Nowitzkis Bodenhaftung und der nie verloren gegangene Respekt ist das, was Vater Jörg schätzt: „Nicht die Erfolge sind es, die Dirk ausmachen, sondern die Tatsache, dass er das geblieben ist, was er einmal war.“ Dass sich der 2,13-Meter-Sohnemann einen Kindheitstraum erfüllt hat, fiel Mutter Helga schwer: „Es war sehr hart für uns, als er alleine da rüber gegangen ist. Aber wir wollten ihm nicht im Weg stehen.“ Dass sich Helga Nowitzki so öffnet, bisweilen schluckt, wenn sie über „unseren Dirk“ spricht, ist ebenfalls neu. Sie hält sich zurück, in der Öffentlichkeit spricht sonst nur ihr Mann über den Sohn. Für den Film aber hat sich die Mama überreden lassen und sitzt in der Essecke des Heidingsfelder Hauses vor der Kamera. „Das Beste, was Dirk je passieren konnte“, sagt sie – und meint seine Frau Jessica. Spätestens da ist der Streifen auch etwas für Leute, die nicht so viel mit Basketball am Hut haben. Es menschelt.
Auch, weil nicht alles im Leben des Dirk Nowitzki perfekt gelaufen ist. Dass er mit Cristal Taylor einer Heiratsschwindlerin aufgesessen ist, hat der Basketballer lange nicht verkraftet. Es sei seine erste große Entscheidung gewesen, die er ganz alleine getroffen hat. Sie war falsch, kurz vor der Hochzeit flog der Schwindel auf. Verarbeitet hat er das mit Holger Geschwindner – mehrere Wochen waren sie mit dem Jeep in Neuseeland unterwegs. Gelitten hat Nowitzki lange, seine neue Freundin Jessica Olsson hat er den Eltern anfangs gar verheimlicht. „Ich war mit einem Kumpel bei Dirk, wir wollten am Nachmittag zusammen Tennis spielen. Und ich habe nach dem vierten Mann gefragt“, sagt Vater Jörg. „Der Dirk hat nur gesagt, sein Tennispartner würde noch kommen.“ Es war die Schwedin mit kenianischen Wurzeln: „Eine Traumfrau“, sagt auch der Vater.
Der Film klammert auch die Steueraffäre um Geschwinder nicht aus, zeigt Bilder vom Prozess in Hof. Am Ende ist es eine Haftstrafe, ausgesetzt zur Bewährung, zu der der Mentor verurteilt wird, weil er dem Fiskus Einkünfte verschwiegen hat. „Ein Unding, dass er zwei, drei Jahre lange einfach keine Steuererklärung abgibt“, sagt Jörg Nowitzki heute. „Dirk hat es wohl ernst mit mir gemeint“, sagt Geschwindner, weil sein Schützling 15 Millionen Euro Kaution hinterlegt hat, um Geschwinder aus der U-Haft zu bekommen. Woher die Einkünfte Geschwindners von rund fünf Millionen stammen, wird auch im Film nicht beantwortet. „Die haben geglaubt, ich hätte Provisionen von Dirks Werbepartner erhalten“, sagt Geschwinder, der bis heute bei seiner Darstellung bleibt, nie etwas für seine Arbeit genommen zu haben.
Begleiterscheinungen einer langen Reise, die nun in die Kinos kommt und deren großes Ende der 12. Juni 2011 gewesen sein dürfte. „Nochmals zu dieser Form zu kommen“, sagt der heute 36 Jahre alte Dirk Nowitzki, „das wird schwer, verdammt hart.“ Er und Holger Geschwindner werden daran arbeiten – so viel ist sicher.
Weltpremiere mit Nowitzki in Köln
An diesem Dienstagabend feiert der Dokumentarfilm „Nowitzki. Der perfekte Wurf“ im Kölner Cinedom die offizielle Weltpremiere – und für den „Hauptdarsteller“ wird es tatsächlich das erste Mal sein, dass er die 105 Minuten ganz sieht: „Ich wollte mir diesen Augenblick aufheben, die Emotionen mit Freunden und Fans genießen“, sagt Nowitzki, dessen Schwester Silke das Werk von Regisseur Sebastian Dehnhardt bereits gesehen hat: „Der Film bringt sehr gut rüber, wie Dirk ist.“ Welche Stars mit Dirk Nowitzki in Köln über den roten Teppich schlendern, verrät die Produktionsfirma nicht. Eingeladen wurden alle Zeitzeugen, die in dem Film zu Wort kommen, darunter aus Würzburg auch Cousin Holger Grabow, Trainer Pit Stahl, Nowitzkis Sportlehrer Jürgen Meng oder auch Zweitliga-Teamkollege Jörg Brunner.