
Sitzungen von Geschäftsordnungsausschüssen neigen oftmals dazu, zähe Angelegenheiten zu werden. Ganz falsch war diese Einschätzung auch jetzt nicht, als der Geschäftsordnungsausschuss des Bad Kissinger Stadtrats über die Spielregeln der kommunalpolitischen Arbeit in den nächsten sechs Jahren diskutierte. Es gab jedoch auch relevante Fragen. Zum Beispiel die, ob es wie bisher weiterhin mindestens drei Mitglieder braucht, um eine Fraktion bilden zu können. Oder ob dafür künftig zwei genügen sollen, wie es die AfD beantragte. Sie ist erstmals im Stadtrat vertreten und belegt dort zwei Sitze.
Begründet hatte Freia Lippold-Eggen den Antrag für die AfD mit dem Hinweis, mit dem Status einer Fraktion könne die AfD ihren Wählerauftrag besser erfüllen. Sie und ihr Mann Peter Eggen, der ebenfalls für die AfD in den Stadtrat gewählt wurde, würden im Augenblick jedoch nicht als Mitglieder einer anderen Fraktion aufgenommen.
Fraktionen sind weiter erst ab drei Sitzen möglich
Die bisherige Anforderung der Stadt Bad Kissingen in dieser Sache sei "absolut zulässig", erläuterte Gerhard Schneider, der Geschäftsleitende Beamte der Stadt. Das sei rechtlich geklärt. Gleichwohl hätten die Stadträte die erforderliche Zahl von Sitzen für die Bildung einer Fraktion durchaus auf zwei senken können. Sie taten es aber nicht. Die entsprechende Empfehlung an den Stadtrat erging gegen eine Stimme von der AfD ziemlich deutlich.
Weitreichende Bedeutung kann im Zweifelsfall auch die Zahl der stimmberechtigten Mitglieder von Ausschüssen haben. Für Entscheidungen, die nicht vom Stadtrat getroffen werden müssen, sondern in die Kompetenz eines Ausschusses fallen, sind die Mehrheitsverhältnisse dort wichtig. Wer da unterliegt, hat nur noch die Chance eines Nachprüfungsantrags an den Stadtrat. Bisher hatten die wesentlichen Ausschüsse des Stadtrats jeweils zehn stimmberechtigte Mitglieder. Vorsitzender und ebenfalls stimmberechtigt ist in allen Versionen darüber hinaus der Oberbürgermeister oder sein Vertreter.
Künftig gilt statt zehn plus eins, zwölf plus eins
Weil sich die Sitzverteilung im Stadtrat durch den Wechsel von drei CSU-Stadträten zur DBK deutlich geändert hat, hätten sich Zehner-Ausschüsse mit drei Sitzen für die DBK, zwei Sitzen für die CSU, zwei für die SPD sowie jeweils einem Sitz für Grüne/BfU/ÖDP, die Freien Wähler und die AfD ergeben. Das will der Geschäftsordnungsausschusses aber geändert wissen.
Den Antrag dazu stellte Richard Fix, der Fraktionsvorsitzende von Grünen/BfU/ÖDP. Aus der Sicht seiner Fraktion mit ihren vier Ratssitzen hätte die Konstellation im Zehner-Ausschuss die Sitzverteilung im Stadtrat nicht korrekt dargestellt. Unterstützung bekam er dafür von der CSU. Für Bernd Czelustek von der SPD hingegen hieß das, es verschiebe sich lediglich der Nachteil. Und Andreas Kaiser, der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, ergänzte, der Antrag nutze nur zwei Fraktionen. Die Freien Wähler, würden insofern benachteiligt, als sie weiterhin nur einen Sitz hätten und damit im Ausschuss mit der nach Stimmenanteilen und Ratssitzen kleineren AfD gleichgestellt würden.
Fix und Kaiser sind weitere Stellvertreter
Am Ende empfahl der Geschäftsordnungsausschuss trotzdem mit knapper Mehrheit dem Stadtrat, Zwölfer-Ausschüsse zu bilden. Dort haben dann DBK und CSU je drei Sitze, SPD und Grüne/BfU/ÖDP je zwei Sitze und die Freien Wähler sowie die AfD je einen Sitz. Auch hier kommen der Oberbürgermeister oder ein Stellvertreter als Vorsitzender hinzu. Das gilt für Finanzausschuss, Bauausschuss, Sozialausschuss, Wirtschaftsausschuss und Geschäftsordnungsausschuss. Der Rechnungsprüfungsausschuss hat gesetzlich vorgegeben sieben Mitglieder.
