In der bayerischen Agrarpolitik sollen künftig die Anstrengungen zu Tierwohl, Biodiversität , Ressourcen-Schutz, Klimawandel sowie Digitalisierung intensiviert werden, heißt es im Kabinettsbeschluss vom 7. Juli. Man setze nun verstärkt auf "Qualitätsproduktion statt Größenwachstum". Demzufolge müssten die regionalen Strukturen der Landwirtschaftsverwaltung jetzt an diese neuen Herausforderungen angepasst werden, so der Beschluss. Und weiter: "In Umsetzung des Versöhnungsgedankens aus dem Volksbegehren Artenschutz soll die Landwirtschaft noch mehr in die Mitte der Gesellschaft rücken."
"Überrascht hat uns der Beschluss des Freistaats nicht, denn da war schon länger was im Busch", sagt Stefan Fella, stellvertretender Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Seit 1991, als er in den Staatsdienst kam, habe es etliche Reformen gegeben. Bereits 1997 wurden Ämter-Standorte unter einer Leitung zusammengelegt, sagt Fella. Darunter waren auch die Häuser in Bad Neustadt und Bad Kissingen .
So genommen gibt es in Bad Neustadt/ Bad Kissingen bereits eines dieser jetzt neu propagierten Verbundämter unter einer Gesamtleitung, so der stellvertretende Behördenleiter . Während der Aufgaben-Schwerpunkt in Bad Kissingen auf der Forstwirtschaft liegt, ist der Fokus in der Bad Neustädter Behörde auf die Landwirtschaft gerichtet. Das hat natürliche Gründe, sagt der Bereichsleiter Landwirtschaft . Denn der Landkreis Rhön-Grabfeld hat - vornehmlich in einem Gürtel von Land Richtung Bad Königshofen - mehr landwirtschaftliche Flächen aufzuweisen als der Bad Kissinger, in dem hingegen die Waldfläche größer ist.
Mehr Äcker im Landkreis Rhön-Grabfeld
Zwar haben beide Landkreise zusammen annähernd gleich viel Landwirtschafts- und Forstflächen zu bieten, nämlich insgesamt 90 000 Hektar Äcker und Wiesen sowie rund 92 000 Hektar Wald, erklärt Fella den Stand der Ding mit Zahlenmaterial aus 2017. Doch mit 52 200 Hektar landwirtschaftlichen Areals ist der Landkreis Rhön-Grabfeld weitaus üppiger ausgestattet als die Nachbarregion (39 300 Hektar).
Von den letztgenannten Zahlen kann man, laut Fella, jeweils 13 000 Hektar Wiesen pro Landkreis abziehen. Reines Ackerland erstreckt sich dann im Grabfeld-Landkreis auf rund 39 200 Hektar Fläche, im Kissinger Landkreis auf 26 300 Hektar Boden.
Weniger Landwirte zu betreuen
Die Aufgabenstellung für die Behörde habe sich in den vergangenen 25 Jahren stark verändert, vor allem auch wegen des allgemeinen Strukturwandels in der Landwirtschaft . Während er früher 36 000 Landwirte zu betreuen hatte, die Anträge auf Ausgleichszahlungen stellten, sind es inzwischen nur noch 12 000, gibt Fella ein Beispiel.
Zudem habe der Einzug der modernen Technik dazu geführt, dass ein Großteil der landwirtschaftlichen Produktion industrialisiert wurde. Wer sich das alles nicht leisten konnte oder sowieso nur einen kleinen Betrieb hatte, habe irgendwann aufgegeben, so Fella weiter. Denn die Auflagen, zum Beispiel bei der Tierhaltung, seien inzwischen enorm hoch - und das koste eben alles auch Geld.
Der Klimawandel wirkt sich aus
"Wir spüren zudem den Klimawandel", sagt Fella und nennt ein Beispiel. Früher habe man die Landwirte stets auch in Sachen Düngung der Felder beraten. "Aber man kann nicht düngen, wenn es in einem extrem heißen Sommer überhaupt nicht geregnet hat, weil sich der Dünger in der Erde nicht mit Grundwasser verdünnt."
Apropos Beratung: Seit dem Jahr 2000 darf die Behörde die Landwirte produktionstechnisch nicht mehr beraten, sagt der Bereichsleiter. Dafür seien jetzt Verbände und Erzeugerringe zuständig. "Wir sind nur in der Produktionstechnik gefragt, wenn beispielsweise das Tierwohl gefährdet ist, wenn Schädlinge im Mais oder Raps festgestellt werden oder wenn die Politik ein Dürre-Hilfsprogramm auflegt." Diese Aufgaben sollen aber jetzt verstärkt in den Vordergrund treten.
Die E-Akte hat ihre Tücken
Dass in der Behörde inzwischen alles auf Computererfassung umgestellt ist, sieht Fella mit einem lachenden und einem weinenden Auge. "Seit Januar 2020 haben wir sogar die elektronische Akte eingeführt." Freilich könne man nun alles feinsäuberlich abspeichern und bei Bedarf aufrufen. Weil aber nicht jeder Landwirt technik-affin ist, sei der Umgang mit Anträgen dann auch schwierig zu bewerkstelligen. "Es ist dann oft so, dass der Landwirt uns den Antrag in Papierform bringt. Wir scannen ihn ein und drucken ihm die Antwort wieder aus", erklärt Fella schmunzelnd die digitale Arbeitsweise.
Was den Wald in beiden Landkreisen angeht, ist Amtschef Oliver Kröner der Experte. Auch die Aufgabenstellungen im Forstbereich haben, seinen Angaben zufolge, in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen. Denn der Klimawandel habe sich inzwischen zu einer "Klima-Krise" entwickelt. Die ausgesprochen trockenen Sommer 2015, 2018 und 2019 hätten zu starken Schäden am Baumbestand geführt: "Wir sehen nun zahlreiche abgestorbene Fichten, Kiefern, und inzwischen auch Buchen." Hinzu komme der starke Befall der Bäume mit Schädlingen.
Den Wald zukunftsfähig machen
"Wir müssen die Wälder wieder zukunftsfähig machen", sagt Kröner auch mit dem Hinweis auf die wirtschaftliche Seite. Denn schließlich gibt es zahlreiche Privatwaldbesitzer, die jetzt schon starke Einbußen verzeichnen, weil sie zahlreiche Bäume verloren. Zwar gab es dieses Jahr etwas mehr Regen und "gedämpfte Temperaturen", so der Behördenleiter weiter, aber vermutlich setze sich der Klimawandel in den kommenden Jahren fort.
Was die Neuausrichtung der bayerischen Agrarpolitik angeht, liege der Fokus hier jedoch auf der Landwirtschaft , sagt Kröner. Während es im Jahr 2011 noch wichtig war, innerhalb Bayerns bestimmte Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten als regionale Fachzentren, beispielsweise für Schweine- oder Rinderhaltung oder für Agrar-Ökologie auszuweisen, will man nun den Weg in die andere Richtung einschlagen, sagt Kröner. "Jedes Amt soll jetzt wieder seine Kernaufgaben vor Ort wahrnehmen." Isolde Krapf