Über das Vorrunden-Aus will er auch gar nicht so viele Worte verlieren, außer dass das Ausscheiden sie als deutsche Fußball-Fans nicht so sehr geschmerzt hat, wie die Russen. Diese Beobachtung erklärt der Hammelburger mit einem Erlebnis nach der 0:2-Niederlage gegen Südkorea in Kasan in einem Souvenirladen. "Die Verkäuferin kam auf uns zu und sagte: ,Es tut mir sehr, sehr leid!' Erst wusste ich gar nicht, was sie meint. Dann war uns allen klar, dass sie das Ausscheiden mehr bedauert als wir selbst!"
Überhaupt haben die WM-Touristen aus der Rhön viele Russen beobachtet, die in weißen DFB-Trikots herumgelaufen sind. "Dieses frühe Aus hat uns international schon etwas an Image gekostet", sagt Hohmann. "Die Russen waren nach der Niederlage gegen Südkorea doch enttäuschter als wir selber", pflichtet Günter Kühnlein aus Schondra bei. Im Rückblick auf die zwei Vorrunden-Wochen spricht er gerne von russischen Freunden: "Wir hatten sehr schöne Erlebnisse in jeder Stadt mit der russischen Gastfreundschaft." Im öffentlichen Bus zum Stadion in Kasan seien reihenweise Russen aufgestanden, um ihnen Platz anzubieten - "auch, wenn sie älter als wir selbst waren".
Ein junger Einheimischer habe gar einen Auftrag an die Bundeskanzlerin weitergegeben: "Sagt der Frau Merkel, wir Russen sind nicht so, wie sie denkt. Sie möge doch bitte die Sanktionen aufheben!" Kühnlein hat sein Bild von Russland neu definiert nach den zwei Wochen. "Vorher dachte ich, Russland hat eine kühle Seele und ist ein Machtstaat. Jetzt habe ich ein buntes, weltoffenes Russland erlebt. Ich bin mir sicher, dass es das auch nach der WM bleibt!" Zumal die Stimmung in den russischen Städten besser war als die in Brasilien vor vier Jahren.
Korrekte Reiseführer
Gerade in Sotschi habe man dieses neue Russland sprichwörtlich greifen können. "Das ist ganz südländisch, ganz gigantisch. Ein Super-Erlebnis!", schwärmt Kühnlein. Auch Dieter Hohmann war sehr angetan von den dortigen Sportstätten. "Wir haben uns die Stadien angeschaut, auch die in den Bergen. Das ist alles gigantisch, was da erschaffen wurde, wie zum Beispiel das Formel-1-Gelände oder das Hotelcamp von Gazprom!" Das Beste an allem aber sei, dass diese Sportstätten weitergenutzt werden - nicht so wie in Südafrika oder Brasilien. Auch Hohmann hat mittlerweile ein anderes Bild vom Putin-Reich. Zur WM sei alles straff und generalstabsmäßig organisiert gewesen. Permanente Kontrollen an der Tagesordnung. Doch wenn man wisse, um was es geht, akzeptiere man auch solche Kontrollen, so Hohmann. "Russland ist in den Medien immer politisch beschrieben worden. Als ich jetzt Land und Leute kennengelernt habe, kann ich ein weitaus positiveres Fazit ziehen." Die Reiseführer haben sich relativ korrekt ausgedrückt, man hatte zwar immer das Gefühl, dass sie nicht so erzählen können, wie sie möchten. "Das allerdings scheint ein russisches Prinzip zu sein: Wenn einer einen Senkel eingeschlagen hat, dann hält man sich daran!"
Der Hammelburger hat jede Stadt anders erlebt. Moskau sei weltmännisch und allein durch die vielen Denkmäler herausragend. Sotschi sei mondän und gerade wegen der Olympia-Sportstätten so interessant. Und in Moskau hat er und seine Frau auch über die Fangruppe Mitte DFB-Granden wie Reinhard Grindel , Reinhard Rauball und Philipp Lahm getroffen. Sie hatten einen Bolzplatz eingeweiht, den der DFB gesponsort hat. "Das war ein schönes Erlebnis", so Hohmann.