Wenn ein neuer Stadtrat seine Arbeit aufnimmt, hat er gleich wichtige Personalentscheidungen zu treffen. Die spannendste davon ist sicher die Wahl der Stellvertreter des Oberbürgermeisters. Ihr Ergebnis liefert oftmals bereits Fingerzeige für die weitere Arbeit der nächsten sechs Jahren. In Bad Kissingen gibt es einige, die bei der Wahl des Zweiten und Dritten Bürgermeisters auf eine Fortsetzung der Konstellation der vergangenen sechs Jahre hoffen. Denn die Zusammenarbeit des alten SPD-Oberbürgermeisters mit seinen Stellvertretern Toni Schick (DBK) und Thomas Leiner (CSU) hat offenkundig gut funktioniert. Da kann man schon auf den Gedanken kommen, dass auch der neue SPD-Oberbürgermeister mit Schick und Leiner als Stellvertretern gut beraten ist. Im Moment weiß aber keiner, ob es tatsächlich so kommt.
Gespräche hinter den Kulissen
Hinter den Kulissen wird im Vorfeld der für nächsten Dienstag geplanten konstituierenden Sitzung, trotz der Einschränkungen durch die Corona-Krise, intensiv über mögliche Konstellationen geredet. Ausgeschlossen ist dabei nicht, dass es wieder zur erprobten Corona aus einem SPD-OB und Stellvertretern von CSU und DBK kommt. Und sogar die Namen der Stellvertreter könnten in der Tat dieselben sein wie in den vergangenen Jahren. Thomas Leiner hat jedenfalls dem Vernehmen nach CSU-intern in dieser Hinsicht das uneingeschränkte Vertrauen seiner Fraktion. Manche Leute meinen, ihm, dem bisherigen Dritten Bürgermeisters, stünde der Posten des Zweiten Bürgermeisters zu, weil die CSU nach wie vor die größte Fraktion im Stadtrat stellt.
Toni Schick gilt unabhängig von den jeweiligen Oberbürgermeistern als größtes politisches Talent im Kissinger Stadtrat. Fragt man aber Stadträte jenseits der DBK, was sie von einer Wiederholung der alten Konstellation halten, fällt schnell auf, dass manchen Räten die DBK lieber ist als ihre prägende Figur. Bei der sehen manche immer wieder Interessenkonflikte zwischen dem öffentlichen Amt bei der Stadt und dem eigenen Bauunternehmen. Beim bisherigen Fraktionschef Alexander Koller täten sich Schicks externe Kritiker leichter. Ob der aber überhaupt kandidieren würde und schließlich auch noch mehrheitsfähig wäre? Koller selbst war am Dienstag für diese Frage nicht zu erreichen.
Die Arithmetik der Macht hat sich verändert
Rein von der Arithmetik der Macht her, macht das Ergebnis der Stadtratswahl auch ganz andere Entscheidungen bei der Bestimmung der OB-Stellvertreter möglich. Da die Ökos um zwei Sitze auf neuerdings vier zugelegt haben und der DBK einer ihrer bisher fünf Sitze abhanden gekommen ist, könnten beide mit gleichem Recht einen Stellvertreterposten beanspruchen. Dazu kommen Überlegungen der Ökos und des einen neuen Stadtrats der Linken, Christian Hänsch, sich zusammenzutun. Je nach dem, wie konkret solche Überlegungen werden, könnte sich eine Kraft ergeben, die nicht nur mit zusammen fünf Sitzen größer ist als die DBK. Sondern auch den plausibleren Anspruch hat.
So ein Zusammengehen hätte aus Sicht von Ökos und Linken noch einen weiteren Vorteil. Aktuell müssen die Ökos nach Angaben ihres erfahrensten Ratsmitglieds Richard Fix davon ausgehen, dass sie mit ihren vier Sitzen im Gesamtstadtrat auch nicht mehr Ausschussplätze besetzen können als die AfD mit ihren zwei Sitzen. Aus zusammen fünf Sitzen im Stadtrat könnte sich aber doch der Anspruch auf zwei Ausschusssitze ergeben.
Verzicht auf Machtspielchen
Die Überlegung, eine der beiden jungen Frauen, die für die Ökos zusätzlich in den Stadtrat gewählt wurden, also Larissa Renninger oder Veronika Richler-Yazeji, ins Rennen um den Posten des Dritten Bürgermeisters zu schicken, ist nach Angaben aus dem Kreis von Ökos und Linken verworfen. Die beiden Frauen hätten das selbst jetzt für eine Überforderung gehalten. Außerdem ist den Beteiligten wohl klar geworden, dass so ein Vorgehen in der Öffentlichkeit wie ein Machtspielchen gewirkt hätte. Dabei sehen sich die Ökos nach Fix' Worten selbst eher als Sachwalter des Grundsatzes, dass es im Stadtrat um Vernunftentscheidungen auf Basis von Sachargumenten gehen sollte.
Wegen seiner großen Erfahrung im Stadtrat wäre Richard Fix eigentlich selbst der nahe liegende Vorschlag der Ökos für eine Kandidatur um einen Posten als OB-Stellvertreter. Er hat sich aber eigentlich für seine Lebensplanung andere Schwerpunkte gesetzt.
Ob die Freien Wähler auch Ehrgeiz entwickeln, einen stellvertretenden Bürgermeister zu stellen? In der CSU sagen zwar manche ihrem zu den Freien gewechselten früheren Fraktionskollegen Bernhard Schlereth Ambitionen nach. Fraktionsvorsitzender Andreas Kaiser hört sich aber nicht so an, als sei das eine wahrscheinliche Option. Im Gespräch bestätigt Kaiser zudem, dass er selbst Fraktionsvorsitzender bleibt und Schlereth sein Stellvertreter in dieser Funktion wird.
Bislang wenig Änderung an den Fraktionsspitzen
Ihre künftigen Rollenverteilungen an der Spitze sollen die Fraktionen dieser Tage der Stadtverwaltung mitteilen. Bei den Grünen soll, so heißt es, Fix Fraktionssprecher werden. Steffen Hörtler werde weiter die CSU-Fraktion führen. Gudrun Heil-Franke bleibe eine Stellvertreterin bei er CSU, Wolfgang Lutz werde der andere. Martina Greubel, die Stimmenkönigin der Christsozialen, hat überraschender Weise gar keinen Posten. Sie soll intern gegen Hörtler angetreten sein und verloren haben.
SPD-Fraktionssprecher Bernd Czelustek war am Dienstag nicht zu erreichen.