
Gegen sechs Uhr morgens per Bus zum Beispiel von Motten nach Bad Brückenau, von Wartmannsroth nach Zeitlofs oder von Poppenlauer nach Großenbrach zum Ausbildungsbetrieb zu starten, ist für junge Leute ein schwieriges Unterfangen. Denn auf dem flachen Land ist der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) meist auf die Hauptachsen konzentriert, weil die Nachfrage nach Querverbindungen, das heißt hin zu den kleinen Ortschaften, nun mal geringer ist. Wer eine Ausbildung beginnt, hat zudem oft noch keinen Führerschein. Meist sind dann die Eltern als Chauffeure gefragt.
Schon 2019 diskutierte man im Kreistag deshalb über die Einrichtung eines Azubi-Shuttle. Doch wie soll das gehen? Wer fährt da überhaupt mit? Und was kostet das? Weil der Nahverkehrsplan sowieso überarbeitet werden musste, lag es für den Landkreis nahe, die kobra Nahverkehrsservice GmbH (Kassel) gleich noch mit zu beauftragen, auch ein Konzept zur besseren Erreichbarkeit der Ausbildungsorte zu entwickeln.
450 Fragebögen verteilt
Dazu wurde schon Anfang 2020 eine Umfrage gestartet. 450 Fragebögen waren unter anderem an Ausbildungsbetriebe, an die Handwerkskammer, an die Pflegeschulen und Labore im Landkreis gegangen, um den Bedarf bei den dort beschäftigten Auszubildenden festzustellen. Dabei wurden die Arbeitszeiten abgefragt, die Art und Weise, wie die jungen Leute zu ihren Arbeitsstätten gelangen und ob sie sich einen Shuttle-Service wünschen.

238 Fragebögen kamen zurück, in denen Interesse an einem Shuttle angemeldet wurde. Die Auswertung ergab 62 unterschiedliche Pendelbeziehungen im Landkreis. Weil inzwischen ein paar der Azubis die Ausbildung beendet haben oder dann doch nicht mehr am Shuttle interessiert waren, blieben letztendlich 36 junge Leute übrig, die gern früh mit dem Bus zu ihrem Betrieb fahren würden.
Drei Betreiber-Modelle vorgestellt
Nach den Vorstellungen der kobra GmbH könnte die Shuttle-Idee so aussehen: Die Azubis werden vom Wohnort abgeholt und abends wieder heim gefahren. Der Shuttle sammelt mehrere junge Leute ein und bringt sie direkt zu ihren Ausbildungsbetrieben, wobei die Wartezeit dort zwischen Ankunft und Arbeitsbeginn nicht länger als 15 Minuten betragen soll. Der Shuttle soll keine unnötigen Umwege fahren und im Vergleich zum privaten Pkw konkurrenzfähig sein, was die Fahrzeit angeht.
Die Nahverkehrsservice GmbH stellt in ihrem Konzept drei Betreiber-Modelle dieses Shuttle vor: Zum einen den Betrieb durch den Landkreis, wobei der Kreis dann selbst Kleinfahrzeuge beschaffen, Personal einstellen und die Touren planen müsste. Bei den jährlichen Kosten für die Fahrleistung müsste man mit rund 185 000 Euro rechnen. Zum zweiten wurde ein Mietwagenmodell vorgestellt: Der Landkreis würde die Fahrten bei einem Unternehmen bestellen, welches die Touren plant. Würde man 36 Personen befördern, kämen, laut kobra, jährlich etwa 180 000 Euro Kosten zusammen.

Betriebe an den Kosten beteiligen?
Die kostenintensivste Variante ist die Einbindung des Azubi-Shuttle in den ÖPNV, aber immerhin gäbe es hier Fördermittel des Freistaats, hieß es im Ausschuss. Allein die Fahrleistung würde jährlich zwar 350 000 Euro kosten. Bei einer Förderung von maximal 40 Prozent blieben 210 000 Euro Kosten für den Landkreis übrig.
Vielleicht könnte man die Ausbildungsbetriebe an den Ausgaben beteiligen, brachte Landrat Thomas Bold in die Diskussion ein. CSU-Kreisrätin Karin Renner fand die Modelle teuer, war aber dafür, dass man eines davon umsetzen sollte. Für den CSU-Fraktionsvorsitzenden Siegfried Erhard waren die dargelegten Kosten "ein Schlag in den Magen".
Mitfahrzentrale per App initiieren
Seiner Ansicht nach sei es nicht realisierbar, für 36 Personen soviel Geld auszugeben. Man könne aber die jungen Leute auch nicht an den Kosten beteiligen, da sie selbst wenig verdienten. Erhard plädierte, wie zuvor bereits Landrat Bold, dafür, den Nahverkehrsplan zu verdichten und Fahrmöglichkeiten für die jungen Leute mit einzubauen.
Paula Vogler (CSU) überlegte, das Problem privat und in den Betrieben zu lösen. Vielleicht könnten sich die Leute früh gegenseitig daheim abholen und man könnte das dann bezuschussen? Auch Waldemar Bug (ÖDP) wollte das Projekt nicht "in die Tonne werfen". Er wies darauf hin, dass die Gemeinden Carsharing-Angebote machen könnten (Burkardroth bietet so etwas bereits an). Landrat Bold brachte zudem eine praktikable App ins Spiel, mit der man für die Azubis eine Art Mitfahrzentrale initiieren könnte.