Es gibt viele Gründe, warum der Tag des offenen Denkmals in Bad Kissingen regelmäßig guten Zuspruch beim Publikum erzielt. Die beiden einfachsten sind: Die Stadt hat viel Substanz und sie nimmt regelmäßig teil. Kissingen hält der bundesweiten Veranstaltungsreihe praktisch seit Anbeginn die Treue. Diesmal kam vermutlich hinzu, dass der Tag des offenen Denkmals gerne besondere Gelegenheiten bietet. Da darf man oftmals Objekte besichtigen, die sonst nicht zugänglich sind. Heuer passten zwei der drei vorgestellten Bauten in diese Kategorie.
Das 1910 als Mietshaus errichtete Anwesen Hartmannstraße 26 ist ein gutes Beispiel für diesen Effekt. Es lockte am Sonntag bereits am Vormittag mehr Menschen mit Interesse an Kissinger Geschichten und Kissinger Baugeschichte an als die Veranstalter gedacht hatten. Und die Erwartungen der Zuhörer wurden nicht enttäuscht. Stadtheimatpfleger Peter Kaidel berichtete von einem Anwesen, das ein ziemlich bewegtes Leben hinter sich hat. 1910 als Mietshaus für gehobenes Bürgertum entstanden und mit einer Fassade ausgestattet, die großstädtischen Ansprüchen genügt, wurde es in den ersten Jahrzehnten beständig gehobenen Ansprüchen gerecht.
Möglicherweise war das auch ein Grund, dass es, wie Kaidel berichtete, während des Nationalsozialismus als eine Art braunes Haus galt, soll heißen, als eines, in dem Nazigrößen wohnten. Nach dem Zweiten Weltkrieg habe es sich bei dem aus Vorderhaus und Hinterhaus bestehenden Anwesen eher um das gehandelt, was man heute vielleicht einen sozialen Brennpunkt nennen würde. Unter anderem hätten dort Damen gewohnt, sagte Kaidel, die regelmäßig zahlende Gäste aus der nicht weit entfernten US-Kaserne empfingen. Seinerzeit habe es dort 41 Parteien gegeben. Jetzt sind es 28 Wohnungen, sie sind vielfach im Eigentum der Bewohner.
Als das Anwesen Anfang der 1980-er Jahre grundlegend saniert und erneuert wurde, habe sich der Charakter der Nutzung gedreht. Der nun wieder hergestellte gutbürgerliche Charakter ist nicht nur den Wohnungen anzusehen – eine durften die Besucher sogar besichtigen. Zu erkennen ist das auch an anspruchsvollen Wandmalereien im Treppenhaus.
Das städtische Anwesen Maxstraße 18, Neues Schloss genannt, ist kürzlich erst saniert worden. Genau genommen sind nach Angaben des städtischen Bediensteten Frank Petzold, der die Besucher dort führte, die Arbeiten noch gar nicht ganz abgeschlossen. Erneuert, beziehungsweise saniert worden sind nach Petzolds Angaben allerdings nur Dach und Fassade. Den finanziellen Aufwand dafür bezifferte er mit 525 000 Euro.
Entstanden ist das Anwesen 1908, also zur Zeit des Jugendstils. Gestalterisch, sagte Petzold, sei es aber eher dem Historismus verpflichtet. Man spreche hier von barockisierendem Jugendstil. Gebaut worden ist das Neue Schloss nach Angaben der Stadt aus rein wirtschaftlichen Gründen und zwar als Mietshaus. Heute ist die Nutzung gemischt. Abteilungen der Stadtverwaltungen finden sich ebenso in dem in den Dreißiger Jahren von der Stadt zum sogenannten neuen Rathaus hinzu erworbenen Gebäude, wie ein Atelier, Mietwohnungen und ein Geschäft.
Modern(e): Umbrüche in Kunst und Architektur lautete in diesem Jahr das Thema beim Tag des offenen Denkmals. Am besten gerecht wurde dem die Wandelhalle, die im Gegensatz zu den beiden Mietshäusern aber jeden Tag zugänglich ist. Errichtet worden ist der Ersatz für Friedrich von Gärtners Eisernen Brunnenpavillon von dem Münchner Architekten Max Littmann, einem Pionier des Stahlbetonbaus. Erwin Full vom Staatlichen Bauamt berichtete bei seiner Führungen nicht nur davon, sondern auch von den besonderen Herausforderungen, die sich bei der Sanierung zur Jahrtausendwende ergaben.
Errichtet worden seien Wandelhalle und Brunnenhalle um 1910 herum von Littmann in acht Monaten Bauzeit mit Kosten von 740 000 Reichsmark. Die Sanierung rund 90 Jahre später habe 15 Monate gedauert und 13 Millionen DM gekostet.