Für Hilla Schütze ist ihre aktuelle Sonderausstellung im Museum Obere Saline nicht irgendeine. Sie zeigt unter den gut 40 Exponaten auch jenes, mit der ihre Sammelleidenschaft überhaupt begonnen hat. Dazu hat die 82-Jährige eine besonders emotionale Beziehung.
Es ist ein Kutschpferd aus Holz mit einem Anhänger aus Peddigrohr. "Damit hat mein Vater gespielt", erinnert sich Schütze. Nachdem er im Krieg gefallen war, sei es zu einer Art Talisman für die Familie geworden. Später stellte die Sammlerin allerhand Forschungen um das Pferd an. Sie hatte nämlich herausgefunden, dass das Pferd aus Sandberg stammt.
Aufsehen bis nach Brüssel
Gefertigt worden ist es um das Jahr 1912, kurz vor dem Ende der dortigen Spielzeugproduktion. Diese hatte auch bei überregionalen Ausstellungen bis nach Brüssel für Aufsehen gesorgte. Zwischenzeitlich war dieses Stück Sandberger Wirtschaftslebens fast in Vergessenheit geraten. Hilla Schütze hat sie wiederbelebt. Dank ihrer Erkenntnisse steht in Sandberg seit ein paar Jahren auch eine Vitrine mit Schnitzereien von dort.
In Vergessenheit geraten war auch Friedrich Meinel, der Hauptakteur dieser Rhöner Erfolgsgeschichte. Er hatte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunächst in Bad Kissingen niedergelassen.
Zwei Jahre geforscht
Rund zwei Jahre forschte Hilla Schütze über den Geschäftsmann und verfasste eine Arbeit unter dem Titel "Weiße Pferde der Rhön". Wegen ihrer wertvollen Erkenntnisse veröffentlichte sie das Museum in Seiffen (Erzgebirge) sogar im Internet. Von dort stammen weltweit bekannte Schnitzereien.
"Ich hatte schon immer eine Leidenschaft für Pferde", sagt Hilla Schütze zum Umfang ihrer Sammlung. Darin enthalten ist auch Miniatur-Pferdefuhrwerk aus Thüringen, dass sie zu Demonstrationszwecken eigenhändig mit Zitterpappelholz beladen hat. Die Symbolik dahinter erklärt sie bei Führungen durch die Sondersausstellung: Die Rhöner Holzpferde, und damit auch jenes ihres verstorbenen Vaters, ist eben aus solchem weißen Pappelholz geschnitzt.
Räder- und Steckenpferde
Doch über solch regionale Betrachtungen hinaus ist die Sonderausstellung auch international aufgestellt. Entsprechend der großen Bedeutung des Pferdes und des Reitens in früheren Zeiten gehören Pferdefiguren zu den ältesten bekannten Spielgeräten. Räderpferdchen, Schaukelpferde und Steckenpferde sind bis heute bei Kindern beliebt.
Das einfachste und vielseitigste Spielzeug darunter ist das Steckenpferd, dessen Name noch heute allgemein ein Hobby oder eine spielerische Leidenschaft bezeichnet. Bereits im Alten Ägypten und Griechenland vermutet man Stecken mit Pferdeköpfen. Im Mittelalter war das Steckenpferd schon ein vertrautes Spielzeug.
Aufgemaltes Zaumzeug
Es ist in Miniaturmalereien in kirchlichen Büchern und auf Holzschnitten des 15. und 16. Jahrhunderts dargestellt. Die Schaukel- oder Wiegenpferde sind sehr wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Herstellung von Holzpferden für Pferdekarussells entstanden. Die ältesten Schaukelpferdchen sind aus dem frühen 17. Jahrhundert bekannt. Kleine bis mittelgroße, nicht zum Reiten gedachte Spielzeugpferde gab es zu allen Zeiten und in vielen Qualitäten, meist aus Holz oder Pappmache.
Sie waren als Braune, Rappen, Schimmel oder Apfelschimmel bemalt. Zaumzeug und Sattel wurden manchmal nur aufgemalt oder aus Papier aufgeklebt. Diese Pferdchen waren zum Aufstellen, Nachziehen oder auch als Zugpferde für die verschiedensten Fuhrwerke gemacht. Die Spielzeugpferde aus der Sammlung Hilla Schütze, die in der Sonderschau gezeigt werden, sind überwiegend in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden.
Als Geschenk überlassen
Spielzeug- und Kinderbuch-Sammlerin Hilla Schütze hat die Exponate dem Museum als Geschenk überlassen. Aus dem großen Fundus der Sammlung, die nur in Teilen in der ständigen Spielzeugausstellung gezeigt werden kann, werden regelmäßig verschiedene Spielsachen gezeigt, die ansonsten nicht zu sehen sind.
Die aktuelle Sonderschau ist noch bis zum 31. Oktober zu sehen. Das Museum ist Mittwoch bis Samstag, jeweils 14 bis 17 Uhr, geöffnet.