
Die Corona-Krise hat bei vielen Menschen für Entschleunigung gesorgt. Manche dürfen oder müssen nicht mehr so hektisch arbeiten. Eine Zeit lang konnten viele nicht mehr von Geschäft zu Geschäft hetzend einkaufen. Entschleunigung war auch ein wichtiges Stichwort, als der neue Kissinger Stadtrat am Dienstagabend in seiner konstituierenden Sitzung Anton Schick (DBK) und Thomas Leiner (CSU) zu Stellvertretern von Oberbürgermeister Dirk Vogel wählte.
Die beiden Wahlvorgänge verliefen wegen der Corona-Vorsichtsmaßnahmen total entschleunigt. Und auch die Ergebnisse sorgten nicht für Aufregung. Lauter wurde es nur, als Vogel Leiners Ergebnis bekannt gab. Der Garitzer konnte bei der Wahl des Dritten Bürgermeisters 30 Stimmen auf sich vereinen, eine Stimme war ungültig. Diese überzeugende Bestätigung Leiners in dem Amt, das er bereits sechs Jahre ausgeübt hat, war dem Stadtrat aufrichtigen Beifall wert.
Jeweils nur ein Kandidat
Leiner war der einzige Kandidat für das Amt. Vorgeschlagen hatte ihn Toni Schick. Eine "große Persönlichkeit" sei der Garitzer, hatte Schick über seinen erfahrenen Kollegen gesagt. "Ein sehr souveräner Bürgermeister" sei er in den vergangenen Jahren gewesen, "ein Vermittler", "loyal und sehr intelligent".
Mit mindestens ebenso freundlichen Worten hatte zuvor in der umgekehrten Rolle Thomas Leiner dem Stadtrat empfohlen, Schick erneut zum Zweiten Bürgermeister zu wählen. Schick sei einerseits erfolgreicher Geschäftsführer eines Familienunternehmens und andererseits in der Bürgermeisterei stets ein guter Ansprechpartner. Seine geschäftlichen Interessen und die Interessen der Stadt trenne er sauber. Bad Kissingen habe er in seiner Arbeit für die Stadt immer an erster Stelle gesehen.
Schick war, wie Leiner, der einzige vorgeschlagene Kandidat. Er vereinte schließlich 23 der insgesamt 31 Stimmen auf sich. Vier Stimmen waren ungültig, drei Stadträte kreuzten auf dem Wahlzettel den Namen von Martina Greubel an, die aber nicht förmlich vorgeschlagen war. Leiner bekam auch bei dieser Wahl eine Stimme.
Fünf Fraktionen
Im neuen Stadtrat wird es fünf Fraktionen geben. Die größte von ihnen ist durch den Wechsel der CSU-Ratsmitglieder Martina Greubel, Thomas Schlembach und Klaus Bollwein jetzt mit sieben Ratsmitgliedern die DBK. Deren Fraktionsvorsitzender bleibt Alexander Koller. Seine Stellvertreter sind Martina Greubel und Florian Keßler.
Für die SPD-Fraktion spricht im Stadtrat weiterhin Bernd Czelustek. Ihn vertreten Tobias Schneider und Thomas Menz. Fraktionssprecher der Freien Wähler bleibt Andreas Kaiser. Klaus Zehe und Bernhard Schlereth vertreten ihn.
Die CSU-Fraktion führt, wie berichtet, weiterhin Steffen Hörtler. Gudrun Heil-Franke und Wolfgang Lutz vertreten ihn. Michael Lang von der Zukunft Bad Kissingen arbeitet in einer Fraktionsgemeinschaft mit der CSU zusammen. Mehr Ausschusssitze bringt das nicht. Ähnliches gilt für Grüne/Bürger für Umwelt/ÖDP, die zu viert jetzt alleine eine Fraktion bilden können. Ihr Fraktionssprecher ist Richard Fix. Seine Vertretung übernehmen Larissa Renninger und Klaus Werner. Sie nehmen Christian Hänsch von der Linken in eine Fraktionsgemeinschaft auf.
Politik am Gemeinwohl ausrichten
In einer Art Grundsatzrede zu Beginn der Sitzung hatte Vogel unter anderem seine Erwartungen an die künftige Arbeit formuliert. Kommunalpolitik dürfe für ihn "auch mal Emotionalpolitik" sein. Dennoch müsse sie sich orientieren "am Gemeinwohl unserer Stadt". Wie die Stadträte miteinander umgehen habe erheblichen Einfluss darauf, "wie Bad Kissingen wahrgenommen wird". Die politische Kultur sei "ein Standortfaktor für ein Oberzentrum, dessen wirtschaftlicher Erfolg für den Landkreis überlebensnotwendig ist". Eine Allianz für Bad Kissingen sei eine Allianz für die Region.
Landrat Thomas Bold nahm als Gast der Sitzung diesen Ball auf. Ein Stadtrat sei ein Kollegialorgan. Nirgends könne der Bürger so unmittelbar sehen, "wie Politik funktioniert". Dort werde "Demokratie vorgelebt". Wie das gelingt, werde vom Bürger sehr wohl wahrgenommen. Für den Landkreis bot Bold dessen "wichtigster Kommune" gute Zusammenarbeit an. Themen, bei denen "Stadt und Land Hand in Hand" gehen können, gebe es genug.
Die Interessen der Stadt und eigene trennen, wie kann man das denn dem Bürger beweisen? Vielleicht durch Offenlegung von Angebot und Abrechnung? Das wäre doch mal ein Thema, dann würde sich der Bürger ein Bild machen können. Ich fände sowas gut, überlegt doch mal, ob ihr das nicht mal tut, liebe Stadt. Bauvorhaben offenlegen für den Bürger, was wurde angeboten, was rechnet man ab. Das würde auch das immer wieder aufkommende Gerede über Eigennutzen aus der Welt schaffen. Liebe Bürger gebt doch mal hier eure Stimme ab, ob ihr das auch gut fändet, damit könnte man Klarheit schaffen. Das Foto übrigens sagt irgendwie auch was, so von den Positionen her.
Nach dem jahrelangen Wahlkampf und anschließenden "Nachkampf" bei einigen der gewählten Stadträten tut es dem Ansehen der Stadt Bad Kissingen gut zwei bewährte und erfahrene Personen für diese Ämter zu haben.
Frau Greubel dürfte jetzt auch zufrieden sein, hat sie doch wieder ein Pöstchen als stellvertretende Fraktionsvorsitzende bekommen. Der Austritt aus der CSU hat somit seinen Zweck erfüllt und sich auch finanziell gelohnt.
Hoffen wir nun auf konstruktives Miteinander der Gewählten.
Und dass sich die Profilierungssucht einzelner zukünftig in Grenzen hält.