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WÜRZBURG
Warum politische Populisten antidemokratisch sind
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 15.12.2020 17:34 Uhr

Indes ist unstrittig, dass er in der letzten Dekade stark an Präsenz gewonnen hat, auf rechter wie auf linker Seite (Beispiel Hugo Chavez in Venezuela). Die österreichische Journalistin Nina Horaczek hat die rechtspopulistische Szene in ihrem Land seit Jahren beobachtet und beschreibt für die FPÖ – in ihrer Einschätzung eine Partei der extremen Rechten – ein Muster, das in Deutschland auch für die AfD zutrifft: „Sie müssen immerzu Angst verbreiten. Davon leben diese Parteien.“ So werde mit der Warnung von einer „Zwangsislamisierung“ ein demagogisches Bedrohungsszenario aufgebaut, statt konstruktive Lösungsansätze anzubieten.

Warum sind Rechtspopulisten auch in Deutschland so erstarkt?

Aber genau darauf legen Populisten keinen Wert. Stattdessen werde versucht, die wahren Absichten auch verbal zu verschleiern. Zu diesem Befund kommt Dr. Derya Gür-Seker, Sprachwissenschaftlerin an der Uni Duisburg-Essen. Sie hat Rhetorik und Sprache von Rechtspopulisten untersucht und brachte ein Beispiel in die Diskussion ein: die verharmlosende Formulierung „Remigration“ für die Forderung nach Abschiebungen.

Einer, der die Auseinandersetzung mit Populismus sowohl aus der politischen Bildungsarbeit wie auch aus dem aktiven Politikbetrieb kennt, ist der SPD-Landtagsabgeordnete und frühere Würzburger Oberbürgermeister Georg Rosenthal. Für den Aufstieg der Rechtspopulisten in Deutschland macht er einerseits eine soziale Schieflage verantwortlich, in der ein Teil der Gesellschaft abgehängt worden sei. Zum anderen vermisst er eine intensive Debatte über Veränderungen und wichtige Zukunftsfragen – eine Debatte mit Argumenten statt mit Stimmungen.

Rosenthal meint Versäumnisse im zivilgesellschaftlichen Prozess zu erkennen: „Möglicherweise haben wir nicht genug und nicht rechtzeitig informiert.“ Die Bürger seien nicht auf die Veränderungen (Stichwort Integration) vorbereitet worden, „das müssen wir nachholen“. Ergo: Mehr Geld in die Bildung stecken, „sonst fliegt uns die Gesellschaft um die Ohren.“

"Populisten nicht ausschließen, sondern mit ihnen diskutieren"

Politikwissenschaftler Müller will Populisten mit ihrem Wahrheitsmonopol nicht hinterherlaufen. Aber sie vom öffentlichen Diskurs auszuschließen, wäre aus seiner Sicht ein großer strategischer Fehler, der die „Erzählung der Populisten“ von der Tabuisierung und Ausgrenzung durch Eliten nur bestätigt. Journalistin Horaczek spricht in diesem Zusammenhang von einem „Opfermythos“ der FPÖ.

Müllers Rat: Mit Argumenten diskutieren, aber genauso rote Linien aufzeigen, wo durch Unterstellungen, Verleumdungen oder Verschwörungstheorien das demokratische Spielfeld verlassen wird. Durch ihren Alleinvertretungsanspruch und ihr Ausschlussprinzip gegenüber Andersdenkenden hält der Politologe die populistischen Bewegungen für antipluralistisch und deshalb „der Tendenz nach immer antidemokratisch“. Die Ausformungen in Deutschland seien noch nicht verfestigt, vieles noch umkehrbar. „Wir leben in einer entscheidenden Zeit.“

Die Podiumsrunde war der Auftakt zum Projekt „Eine Uni – ein Buch“. In Vorträgen, Filmen, Aktionen und Diskussionsrunden befasst sich die Universität in diesem Wintersemester mit dem Phänomen des Populismus.

 
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