Dass ein Bürgermeister plötzlich länger ausfällt, das kommt nicht häufig vor. Im Markt Randersacker ist genau das mit der vorläufigen Amtsenthebung von Bürgermeister Dietmar Vogel (UWG) durch die Landesanwaltschaft jetzt aber geschehen.
Der Grund: Vogel hatte sich als Bürgermeister für die Jahre 2012 und 2013 Jahresurlaub, den er nicht genommen hatte, widerrechtlich auszahlen lassen. Im Landkreis gab es laut Juliane Selsam, Geschäftsbereichsleiterin Kommunales, „so weit wir das nachprüfen konnten, noch kein Disziplinarverfahren, in dem eine vorläufige Dienstenthebung verfügt wurde.“ Eine neue Situation also auch für die übergeordnete Behörde.
Monika Kirschbaum (SPD) ist erste Stellvertreterin Vogels. Gerade mal ein Jahr als ehrenamtliche zweite Bürgermeisterin im Amt, hat sie jetzt alle Hände voll zu tun, um zu meistern, was da auf sie einströmt. Sie hat handfeste Probleme zu lösen: Wie beispielsweise, dass sie bei ihrem Arbeitgeber eine langfristige Beurlaubung oder Arbeitsbefreiung beantragen müsste. Denn bis eine endgültige Entscheidung über Vogels Zukunft als Bürgermeister gefallen ist, können gut und gerne ein bis zwei Jahre ins Land gehen.
Der zweite Bürgermeisterstellvertreter, Oliver Liedtke, erklärt hierzu: „Nun lässt die Landesanwaltschaft das dienstrechtliche Verfahren ruhen und wartet auf die Ergebnisse der Staatsanwaltschaft, gegebenenfalls auf ein Strafurteil. Erst dann wird die Landesanwaltschaft wieder tätig. Bis dahin wird Bürgermeister Dietmar Vogel vertreten.“
Dabei ist noch etwas völlige unklar: Wie die (oder der) Stellvertreter entlohnt wird, wenn er den Vollzeitjob eines hauptamtlichen Bürgermeisters übernimmt. Beschlossen hat die Gemeinde beim Amtsantritt der ehrenamtlichen Bürgermeistervertreter Aufwandspauschalen: 216 Euro monatlich für Kirschbaum, 142 Euro für Liedtke. Und ansonsten zusätzlich 25 Euro pro Tag, wenn sie während einer Vertretung ihr übliches Arbeitnehmergehalt weiter beziehen. Als Selbstständige könnten 15 Euro pro Stunde abrechnen, maximal 100 Euro am Tag. Das mag für wenige Wochen Urlaubsvertretung angemessen sein. Aber genügt es für ein möglicherweise jahrelanges Einspringen in einem Vollzeitjob? Und: Niemand wird ein bis zwei Jahre Gehalt von seinem Arbeitgeber weiter beziehen, ohne zu arbeiten. Natürlich kann der Gemeinderat neue Pauschalen beschließen. Das hieße aber auch, Randersacker müsste diese Besoldung zusätzlich zum Gehalt des suspendierten Bürgermeisters zahlen.
Auch innerhalb der Verwaltung gibt es Abläufe zu regeln und umzuorganisieren. Da sind zum Beispiel die Hochzeiten. Neben Kirschbaum und Vogel gibt es noch eine weitere Standesbeamtin, allerdings nur in Teilzeit. Wer soll und kann also künftig anstehende Hochzeiten übernehmen? Ein lösbares Problem – aber nur eines von vielen, die Kirschbaum und die Gemeindeverwaltung nun bewältigen müssen. Ganz abgesehen davon, dass die Ersatz-Bürgermeisterin, bislang halbtags arbeitet, jetzt rund um die Uhr ran muss – und das ohne sich freiwillig dafür entschieden zu haben .
Ein Lichtblick am Horizont sind Hilfsangebote, die Kirschbaum bekommt. Wie etwa vom Landratsamt: „Wie Frau Kirschbaum die Geschäfte als zweite Bürgermeisterin wahrnehmen wird, werden wir mit ihr besprechen und sie entsprechend beratend unterstützend“, sagt Selsam. Auch Bürgermeister Stefan Wolfshörndl (SPD) aus dem benachbarten Gerbrunn sicherte ihr Hilfe zu. Sie könne auch weiterhin auf die traditionell gute Zusammenarbeit der beiden Kommunen bauen. Beispielsweise bei Engpässen im Standesamt.
Ab der zweiten Juniwoche hat Kirschbaum erst einmal Pause. Dann springt der zweite Stellvertreter Oliver Lietdke ein. Als Vorsitzender der Lindelbacher Liste versichert er, dass die Arbeit im Rathaus während Vogels Suspendierung professionell und ohne Schwierigkeiten ablaufen werde. Er bittet, „alle um einen fairen Umgang mit Herrn Vogel und vor allem einen respektvollen Umgang mit seiner Familie“.
Für die UWG schreibt Michael Rost: „Für die Gemeinde stehen verschiedene wichtige Entscheidungen in komplexen Fragen an. Die für uns völlig unerwartete Nachricht von der sofortigen vorläufigen Suspendierung von Herrn Vogel, ohne die Möglichkeit der Vorbereitung seitens der Betroffenen und der Gemeinde, war sicherlich keine glückliche Entscheidung.“ Weniger überrascht zeigt sich hingegen Matthias Henneberger, Fraktionssprecher der ÖDP: „Nach den uns bekannten Informationen war dieser Schritt zu erwarten. Wir hoffen auf eine möglichst zeitnahe Aufarbeitung, zum Wohle Randersackers, da eine jahrelange Hängepartie für Niemanden von Interesse sein kann.“
„In vergleichbaren Fällen hat der Bürgermeister meist durch Rücktritt die Konsequenzen gezogen und damit sich und die Gemeinde vor weiterem Imageschaden bewahrt“, teilte Bruno Schmitt, stellvertretender CSU-Fraktionssprecher mit.