Geschichten wie die von Trong Hieu Nguyen und seiner Familie denkt sich keiner aus. Solche Geschichten schreibt nur das Leben. Der 23-jährige gebürtige Kissinger musste sich erst bei einer Castingshow in Vietnam die Seele aus dem Leib tanzen, damit sein in Deutschland lange unerfüllter Traum vom Erfolg in der Glitzerwelt der populären Musik Wirklichkeit wurde. Ausgerechnet in Vietnam, jenem Land, aus dem seine Mutter Thi Yen und sein Vater Trung mit Trongs Schwester Linh vor fast 25 Jahren wegen ihres Traums von Freiheit und einem selbstbestimmten Leben nach Deutschland geflohen waren.
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Trong hat schon in Deutschland viel in seinen Traum investiert. Bereits als Grundschüler errang er bei Tanzwettbewerben in seiner Altersklasse, nationale und internationale Titel. Später kam das Singen hinzu. Zusammen mit der nicht viel älteren Ursula James nahm er als knapp Elfjähriger an der Kinder Talentshow Star-Search teil. Nach dem Abitur absolvierte er in Hannover eine Ausbildung am Music College. Und erst im vergangenen Winter versuchte er, allerdings vergeblich, sich für die deutsche Vorauswahl für den European Song Contest zu qualifizieren.
Auch der Erfolg vom vergangenen Sonntagabend in Ho-Chi-Minh-Stadt kam nicht über Nacht. Trong, der German Hot Boy, wie ihn die vietnamesische Presse schnell nannte, musste sich seit April von Runde zu Runde immer wieder bewähren. Den Nachteil, dass er nicht in Vietnam aufgewachsen ist und die Sprache nach eigenem Bekunden „nicht perfekt“ spricht, wandelte er mit freundlicher Offenheit und stets positiver Einstellung in einen Vorteil um. Letztlich, so sagte er dem Norddeutschen Rundfunk nach dem Sieg, „finden mich die Leute cool, weil ich etwas Ungewöhnliches an mir habe“.
Unterstützt hat ihn bei seinen Auftritten in der vietnamesischen Castingshow die ganze Familie. Vater Trung und Schwester Linh waren schon länger mit in Vietnam. Thi Yen und ihr Bruder reisten vergangene Woche nach, weil Trong die Mutter gerufen hatte: „Ich brauche dich.“
Kurzfristig musste dafür auch das kleine Restaurant in der Bad Kissinger Badgasse vorübergehend geschlossen werden, das für Trongs Eltern so etwas wie die Erfüllung ihres Traumes ist. Auch sie mussten dafür lange kämpfen.
Etliche Jahre stand in Frage, ob die Familie überhaupt würde in Deutschland bleiben dürfen. Asylanträge wurden abgelehnt. 2001 drohte die Abschiebung. Doch eine riesige Welle der Unterstützung setzte ein. Für den Verbleib wurden mehr als 4000 Unterschriften gesammelt und sieben Petitionen eingereicht. Allerdings verhinderte erst ein amtsärztliches Gutachten 2001 die Abschiebung. 2007 wurde der Traum, unbehelligt in Deutschland leben zu können endgültig Wirklichkeit: Damals erhielt die Familie eine unbefristete Niederlassungserlaubnis.