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Hammelburg
Hochwasser in Süddeutschland: Wie Ehrenamtliche aus dem Landkreis Bad Kissingen ihre Hilfseinsätze erlebt haben
Erschöpft kehrten die Ehrenamtlichen von Wasserwacht und DLRG aus dem Landkreis von ihren Einsätzen in Südbayern zurück. Wo die Herausforderungen lagen.
Der Bootstrupp der Wasserwacht Hammelburg bei seinem Einsatz im Raum Günzburg.
Foto: Sebastian Schlereth | Der Bootstrupp der Wasserwacht Hammelburg bei seinem Einsatz im Raum Günzburg.
Wolfgang Dünnebier
 |  aktualisiert: 05.06.2024 17:00 Uhr

Wenn die Einsatzkräfte der Wasserwacht Ortsgruppe Hammelburg und der DLRG (Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft) Bad Kissingen gebraucht werden, sind sie da. So auch am vergangenen Wochenende. Die Ehrenamtlichen investierten ihre Freizeit, um in Süddeutschland vom Hochwasser eingeschlossene Mitmenschen aus misslichen Lagen zu befreien.

Markus Brandl, Vorsitzender der DLRG-Ortsgruppe Bad Kissingen, schildert auf Nachfrage dieser Redaktion drei bewegte Tage. Sechs Kräfte der in der Kurstadt stationierten Strömungsrettereinheit waren mit ihrer speziellen Qualifikation als Bestandteil des Wasserrettungszuges Unterfranken in Dinkelscherben im Landkreis Augsburg unterwegs. Über die Tage waren 76 Einsätze zu bestreiten.

Dabei mussten Menschen teils aus den ersten Stockwerken ihrer umfluteten Häuser evakuiert werden. Die Strömungsretter in ihren Anzügen führten im Wasser watend oder schwimmend an Seilen gesichert Boote an Häuser heran, um den Menschen beim Verlassen ihrer Häuser zu helfen.

Kondition und Einfühlungsvermögen

Da brauchte es neben Kondition auch Einfühlungsvermögen und Überredungskunst. "Nicht alle gehen freiwillig", weiß Brandl. Heikel könne es werden, wenn Jüngere gehen und Ältere bleiben wollen. Doch wenn die Lebensmittel zur Neige gehen oder der Strom weg ist, falle der Abschied von Hab und Gut leichter. Sobald es eine Anordnung des Landratsamtes gebe, bleibe ohnehin keine andere Wahl.

Dabei hat jede Notlage ihre eigene Dramatik. So musste auch eine Rollstuhlfahrerin unbeschadet aus dem ersten Stock auf ein Boot gehievt werden, so Brandl. Dringlich war die Rettung eines Heimbeatmungspatienten, bei dem der Strom ausgefallen war. "Ganz wichtig sind auch Haustiere", beschreibt Brandl das Einsatzspektrum.

Den Strömungsrettern bescherten die Einsätze Tage im Wasser. "Das Ganze ist Teamarbeit, alleine geht da nichts", so Brandl. Eine zusätzliche Belastung seien zu Nässe und Kälte Verunreinigungen im Wasser von Heizöl bis zur Gülle. Ob es unter diesen Bedingungen eventuell sogar Teile der Anzüge zersetzt habe, prüfe man jetzt nach der Rückkehr.

Die Retterinnen und Retter sind auf spontanes Ausrücken mit improvisierten Übernachtungen vorbereitet. Dazu werden auch Feldbetten mitgeführt. Verpflegt worden sei man von der Feuerwehr Dinkelscherben in ihrer Gerätehalle, geschlafen haben man im dortigen Schulungsraum. Mit dabei waren Sandra Lerche, Caterina Brandl, Christoph Kleinhenz, Markus Schaupp, Jan Wehner und Markus Brandl.

Wasserwacht aus Hammelburg kommt im Legoland Günzburg unter

Außergewöhnlich war der Einsatz im Süden Deutschlands auch für einen Bootstrupp der Wasserwacht Ortsgruppe Hammelburg, dem Christoph Fella, Sebastian Schlereth, Eva Fella, Holger Büttner und Andreas Bröll angehörten. Sie reihten sich mit einem Kleinbus und zwei Flachbooten auf dem Anhänger in die Kolonne des Wasserrettungszuges Unterfranken nach Schwaben ein.

Noch etwas heiser von den Einsätzen im Flusswasser berichtet Truppführer Christoph Fella auf Nachfrage dieser Redaktion: "Besonders war dieses Jahr die frühe Alarmierung in der Akutphase des Hochwassers." Deshalb habe man besonders viele Menschen evakuieren müssen. Dagegen sei man in Deggendorf oder im Ahrtal eher zum Aufräumen gefragt gewesen. 

Mit dem Wasserrettungszug der DLRG Unterfranken waren in Dinkelscherben auch Strömungsretter aus Bad Kissingen im Einsatz.  
Foto: Lukas Mauder | Mit dem Wasserrettungszug der DLRG Unterfranken waren in Dinkelscherben auch Strömungsretter aus Bad Kissingen im Einsatz.  

Jetzt habe man zunächst am 1. Juni in Offingen etwa 30 Menschen aus ihren von der Mindel umspülten Häusern befreit. Untergebracht war der Bootstrupp dazu im Legoland bei Günzburg.

Einsatz über Nacht, 30 Stunden Einsatzzeit im Wasser

Nach einer relativen Ruhephase mit einzelnen Evakuierungen am Sonntag eskalierte die Lage ab Mitternacht in Burgau, wo ab Mitternacht Hochwasser-Betroffene mit Lautsprechern von den Booten aus zum Verlassen der Häuser aufgefordert werden mussten. Im Zuge der Nacht zum Montag seinen dann noch einmal 55 Menschen befreit worden.

Insgesamt sei man so bis zur Heimfahrt am 3. Juni auf 30 Stunden Einsatzzeit in dem teils verunreinigten Wasser gekommen. Für das Legoland hatte man dabei kaum einen Blick übrig. Die Retter tauschten jeweils ihre Trockenanzüge für den Einsatz im Wasser mit den Schlafanzügen.

Der aktuelle Hochwassereinsatz ist noch nicht ganz abgehakt. Je nachdem, wie das Hochwasser auf der Donau weiterzieht, könnte kommendes Wochenende ein weiterer Einsatz im Raum Passau bevorstehen. Falls es so kommt, könnten auch Kräfte der Wasserwacht Münnerstadt gefragt sein.

 
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