Als er vergangenes Jahr das Anwesen mit historischem Wohnhaus und Scheune in der Bad Kissinger Kapellenstraße gekauft hatte, um es für sich und seine Familie herzurichten, hat Stefan Maier (Name von der Redaktion geändert) noch nicht gewusst, auf was er sich da einlässt. Heute weiß er: Das Anwesen war einst Schauplatz eines Gewaltverbrechens. In der Scheune lagen über viele Jahrzehnte die Überreste eines Mannes begraben – und das war nicht die einzige Überraschung. „Das ist auf jeden Fall eine Geschichte, die man sein Leben lang erzählen kann“, meint er trocken.
Weitere Funde: Musketenkugel und Flak-Geschoss
Nicht lange, nachdem die Sanierung begonnen hatte, machten er und die Arbeiter den ersten spektakulären Fund: Etliche Granaten aus beiden Weltkriegen lagerten in der Scheune, gut unter Stroh versteckt. Die Folge: Mehrere Polizeieinsätze, bei denen die Waffen entsorgt wurden.
Riesengroß war der Schreck, als die Arbeiter Anfang Juli im Boden der Scheune das Skelett eines laut Polizei 60 bis 80 Jahre alten Mannes ausgruben, der zur Zeit um den Zweiten Weltkrieg Opfer eines Gewaltverbrechens geworden ist und in der Scheune verscharrt wurde. Für Maier begann damit eine Phase großen Rummels: Der grausige, aufsehenerregende Fund war über Tage Stadtgespräch, das Interesse sowohl von Medien als auch Anwohnern war enorm.
„Danach wurde es erstmal ruhiger“, berichtet er gegenüber unserer Redaktion. Zumindest nach außen hin. Denn das Anwesen hielt noch weitere Überraschungen bereit. Vergleichsweise harmlos war da eine historische Musketenkugel aus Blei, die im Garten aufgetaucht ist. „Das Anwesen befindet sich auf historischem Boden. Rund um den Kapellenfriedhof fand 1866 eine große Schlacht aus dem deutsch-deutschen Bruderkrieg statt. Von daher dürfte die Kugel stammen“, hat er recherchiert.
Flak-Geschoss im Dachboden, Arbeiter bricht im Garten ein
Eine ganz andere Nummer hielt der Dachboden des Wohnhauses bereit. „Als wir den Dachstuhl des Haupthauses entkernt haben, haben wir ein Flakgeschoss, vermutlich aus dem Zweiten Weltkrieg, gefunden“, erzählt er. Auch hier gab es wieder einen Polizeieinsatz, um den potenziell gefährlichen Fund zu beseitigen. Ansonsten stießen Arbeiter auf Metaltonnen, die sowohl in der Scheune, als auch im Garten eingegraben waren.
Die im Garten wurde zufällig entdeckt, als der Boden unter einem Arbeiter nachgab und der Mann mit dem Bein einbrach. „Ich bin gespannt, ob da noch etwas im Boden auftaucht“, sagt Maier. Der Knochenfund habe ihn sehr erschreckt, die Waffenfunde findet er inzwischen eher interessant, als erschreckend. „Ich bin oft gefragt worden, ob ich das Haus nach allem wieder verkaufe“, sagt er.
Das hat er nicht vor, er will dort mit seiner Familie nach Abschluss der Arbeiten einziehen. „Wir haben keinen Bezug zu der Person und deshalb kein Problem damit“, sagt er mit Blick auf den Toten. Ansonsten hilft Galgenhumor: „Ich glaube, ich muss den Garten einmal komplett umgraben, dass dort nichts mehr versteckt ist, bevor die Jungs dort Fußball spielen“, sagt Maier.
Gewaltverbrechen zur Zeit des Zweiten Weltkriegs
Lange gab es kaum belastbare Aussagen zu dem Toten. Anhand der ersten Untersuchungen ging die Polizei davon aus, dass es sich um einen älteren Mann gehandelt hat, der als er starb etwa 60 bis 80 Jahre alt war und der schon 30 bis 40 Jahre in der Scheune vergraben sein könnte. Genauere Erkenntnisse versprachen sich die Ermittler von den Experten des Instituts für Rechtsmedizin in München.
Vor wenigen Tagen hat die Polizei Bad Kissingen in der Kriminalstatistik für das Jahr 2022 erste Informationen aus der rechtsmedizinischen Untersuchung veröffentlicht. Demnach ist der Mann um die Zeit des Zweiten Weltkrieges, also vor rund 80 Jahren, Opfer eines Gewaltverbrechens geworden. Es handelt sich um einen Familienangehörigen des damaligen Gebäudeeigentümers. Die genauen Todesumstände könne die Polizei , auch aufgrund der lang zurück liegenden Tatzeit, nicht klären. Personen, die als mutmaßliche Täter in Frage kommen, sind ebenfalls nicht mehr am Leben.
Ermittlungen abgeschlossen
Bisher hat die Polizei sich nicht dazu geäußert, anhand welcher Gründe sie auf ein Gewaltverbrechen schließen. Ebenso gibt es keine konkreten Angaben zur Todesursache des Opfers oder zu einer möglichen Tatwaffe. Weiterhin ist unklar, ob der Tote eindeutig identifiziert ist, oder ob die Ermittler mittels eines DNA-Abgleichs ausschließlich wissen, dass ein Verwandtschaftsverhältnis bestand. Ebenfalls nicht öffentlich ist, ob die Ermittlungen nun abgeschlossen sind.
Unsere Redaktion hat sich am Montag mit den oben genannten und weiteren Fragen an das Präsidium in Würzburg gewandt. Das teilte am Dienstag dazu mit, dass der Leichnam zweifelsfrei identifiziert ist. „Abschließende Aussagen zur Todesursache können auch nach der rechtsmedizinischen Untersuchung nicht zweifelsfrei gemacht werden.“ Die Ermittlungen sind abgeschlossen und der Staatsanwaltschaft übergeben worden.
die Klärung hat etwas gedauert, aber tatsächlich hatte sich ein Fehler eingeschlichen: Gefunden wurde ein Flak-Geschoss, kein Geschütz. Der Fehler wurde im Text bereits berichtigt. Vielen Dank für die Hinweise!
Freundliche Grüße,
Simon Snaschel
Redaktion Bad Kissingen
wir klären das und berichtigen ggf. natürlich.
Simon Snaschel
Redaktion Bad Kissingen
Selbst die leichte 2 cm-Flak 30, bzw. 38 aus dem Zweiten Weltkrieg wogen rund eine halbe Tonne, die 12,8 cm-Flak 27 Tonnen.
Keines dieser Geräte wäre so leicht auf einen Dachboden zu transportieren und dort zu verstecken gewesen.