
Wie tief das Loch sein wird, in das Heilbäder wie Bad Kissingen, Bad Bocklet und Bad Brückenau in diesem Jahr fallen werden, kann im Moment noch keiner genau ermessen. Aber dass es sehr tief sein wird, fürchten alle. Kay Blankenburg, bis Ende April Oberbürgermeister von Bad Kissingen, schätzte in einem Interview zum Abschied aus dem Amt: "Wir werden bei den Übernachtungen sicher deutlich unter die Million fallen." Jetzt gibt es erstes statistisches Material als Einschätzungshilfe: Die Übernachtungszahlen für den März liegen vor.
Für Bad Kissingen berichtete die Staatsbad GmbH am Freitag auf Anfrage für die ersten drei Monate des Jahres. Januar und Februar verliefen demnach noch sehr normal. Im Januar fiel die Zahl der Übernachtungen und der Gästeankünfte leicht unter den Vorjahreswerten, dafür gingen die Werte im Februar angenehm ins Plus. Für März jedoch, als die Diskussionen um Gefahren und Einschränkungen um das Virus intensiver wurden und ab 18. März Reisebeschränkungen galten, schlug die Krise wirtschaftlich bereits heftig durch.
Am Ende des Quartals bereits zwölf Prozent Verlust
Für die Gästeankünfte im dritten Monat des Jahres bilanziert die Staatsbad GmbH im Vergleich zum März 2019 ein Minus von rund 60 Prozent. Bei den Übernachtungen bedeutete das in besagtem Monat immerhin auch bereits einen Einbruch um über 37 Prozent. Insgesamt lag die Kissinger Kur damit zum Ende des ersten Quartals bei den Übernachtungen bereits um fast zwölf Prozent hinter dem gleichen Vorjahreszeitraum zurück. Statt 342 000 Übernachtungen im ersten Quartal 2019 waren es heuer nur noch knapp 302 000 Übernachtungen. Noch viel tiefere Einschnitte sind für April zu erwarten.
Starke Parallelen zu dieser Entwicklung zeigt jene in Bad Brückenau. Zum Ende des ersten Quartals betrug das Übernachtungsminus dort nach den Zahlen des Statistischen Landesamtes 16 Prozent. Für Bad Bocklet, das dritte Staatsbad im Landkreis, steht da überraschender Weise mit 5,7 Prozent Zuwachs noch ein positiver Wert. Das Biedermeierbad muss vor den Reisebeschränkungen stark zugelegt haben. Anders ist dieser Wert nur schwerlich zu erklären.
Bei den Nachbarn sieht es auch nicht besser aus
Bei den Nachbarn im Landkreis Rhön-Grabfeld sieht es erwartungsgemäß ähnlich aus. Bad Neustadt hat zwar nach den Zahlen des Statistischen Landesamts nur ein Minus von 3,1 Prozent in der Bilanz des ersten Quartals stehen. Bei Bad Königshofen dagegen ist der Rückgang mit 27,6 Prozent sogar besonders ausgeprägt.
Bad Reichenhall im Berchtesgadener Land - wie Bad Kissingen ein Bayerischer Staatsbad - liegt mit minus 14,6 Prozent für die ersten drei Monate 2020 ebenso im Negativtrend wie Branchenprimus Bad Füssing. Dort, im niederbayerischen Landkreis Passau, belief sich die Einbuße bei den Übernachtungen für das erste Quartal 2020 auf fast 18 Prozent.
Statistiker: Alle Betriebsarten betroffen
Bezogen auf die Entwicklung in ganz Bayern schreibt das Bayerische Landesamt für Statistik: "Die massiven Rückgänge betrafen alle Betriebsarten." Die höchsten Einbußen im Vergleich zum März 2019 hätten bayernweit die Jugendherbergen, die Campingplätze und die Hotels hinnehmen müssen. Bayerns Vorsorge- und Rehaeinrichtungen habe die Krise "noch am geringsten" betroffen.
"Noch größere Auswirkungen der Corona-Krise auf die Tourismusergebnisse" sind im April zu erwarten, davon geht auch das Landesamt für Statistik aus. Schließlich hätten bereits im März "viele Häuser ihren Betrieb vorübergehend geschlossen".
Dass "die bisherigen Entwicklungen die Tourismus- und Gesundheitsbranche insgesamt natürlich hart" treffen, heißt es auch in der Stellungnahme der Staatsbad GmbH zu den aktuellen Zahlen. "Viele kleine Betriebe und Selbstständige fürchten um ihre Existenz." Einige Betriebe hätten sogar noch in den vergangenen Monaten "umfangreich renoviert und investiert". Die anvisierten Lockerungen und Zeitpläne seien zwar "ein Lichtblick für die Betriebe und ihre Mitarbeiter", schreibt die Staatsbad GmbH weiter. Es seien aber "noch viele Fragen offen".
Staatsbad GmbH will keine Prognose abgeben
Eine Prognose über die weitere Entwicklung von Übernachtungen und Gästeankünften will die Staatsbad GmbH im Augenblick nicht abgeben. Wie es weitergeht, hänge von Faktoren wie der Entwicklung der Infektionsrate ab und sei im Moment überhaupt nicht einschätzbar.
Die Staatsbad GmbH werde jedenfalls Bad Kissingen weiter als attraktives und sicheres Urlaubsziel bewerben. Zudem werde im Austausch mit den zuständigen Behörden über Konzepte gesprochen, "wie unsere Einrichtungen und Angebote schrittweise unter bestimmten Auflagen zum Schutz von Gästen und Mitarbeitern wieder geöffnet werden können".