. Da wollte ich ein Teil davon sein.

Letztlich mussten die Kölnerinnen in die Zweite Liga absteigen - unglücklich, weil punktgleich mit Bayer Leverkusen und dem MSV Duisburg , aber mit dem schlechteren Torverhältnis. Inwieweit hat Ihnen das zugesetzt?

Das war neben meiner Verletzung die zweite schlechte Nachricht. Ich hatte natürlich aus der Ferne mit meinen künftigen Mannschaftskolleginnen mitgefiebert. Es war wirklich bitter, wie das am Ende gelaufen ist. Aber so ist der Sport. Und wer weiß, vielleicht ist dieser Rückschlag ja am Ende auch für irgendetwas gut - und wir kehren im nächsten Jahr umso stärker in die Bundesliga zurück.

Welche Ziele haben Sie noch in Köln?

Ich würde schon noch gerne zwei Jahre auf diesem Niveau spielen. Aber ich bin realistisch, werde mein Studium nächstes Jahr abschließen und würde nach der Karriere gerne ins Sportmanagement einsteigen. Auch hier sind die Perspektiven in Köln nicht allzu schlecht, gerade auch beim FC.

Was war die schönste Zeit in Ihrer Karriere?

Das war im Rückblick sicher die Phase zwischen 16 und 20 beim FC Bayern . Damals ging es für mich auch in der Nationalmannschaft steil nach oben. Als wir 2013 in Schweden Europameister geworden sind, habe ich unser erstes Turniertor erzielt und keine Partie verpasst. Diesen Erfolg habe ich damals gar nicht richtig wahrgenommen. Doch im Nachhinein blickt man schon mit einer gewissen Genugtuung auf diese unbeschwerte Zeit zurück - zumal ich danach häufig von Verletzungen und dem Leistungsdruck an mich selbst gebeutelt war.

Was hat es mit Ihnen gemacht, dass Sie so früh vom Elternhaus in Höchberg fortgezogen sind?

Es war vor allem zu Beginn nicht immer ganz einfach, so weit weg von zu Hause zu sein und aus dem Familienalltag herausgerissen zu werden. Ich musste mich mit 16 in einer fremden Stadt schnell zurechtfinden und die Dinge, die davor Mama übernommen hatte, wie waschen und kochen, selbst übernehmen. Aber meine Eltern haben mich, soweit es ging, dabei unterstützt - und ich habe auch schnell Anschluss in München gefunden. Zudem hat es mich rückblickend schnell erwachsen werden lassen, da ich viele Sachen einfach selbst regeln musste.

Ihr erster Karneval im Rheinland fällt aus. Wie sehr trifft Sie das?

Es ist natürlich verständlich und trotzdem sehr schade, dass der Karneval diesem Jahr flachfällt. Die Stadt ist ja für den Karneval bekannt und den hätte ich auch sehr gerne live miterlebt, aber in der aktuellen Situation stehen viele andere Dinge wie die Gesundheit der Menschen im Vordergrund.

Wie feiern Sie Weihnachten?

Ich werde Weihnachten zu Hause bei meinen Eltern in Höchberg verbringen.

Das Gespräch führte

Jörg Rieger

 
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