Wer für sie mit Stimmrecht in welchem Ausschuss sitzt, das müssen die Fraktionen der Stadtverwaltung jeweils noch mitteilen. Benannt wurden im Geschäftsordnungsausschuss aber bereits die Ratsmitglieder, die als "weitere Stellvertreter" bei Terminen einspringen, wenn einmal sowohl der Oberbürgermeister als auch seine beiden förmlichen Vertreter Anton Schick und Thomas Leiner gleichzeitig verhindert sein sollten. Richard Fix und Andreas Kaiser übernehmen diese Aufgabe.
Drei neue Beiräte sollen Sachverstand einbinden
Von der Politik betroffene Gruppen der Gesellschaft bezieht der Bad Kissinger Stadtrat schon länger durch Beiräte in seine Arbeit ein. Familienbeirat, Integrationsbeirat, Jugendbeirat, Seniorenbeirat und Vereinsbeirat sind zum Teil schon viele Jahre etabliert. Auf Anregung von Oberbürgermeister Dirk Vogel kommen jetzt drei neue Beiräte hinzu. Im Gesundheitsbeirat, im Mobilitätsbeirat und im Beirat für Digitalisierung, Forschung und Innovation geht es nicht nur um Beteiligung Betroffener, sondern auch um die Einbindung von Sachverstand.
Ergänzt hat der Geschäftsordnungsausschuss außerdem die Liste der Stadtratsbeauftragten. Mitglieder des Stadtrats werden dabei mit Schwerpunktthemen betraut. Welche Fraktion welche Position bekommt, machen die Fraktionen nach einem vorgegebenen Verteilschlüssel aus. Erneut geben soll es Stadtratsbeauftrage für Menschen mit Behinderung, für Schulen und Bildung, für Integration und Familien, für Jugend und Soziales, für Kunst und Kultur, für Senioren, für Städtepartnerschaften, für Tourismus und Gesundheit, für Stadtplanung, Mobilität und Umwelt sowie für Wirtschaft und Digitalisierung. Neu hinzu kommt ein Stadtratsbeauftragter für das Ehrenamt.
Der Zweite Bürgermeister bekommt weniger, der Dritte mehr
Nichtöffentlich hatte der Ausschuss am Anfang vor allem über die Entschädigungen für die weiteren Bürgermeister gesprochen. Für den Zweiten Bürgermeister wurde sie von 2606,40 Euro auf 2144,24 Euro im Monat gesenkt, für den Dritten Bürgermeister von 1432,07 auf 1894,24 Euro je Monat erhöht. Die Veränderungen tragen wohl der Tendenz bei der tatsächlichen Verteilung der Einsätze Rechnung.
Für Stadtratsmitglieder gilt eine Entschädigung von pauschal 300 Euro je Monat. Für Verdienstausfälle als Arbeitnehmer oder als Selbstständige kommen nach Stunden berechnet weitere Entschädigungen hinzu. Für auswärtige Tätigkeit gibt es Tagegelder und Ersatz für Reisekosten. Fraktionssprecher bekommen zusätzlich zur normalen Pauschale der Stadträte 200 Euro im Monat. Bei ihren beiden Stellvertreter liegt dieser Betrag bei 100 Euro monatlich. Die Fraktionen selbst bekommen für "Aufwendungen aus ihren Geschäftsbedürfnissen heraus" ebenfalls monatlich übersichtliche Beträge.
Am Ende einstimmig beschlossen
Jeweils am Beginn einer Amtsperiode angepasst wird im Geschäftsordnungsausschuss, wer bis zu welchen Summen über Ausgaben entscheiden darf. Bei den Beträgen, für die der OB Finanzausschuss oder Stadtrat nicht fragen muss, liegt die Stadt nach Angaben von Gerhard Schneider trotz einer aktuellen Erhöhung nach wie vor "im Mittelbereich".
Die überarbeitete Geschäftsordnung beschloss das Gremium am Ende einstimmig. Auch die AfD votierte dafür, obwohl sie vorher bei der für sie wichtigen Frage des Fraktionsstatus' gescheitert war.