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Bad Kissingen
Bad Kissingen: Jetzt heißt's "Vorsicht vor Legionellen!"
Kaum ist die Corona-Pandemie etwas zurückgedrängt, tauchen andere Gefahren auf. Warum Besitzer von Immobilien, welche lange leer standen, nun Wassertests ordern müssen.
Dr. Gero Beckmann, Fachtierarzt für Mikrobiologie, am Mikroskop.
Foto: Manuel Lange | Dr. Gero Beckmann, Fachtierarzt für Mikrobiologie, am Mikroskop.
Isolde Krapf
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:00 Uhr

Die zeitweise strikten staatlichen Beschränkungen während der Corona-Pandemie haben auch im Landkreis Bad Kissingen allen Menschen viel abverlangt. Erfreulich also, dass das gesellschaftliche Leben jetzt im Sommer allmählich wieder in Schwung kommt. Allerdings rückt gerade offenbar ein anderes Problem in den Vordergrund. Zahlreiche Wassersysteme standen lange Zeit still, weil zum Beispiel Schulen und Vereinsheime nicht genutzt wurden oder Pensionen und Hotels länger geschlossen bleiben mussten.

"Das hat Spielweisen für Legionellen eröffnet", sagt Dr. Gero Beckmann, Fachtierarzt für Mikrobiologie am Institut Romeis (Oberthulba). Normalerweise finden bei ständigem Wasserfluss in privaten und öffentlichen Anlagen auch Heißspülungen statt, die Legionellen gar nicht erst entstehen lassen, erklärt Beckmann im Gespräch mit dieser Redaktion. Jetzt waren zahlreiche Heizungen aber lange Zeit komplett heruntergefahren. "Das öffnet den Legionellen Tür und Tor."

Ab bestimmtem Wert gilt Duschverbot

Deshalb finde man aktuell auch in den Laboruntersuchungen mehr dieser pathogenen stäbchenförmigen Bakterien, sagt der Hygieniker, der in seiner täglichen Arbeit mit Legionellen-Tests vertraut ist. Der Gesetzgeber macht Vorgaben, wie ein Wassersystem betrieben werden muss und ab wann der sogenannte Technische Maßnahmenwert überschritten ist.

"Wenn man 10 000 und mehr Legionellen auf 100 Milliliter Wasser in der Wasserprobe findet, muss ein Duschverbot ausgesprochen werden, weil dann eine echte Gesundheitsgefährdung vorliegt", erklärt Beckmann die dann anstehende Dringlichkeit des Handelns. Denn diese Bakterien werden über den Sprühnebel beim Duschen aufgenommen und dringen dann in die Lunge ein.

Jährlich bis zu 5000 Todesfälle

Was kaum bekannt ist: Legionellen im Wasser verursachen jährlich 1500 bis 5000 Todesfälle in Deutschland, weiß der Experte. Die Dunkelziffer sei recht hoch, weil in zahlreichen Fällen eine Legionellose als Todesursache gar nicht erkannt wird, so Beckmann. Oft werde diese Erkrankung als eine atypische Lungenentzündung wahrgenommen, manchmal hätten die Erkrankten ein bisschen Durchfall. Beckmann: "Dann heißt es, der hat sich halt den Magen verdorben." Die Diagnostik gestalte sich schwierig.

So sieht ein Kultur-Abstrich von Legionellen aus der Nähe aus. 
Foto: Archiv Isolde Krapf | So sieht ein Kultur-Abstrich von Legionellen aus der Nähe aus. 

Eine Studie in 256 Landkreisen und kreisfreien Städten habe aber gezeigt, so der Hygieneexperte weiter, dass pro Gebietskörperschaft zwölf Todesfälle auf eine Legionellose zurückzuführen sind. Eine Häufung stellten die Experten der Studie bei älteren Personen fest, aber auch bei Männern zwischen 30 und 50 Jahren. Beckmann: "Die Gründe dafür sind nicht erforscht."

Legionellen-Tests sind in Schwimmbädern, Schulen und Krankenhäusern schon lange verbindlich. Seit Ende 2011, seit die Novellierung der Trinkwasserverordnung in Kraft trat, wurden auch Vermieter gewerblicher Wohneinheiten in die Pflicht genommen, wenn die Gebäude Warmwasseranlagen mit mehr als 400 Litern Volumen haben. Alle drei Jahre müssen die Wassersysteme überprüft werden.

Wasser länger laufen lassen

"Die wenigsten wissen, dass nach einem längeren Stillstand eines Wassersystems mehr zu tun ist", sagt Beckmann und denkt zum Beispiel auch an die Besitzer von Ferienwohnungen, Zweitwohnsitzen oder kleineren Pensionen. Bevor man dort wieder einzieht, sollten die Besitzer das Wasser bei 60 Grad mindestens zehn Minuten lang und bei 70 Grad mindestens drei Minuten lang laufen lassen, rät der Experte. Je älter das Haus ist, desto öfter sollte man dies tun, wenn das Wassersystem länger stillsteht.

In den Wasserproben, die er im Institut untersucht, stellt Beckmann bereits eine leichte Zunahme von Legionellen fest. Weil 2021 auch für viele die zur Untersuchung vorgeschriebene Dreijahresfrist endet, glaubt er, dass noch mehr Proben kommen könnten, die mit Legionellen behaftet sind. Die meisten Häuser reichen diese Proben dann von sich aus ein. "Aber wir erinnern die Besitzer solcher Immobilien auch daran."

 
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