Wie lässt sich nüchtern beschreiben, was manchmal nur „die Sache“ genannt wird, über die man nicht spricht? Grausamkeit in jedem Satz. Aus jedem Wort ein Schrei, jede Zeile voller blankem Schmerz und Leid. Die nackte Schilderung geht so: Ein Mädchen wird verstümmelt. Weil seine Familie es so will. Mutter und Großmutter, Nachbarinnen und Tanten kommen zusammen, eine fremde Frau wird geholt. Das Mädchen wird festgehalten, die Frau nimmt eine Rasierklinge, eine Glasscherbe, einen Blechdosendeckel, ein Messer und setzt an. Manchmal wird dem Mädchen bei vollem Bewusstsein nur die Klitorisvorhaut abgeschnitten, meist die ganze Klitoris. Und dann die Schamlippen, innen und außen. Ohne Narkose, in einem Hinterzimmer, in einer Hütte, auf dem Fußboden, irgendwo. Bei der schwersten, der „pharaonischen“ Form wird dem Mädchen danach die Vagina verschlossen. Die Frau, die gut bezahlt wird, näht die Wunde zu oder klemmt sie mit Akaziendornen zusammen. Nur ein hineingesteckter Strohhalm oder kleiner Ast lässt ein winziges Loch. Damit Urin oder Menstruationsblut noch abfließen können.
WÜRZBURG
Verstümmelt nicht! Rüdiger Nehberg und die unfassbare Sache
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