Sie tun es im Verborgenen, sie sind schlecht zu erwischen – und sie richten enormen Schaden an: Graffiti-Sprayerinnen und -Sprayer. Sachbeschädigungen an Gebäuden, Eisenbahnwaggons oder öffentlichen Flächen sind für viele ein Ärgernis. Doch für die Bruxsafol Folien GmbH in Westheim (Lkr. Bad Kissingen) ist der Kampf gegen Graffiti und Kratzspuren ein Millionengeschäft.
Nur 0,1 Millimeter dünn sind die Kunststofffolien, die Geschäftsführer Michael Brux in seiner Werkstatt auf ein Testfenster aufbringt. Dann kratzt er mit einem spitzen Gegenstand auf der Scheibe wild herum und sprüht noch roten Lack darauf. Zieht er danach die Folie wieder ab, sieht die Fensterscheibe aus, als wäre nichts geschehen.
Mit solchen Folien werde zum Beispiel in Berlin und Köln der Zerstörungswut der Kampf angesagt, sagt Brux. Gerade in Großstädten findet man mutwillig verkratzte Scheiben oder Metallflächen in Bahnhöfen, U-Bahnen oder an Rolltreppen. Von Schmierereien ganz zu schweigen. Kaum beseitigt und behoben, lässt der nächste Sprayer nicht lange auf sich warten.
Bahn und öffentliche Flächen: Enormer Schaden durch Beschädigungen
Die wirtschaftliche Dimension ist gewaltig: Allein der Deutschen Bahn (DB) sind nach Konzern-Angaben im vergangenen Jahr zwölf Millionen Euro Schaden durch Graffiti entstanden. In Unterfranken kamen laut Polizei 546.000 Euro auf öffentlichen Flächen zusammen. Der Schaden belaufe sich in manchen Fällen auf mehrere tausend Euro, heißt es auf Anfrage aus dem Polizeipräsidium.
Wie gerade erst wieder in Würzburg, wo eine 15-Jährige ertappt wurde: Sie hatte laut Polizei im Hafen ein Werbebanner, einen Briefkasten und einen Omnibus mit Farbe besprüht. Geschätzter Schaden: 21.000 Euro.
Die Städte gehen unterschiedlich dagegen vor. Die S-Bahn in Berlin etwa übersprüht Graffiti in den Waggons neuerdings mit eigener Farbe. Die Stadt Frankfurt hingegen habe "schon aufgegeben" und setze nun auf Videoüberwachung, hat Firmenchef Michael Brux beobachtet.
Folien aus dem Saaletal: Für Skilifte und Gehege im Berliner Zoo
Die Kölner Verkehrsbetriebe beispielsweise verwenden die Spezialfolien, sagt der 42-Jährige. Aber sie kommen nicht nur gegen mutwillige Zerstörung zum Einsatz: Laut Bruxsafol werden sie auch in Skiliften angebracht, deren Gondeln durch Skier und Skistöcke schnell verkratzt werden.
Und im Berliner Zoo sollen die Spezialfolien aus Westheim die Glasscheiben der Gehege vor den Krallen der Eisbären und Raubkatzen schützen, berichtet Unternehmer Gerd Lahoff. Seine Berliner Firma macht Innen- und Außenwerbung, kauft die Folien von Bruxsafol und bringt sie vor Ort an.
Der Zoo habe Zug um Zug die Gitter der Gehege gegen Scheiben ausgetauscht, sagt Lahoff. Deshalb sei die Nachfrage nach den Folien groß. Mitunter müssen sie, wie im Tiger-Gehege, schon nach eineinhalb Jahren erneuert werden. "Das kommt auf die Tiere an."
Wie viel Umsatz Bruxsafol mit den Spezialfolien macht
Seit 1975 ist Bruxsafol mit den Produkten auf dem Markt - in unterschiedlicher Machart. Folien als Schutz vor Sonnenstrahlen oder Vogelflug gehören ebenso dazu wie Folien für den Lack wertvoller Autos.
15 Millionen Euro Umsatz mache Bruxsafol im Schnitt pro Jahr, rechnet der Geschäftsführer vor. Ein Zehntel davon entfalle auf die Folien gegen Sachbeschädigung.
Der Polizei zufolge wurden in Unterfranken im vergangenen Jahr 867 Graffiti-Fälle gemeldet. 2019 waren es 1290 Fälle. Der Rückgang habe einen Grund, sagt Geschäftsführer Brux: Die Videoüberwachung in den Städten zeige Wirkung. Doch die Nachfrage nach den Folien sei ungebrochen.
Allerdings können sie Brux zufolge nur auf glatten Oberflächen wie Scheiben eingesetzt werden. Für raue Fassaden sind sie nicht geeignet - dafür gibt es mittlerweile Lacke diverser Anbieter.
Spezialfolien aus Polyester oder Polyurethan und produziert in den USA
Hergestellt werden die Bruxsafol-Folien in den USA vom Partnerunternehmen Saint-Gobain. Je nach Folientyp werde Polyester oder Polyurethan verwendet, erklärt Brux. Der Betrieb in Westheim mit seinen 50 Beschäftigten übernehme dann die Verarbeitung je nach Kundenauftrag.
Mehrschichtige und damit dickere Folien kommen dem 42-jährigen Geschäftsführer zufolge auch als Schutz gegen Einbrecher zum Einsatz – oder um die Wucht von Explosionen zu dämmen. So habe Bruxsafol bereits mehrere US-Konsulate und US-Botschaften damit ausgestattet, sagt Brux. Auch der riesige Palast des ehemaligen rumänischen Diktators Nicolae Ceaușescu in Bukarest habe einst solche Folien aus dem Saaletal bekommen.