Deine Neigung zu malen, kam schon als Kind zum Ausdruck. Im Krieg habe ich wegen des Papiermangels deshalb überall bei Bekannten alte Hefte und alte Rechnungen gesammelt, damit Du auf der Rückseite malen konntest. Die Ränder vergilbter Zeitungen hast Du bis zum letzten Zentimeter mit kleinen Zeichnungen geschmückt. Du hast mir viel Freude bereitet, unzählige Blumensträußchen gepflückt, und weil Du sehr wissbegierig warst – und ich gerne Lehrerin geworden wäre – habe ich Dir schon mit fünf Jahren Lesen und Schreiben beigebracht. Wie gerne hätte ich mehr Bücher gekauft, um Deinen Lesehunger stillen zu können, aber dafür fehlte lange Jahre das Geld.
Als schließlich 1945 der große Bombenangriff auf Schweinfurt bevorstand, lief ich zu Fuß von Obertheres, wohin wir ausgelagert waren, nach Schweinfurt und holte Dich auf eigene Faust mit einem auf Schleichwegen beschafften Kanister Benzin für den Krankentransport aus der Kinderstation des Städtischen Krankenhauses und aus der bedrohten Stadt heraus. Wir waren der letzte Wagen, der die Stadtgrenze noch passieren durfte, bevor endgültig hinter uns der Schlagbaum fiel.