Die Beschäftigung mit dem Computer macht einsam? Von wegen! In Hammelburg rankte sich um die Technik sogar ein ganzes Vereinsleben. Der Computerclub Print hatte beim zaghaften Einstieg etlicher Saaletaler ins Internet vor 30 Jahren eine maßgebliche Bedeutung.
"Wir haben gespürt, da kommt was auf uns zu", beschreibt Dieter Vogler die Begeisterung. Er gehörte von Anfang an zu jenen, die die Zeichen der Zeit erkannten. Als es das Internet noch gar nicht gab, schritten sie 1984 zur Vereinsgründung. Als Computer in Privathaushalten rar waren, fanden sich technikbegeisterte am Vereinsstammtisch zusammen. Zunächst im Gasthaus Zur Sonne tauschten sie sich über neueste technische Entwicklungen aus. Dabei waren auch Geschäftsleute und Ärzte, die damit ihre Arbeit optimieren wollten.
Programme selbst geschrieben
Weil es das Internet noch nicht gab, dienten Computerzeitschriften oder Fachbüchern als Informationsquellen. Ohne Grundwissen war man da schnell aufgeschmissen. Entsprechend dankbar wurden die Stammtische aufgenommen. Wer sich beruflich oder privat schon etwas in die Materie eingearbeitet hatte, gab dort sein Wissen weiter.
Eher bescheiden war die Auswahl an Programmen, mit denen Geräte zum Laufen gebracht werden konnten. "Das meiste haben wir selbst geschrieben", erinnert sich Vogler. Bis ein Drucker druckte, hat man schon mal ein paar Nächte gesessen, bringt es der Fachmann auf den Punkt. Dabei hatte er schon einen technischen Vorsprung. Bei dem pensionierten Polizisten erwachte schon in den 1960er-Jahren das Interesse am binären Zahlensystem als Grundlage aller Computer-Operationen. Damit kam er in der Fernmelde-Werkstatt der Polizeischule Würzburg in Berührung.
Quantensprünge bei Sportereignissen
Der Computerclub sollte später davon profitieren. Quantensprünge im Vereinsleben waren die computergestützte Auswertung von drei Segelflugmeisterschaften auf dem Lagerberg und von einem Halbmarathon der Bundeswehr. "Dass die Urkunden ohne lange Wartezeiten gleich nach dem Zieleinlauf ausgedruckt werden konnten, war damals revolutionär", weiß der heute 72-Jährige.
Doch der technische Fortschritt ließ die Ehrenamtlichen nicht ruhen. Für Gesprächsstoff sorgte die erste Möglichkeit zur Fernübertragung von Daten 1988. Die Mitglieder scharten sich im Vereinslokal zur Sonne um ein Dataphone. Das war eine Art Gegenstück zum Telefonhörer, welches laienhaft ausgedrückt Piepsgeräusche sendete oder empfing, die die angeschlossenen Computer in Daten umrechneten.
Langsam und störanfällig
Derart über analoge Leitungen mit Wählscheiben-Telefonen zu kommunizieren, war sehr langsam und störanfällig. In Aktion konnte man die Technik bei den Clubabenden sowieso nicht erleben. "Da gab es nur ein Telefon, das konnten wir ja nicht zwei Stunden lang blockieren", schmunzelt Vogler. Diese technischen Hürden taten der Begeisterung aber keinen Abbruch. Bis zu 60 Mitglieder hatte der Verein zwischenzeitlich.
Um Offenheit für die Computertechnik warb der Verein auch bei den Frühjahrs- und Herbstmärkten. Schon lange vor dem Durchbruch der Digitalfotografie gab man den Besuchern digitale Sofortbilder mit nach Hause. Die einfallsreichen Technikfreaks druckten dazu Standbilder einer Videokamera aus.
Lokale Schlagzeilen
1993 war es dann endlich soweit. Die ersten grafikfähigen Browser kamen auf, mit der über Zahlenkombinationen im Internet Seiten aufgerufen werden konnten. Informationsabende und Vorträge des Computerclubs kamen hervorragend an. Mit Unterstützung des Clubs ging das Internet-Café in der Stadtbücherei in Betrieb. Dass man dort ab den späteren 1990er-Jahren in Zig-Millionen Webseiten blättern konnte, war den Lokalzeitungen sogar eine Schlagzeile wert.
Auch Vereine unterstützte der Computerclub bei ihrer Präsentation im Internet. "Die Anfänge waren schwierig", erinnert sich Vogler, der im Jahr 2000 die erste Homepage der Stadtkapelle ins Netz stellte. Mit der Datenmenge von Bildern musste geknausert werden. "Trotzdem dauerte es manchmal minutenlang, bis sich die Seite öffnete" berichtet Vogler.
Auflösung 2007
Mit dem vermehrten Einzug des Computers in den Alltag und die über das Internet abrufbare Expertise schwand das Interesse am Computerclub. Er beschloss seine Auflösung 2007. Dieter Vogler möchte die Zeit nicht missen. "Es ging immer so familiär zu", sagt er. In bester Erinnerung sind auch die jährlichen Sommerfeste. Inzwischen ist der Verein Hammelburger Geschichte. An der auch Dieter Vogler weiter mitschreibt. Der Pensionär betreut im Internet neben neun anderen Homepages auch das Hammelburger Album mit Bildern aus vielen Jahrzehnten. Ebenfalls gestaltet hat er die Seite zum Stadtjubiläum 2016. So macht er die junge Technik zu einer treibenden Kraft für das örtliche Geschichtsbewusstsein.