Er hat ein neues und, was besonders wichtig ist, jüngeres Publikum gewonnen, ohne die Älteren völlig zu vertreiben. Denn wer heute in Rente geht, ist mit den Beatles und Rolling Stones aufgewachsen.
Und der Winterzauber hat der Tatsache Rechnung getragen, dass das klassisch orientierte Publikum, das in den ersten Jahren noch bedient wurde, im Laufe der Zeit zunehmend ausgeblieben ist.
Denn es hat sich gefragt, warum es zweimal nach Bad Kissingen kommen soll, wenn es doch im Sommer kompakter und nicht nur wettertechnisch besser bedient werden kann.
Denn der Etat des Winterzaubers setzt engere Grenzen als der sommerliche Bruder, und die Winterangebote an die Klassikfreunde haben in den vergangenen Jahren auch zugenommen, die Konkurrenz ist stärker geworden. Da ist die Entscheidung richtig, moderne Kante zu zeigen. Und auch weiterhin bei der Programmauswahl mutig zu bleiben.
Natürlich beklagt Kurdirektor Frank Oette, dass etwa das Konzert mit "Singer pur" nicht dem erhofften Zuspruch entsprach. Aber A-cappella-solo-Gesangsensembles waren schon immer ein Fall für Spezialinteressen - es sei denn, die Gruppen sind auch als Medienereignis aufgebaut worden, wie etwa Viva Voce.
Nur sollte diese Enttäuschung nicht zur Folge haben, dass die Veranstalter der Mut verlässt, dass sie aus wirtschaftlichen Gründen dem Publikum nach dem Mund auswählen. Kunst lebt von Reibung, und es hat noch niemandem geschadet, sich einer Musik auszusetzen, die er bisher noch nicht auf dem Schirm hatte. Da hat schon mancher plötzliche Zuneigungen entdeckt. Und die Kunst braucht solche Gelegenheiten.
Festhalten sollte man auch an den sinfonischen Eckpunkten des Eröffnungs- und des Schlusskonzerts. Nicht nur, weil man hier erfahren kann, wo die ganze Rock-, Pop-, Crossover- und andere Musik ihre Wurzeln hat. Sondern auch, weil hier der Winterzauber dem Kissinger Sommer helfen kann: Im Abbau von Schwellen- und Berührungsängsten gegenüber der Klassik.