Bei dieser sportlichen Revolution war der FC 1913 ganz vorne mit dabei: Vor 50 Jahren hob der Deutsche Fußballbund sein Fußball-Verbot für Frauen auf. Gewissermaßen über Nacht brachte der Verein eine Mannschaft an den Start, die in der Region für Furore sorgte.
Das schien viele Jahre unmöglich: Ein Jahr nach dem Wunder von Bern gab es 1955 in Deutschland die Rote Karte für kickende Damen. "Das muss man sich mal vorstellen", regt sich Ulrike Scheblein heute noch darüber auf. Umso dankbarer ist die Zahnärztin den Verantwortlichen des FC Hammelburg, die voll mit der Zeit gingen. Allen voran Edgar Hirt und Erich Schneider.
"Das war aufstrebend und anerkannt", erinnert sich Scheblein an die zunehmende Bedeutung des Frauenfußballes in der Saalestadt zurück. Die Lokalzeitung berichtete im Juli 1970 durchaus auch von Skepsis im Verein. Dennoch gab nach einer außerordentlichen, von Männern dominierten Spielerversammlung einen Aufruf zum Mitmachen, der auf offene Ohren stieß.
Unvorbereitet wollten die Frauen zu ihren ersten Matches nicht auflaufen. Noch ehe der Ball richtig rollte, waren Vereinsvertreterinnen bei einem Übungsleiterinnen-Lehrgang in München. In der Vereinschronik ist überliefert, dass Reinhilde Danz dort mit Bayern-Stars wie Franz Beckenbauer, Gerd Müller und Franz Roth zusammentraf. Ihren staunenden Kameradinnen daheim erzählte sie später, dass ihr Sepp Maier Tipps für Glanzparaden gab.
Viele Zuschauer beim Training
Von dem Wissen aus der Landeshauptstadt profitierten 25 Mädchen und Frauen, die selbst die Anfahrt aus dem Raum Gräfendorf und Elfershausen nicht scheuten. Unter großer Beobachtung trainierten sie einmal die Woche für die erste sportliche Herausforderung. "Noch nie gab es während einer FC-Übungsstunde einen derartigen Besucherandrang", berichtete die Zeitung. Über 100 Kiebitze, so der Artikel, amüsierten sich zunächst, waren dann aber erstaunt, mit welchen Eifer sich die "Fußball-Amazonen" den Anweisungen des Trainers unterzogen.
Das erste Spiel auf dem damaligen Sportplatz (heutiges Baugebiet am Gericht) übertraf alle Erwartungen. 1000 Zuschauer säumten das Spielfeld. Als geschickter Coup der Veranstalter erwies es sich, das Match gegen den SV Münnerstadt zum Weinfest zu terminieren. "Natürlich kamen nicht alle wegen des Fußballes", schmunzelt Ulrike Scheblein, "manche wollten knackige Beine sehen."
"Es gab schon viele dumme Sprüche"
Dabei spricht sie aus Erfahrung: "Es gab schon viele dumme Sprüche", erinnert sich die damalige Spielführerin an manche Kommentierungen mehr zu den körperlichen Attributen als zur Ballbeherrschung. Einen Sieg schenkten die Frauen dem weinseligen Hammelburg nicht. Die Begegnung ging 3:0 verloren. Das Spiel der FC-Frauen wirkte etwas hausbacken, schrieb der Kommentator.
Doch der Ehrgeiz war geweckt. 1971 gab es laut Chronik des FC Hammelburg schon 21 Damenfußballmannschaften in Unterfranken. Die Frauen aus Hammelburg behaupteten sich in den Folgejahren prächtig. 1974 verpassten sie die unterfränkische Meisterschaft durch ein unglückliches Tor von Lengfeld in der Verlängerung. Mehrfach wurden sie in der Gruppe A Würzburg/Schweinfurt Meister und kämpften sich vorübergehend bis in die Bayernliga Nord hoch.
Imageträger für den Verein
Dass die Frauen bezirksweit Imageträger für den FC waren, erhöhte den Respekt selbst bei anfänglich skeptischen Männern. "Und dann war dann auch noch die Geselligkeit", weiß Ulrike Scheblein. Die Faschingsabende im Gasthof Zum Hirschen stellten demnach viele andere Feiern in den Schatten. Dass die Frauen Bands engagieren konnten, imponierte vielen.
Aber der Fußball spielte noch eine viel wichtigere Rolle, schwärmt die frühere Spielführerin. Quer durch alle gesellschaftlichen Bereiche führte er Frauen zusammen: Verkäuferinnen, Kontoristinnen, Friseurinnen, Schülerinnen, Näherinnen, junge Hausfrauen - sie alle einte der Wille zum Sieg.
Training in Würzburg
"Die Kameradschaft spüre ich bis heute", berichtet Scheblein. Während des Studiums trainierte die angehende Zahnärztin unter der Woche beim FV 04 Würzburg mit, um am Wochenende mit dem FC Hammelburg auf Punktejagd zu gehen. Dies sei ein wertvoller Ausgleich gewesen, der wohl auch einen Superlativ eingebracht habe. "Ich war wohl die erste Frau in Deutschland mit dem Doktortitel im Spielerpass", lässt sie nebenbei einfließen.
Doch egal, auf dem Platz waren alle gleich. "In keinem anderen Verein habe ich so einen Zusammenhalt erfahren", ist sich die Medizinerin sicher. Und deshalb sollte das Jubiläum groß gefeiert werden. Doch die Corona-Pandemie machte einen Strich durch die Rechnung.