Es ist historisch belegt: Rund vier Millionen Menschen starben in jenem Winter 1932/33, als Stalin in der Ukraine mit scharfen Mitteln eine Hungersnot herbeiführte. Etliche Länder haben diesen "Holodomor" inzwischen als Völkermord eingestuft. Unter anderen Medien berichtete Spiegel Online am 25. November über diesen Genozid.
Der Deutsche Bundestag will am Mittwoch über dieses Thema beraten. Auf Antrag von SPD, Grünen, FDP und CDU/CSU soll dort ein entsprechender Resolutionsentwurf diskutiert und beschlossen werden. In Bad Kissingen halten Ukrainerinnen und Ukrainer am 26. November eine Mahnwache für die Opfer des Holodomors ab.
Jedes Jahr am letzten Samstag im November gehen die Menschen überall auf der Welt auf die Straße, um der zahlreichen Opfer dieser von Menschen gemachten Hungersnot in den 1930er Jahren zu gedenken, sagt die Ukrainerin Olena Albert, die seit 23 Jahren in Bad Kissingen lebt, im Gespräch mit dieser Redaktion.
Ihre Großmutter erzählte ihr öfter von damals, als die Bevölkerung der Ukraine systematisch ausgehungert worden sei. "Die Sowjets kamen in die Häuser und holten dort die letzten Gurkengläser aus den Keller-Regalen", weiß Albert von ihrer Oma.
Die Erzählungen der Großmutter bleiben im Gedächtnis
Die Ukrainerin erzählt von drei Holodomoren, die ihre Großmutter überlebte. Diese fanden, ihren Angaben zufolge, in den Jahren 1921, im Winter 1932/33 und 1947 statt. "Damals gab es auch ein Gesetz, das den Landwirten bei Strafe verbot, das Getreide auf den eigenen Äckern zu ernten." Zu diesem Thema wurde 2016 in der Ukraine sogar ein Film gedreht.
Die Menschen in der Ukraine hätten in den 1920er und 1930er Jahren, aus Angst vor einer durch den Staat repressiv herbeigeführten Hungersnot, stets dafür gesorgt, dass bestimmte Lebensmittel zu Hause in Verstecken immer vorrätig sind. Albert: "Heute leben die Menschen in vielen Ländern im Überfluss und können sich so etwas gar nicht mehr vorstellen."
Das Thema Holodomor ist derzeit umso aktueller, sagt Albert, weil auch Putin momentan versuche, die Kälte des Winters und den Mangel an Lebensmitteln in der Ukraine als "Waffen" im Krieg gegen die Zivilbevölkerung einzusetzen. Ihrer Ansicht nach ist es wichtig, die Geschichte zu kennen, um die Zukunft zu schützen. Albert: "Wir dürfen keine Hungersnot und keinen Völkermord in der Ukraine zulassen."
Am Samstag werden alle Kerzen zum Gedenken entzünden
Ukrainerinnen und Ukrainer, die in Stadt und Landkreis leben, sowie Freunde der Ukraine und alle, denen nicht egal ist, was in der Welt passiert, sind zu der Mahnwache am Samstag eingeladen, sagt Albert. Alle Anwesenden werden dann eine Gedenk-Kerze entzünden. Zusammen mit Pfarrer Roman Sadovyi von der ukrainisch-orthodoxen Kirche in der Diaspora soll ein Gebet gesprochen und so an dieses grausame Verbrechen des 20. Jahrhunderts in der Ukraine erinnert werden.
Treffpunkt: Am Samstag, 26. November, um 17 Uhr an der Wassersäule, Ecke Ludwigstraße/Kurhausstraße, gegenüber der Bäckerei.