So krass ist das Vereinsheim der Musikinitiative am der Ortseinfahrt nach Hammelburg sonst selten präsent. Die Fassade des Wasserhauses strahlte über Stunden mit tausenden anderen Gebäuden in ganz Deutschland in aggressivem Rot. Mit der Night of Light machten viele Kulturschaffende auf ihre missliche Lage aufmerksam.
"Die Veranstaltungswirtschaft steht auf der Roten Liste der akut vom Aussterben bedrohten Branchen", hieß es in dem Aufruf an Locations, Veranstalter, Event-Agenturen, Messegesellschaften , Messebauer, Caterer, Non-Food-Caterer, Technikdienstleister, Dekofirmen und Einzelunternehmer. Auch die Musikinitiative Hammelburg kämpft mit den Hygiene-Einschränkungen gegen den Coronavirus. "Existenzbedrohend ist es für uns Einzelne zum Glück nicht", sagt Vorsitzender Sean Miller mit dem Blick auf die 360 Mitglieder . "Wir haben alle unsere Berufe ", sagt Miller. Auch der harte Kern von 15 besonders aktiven Mitgliedern arbeitet ehrenamtlich. Existenzieller betroffen sind allerdings einige Veranstaltungstechniker im Umfeld der Initiative.
Verein ist nicht sorgenfrei
Aber auch der Verein ist nicht sorgenfrei. Um das zu dokumentieren, schraubte Miller mit Vorstandsmitglied Julian Ottenweller vier Stunden lang an der Illumination. Der Frust hat Gründe: Seit Anfang März hat das Wasserhaus kein Konzert mehr gesehen. Vier Veranstaltungen, darunter auch der Tanz in den Mai mit sonst bis zu 300 Besuchern, sind deshalb den Bach runtergegangen.
Immerhin dürfen seit diesem Montag immerhin wieder Bands gemeinsam proben. Acht Gruppen aus Unterfranken und darüber hinaus üben gewöhnlich im Wasserhaus. Nur eine davon ist aktuell mit originär Hammelburger Besetzung. Ein ziemlicher Papierkrieg sei es gewesen, um die Konditionen zu erkunden, unter denen wieder zu den Instrumenten gegriffen werden darf. "Ich weiß gar nicht, ob ich das wollte", sagt Miller zu Musizieren mit Maske. Auch die Sänger sind nicht ausgenommen.
Andauern wird wohl die Konzertpause im Wasserhaus. Miller hofft, dass heuer immerhin die traditionelle X-Mas-Party an Weihnachten durchgezogen werden kann. Zwar seien ab kommende Woche wieder Auftritte mit bis zu 100 Zuhörern erlaubt. "Was nur wenige bedenken: Das rechnet sich nicht", sagt Miller. Regulären Wirtschaftsbetrieb gibt es im Wasserhaus schon länger nicht mehr.
Wie geht es mit dem Verein weiter? 2020 wird die Musikinitiative wohl mit einem blauen Auge davon kommen, tippt Miller. Auch nächstes Jahr könnte sie unter der Fortdauer von Einschränkungen überstehen. Falls sie die Lage wider erwarten nicht normalisiert, könnte es 2022 eng werden. Doch bei seinem Blick in die Zukunft will Miller nicht zu schwarz malen.
Open-Air-Konzert im Gespräch
Es gibt sogar Hoffnung. Zum 35-jährigen Bestehen der Musikini ist 2021 ein Open-Air-Konzert im Gespräch. Irgendwann müsse ja durchgestartet werden. Neben dem Fleiß einzelner Mitglieder braucht es Geld, um den Gebäudeunterhalt zu sichern. "Schön ist, dass die Stadt keine Pacht erhebt", sagt Miller. Ausgaben gibt es dennoch. Gerade erst hat er 2000 Liter Gast bestellt. Strom und Wasserkosten belasten auch das Budget. Zwar habe der Verein Rücklagen auf der hohen Kante. Mit denen sollte aber die Bühnentechnik erneuert und eine neue Gasheizung beschafft werden, und nicht die Viruskrise überbrückt.
"Jetzt sieht man hier endlich wieder Gesichter", freut sich Miller über die Wiederaufnahme der Probenarbeit. Um auch dem Publikum etwas zu bieten, denkt die Musikinitiative darüber nach, Konzerte ins Internet zu streamen. Aber das ist wieder mit Kosten verbunden. Sollten Beschränkungen die Vereinsarbeit weiterhin stark einschränken, könnte es sein, dass Miller noch einmal zum Lichtschalter greift. Um die Situation des Wasserhauses erneut grellrot ins Bewusstsein zu rücken.Wolfgang Dünnebier