Erneuerbare Energien seien seit 1990 die „tragende Säule“ bei der Reduzierung klimaschädlicher Gase, so Fell, der von 1998 bis 2013 für die Grünen im Bundestag saß und als Autor des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) gilt. Seit 2015 aber seien die Emissionen „nicht mehr nennenswert“ gesunken. Gründe dafür seien die erhöhten Kohlestrom-Exporte ins Ausland sowie der Stopp beim Ausbau von Solar- und Windenergie. In Bayern wirke die von der CSU-Mehrheit verschärfte Abstandsregelung für Windräder als starke Bremse. Der Anteil der erneuerbaren Energien habe sich im Freistaat bei etwas mehr als 40 Prozent eingependelt, so Friedl. Nötig aber seien 100 Prozent, wolle man die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreichen.
„Die Bürger haben es in der Hand“
Dass die Bundesregierung die selbst gesteckten Vorgaben für 2020 aufgegeben hat, empört die Initiatoren vom Verein „Klimaschutz – Bayerns Zukunft“. Auch in der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten sei Klimaschutz kein Thema gewesen, klagt Fahn. „Stattdessen hat Markus Söder ein Raumfahrtprogramm angekündigt.“ Insofern liege es nahe, die Chancen, die die bayerische Verfassung biete, zu nutzen. Friedl: „Die Bürger haben es in der Hand.“ 25.000 Unterschriften wären ein erster Schritt, um den Klimaschutz und die Umstellung der Energieversorgung auf Erneuerbare Energien als Staatsziele in der Verfassung zu verankern. Volksbegehren und Volksentscheid sollen folgen.
Den Klimaschutz in die Verfassung schreiben ist das eine, die Energie- und Umweltpolitik zu ändern das andere. Ist das Volksbegehren also nicht mehr als Symbolpolitik? „Mitnichten“, sagt Patrick Friedl, der im Oktober auch für den Landtag kandidiert. Stünde der Klimaschutz erst einmal in der Verfassung, müsste sich jede Gesetzesinitiative, aber auch jede kommunale Entscheidung daran messen lassen. Per Popularklage könne jeder Bürger die Entscheidungen von Staat und Behörden auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüfen lassen. Friedl: „Das wäre der dringend notwendige Schub für den Klimaschutz.“ In Frankreich und im österreichischen Bundesland Vorarlberg genießt der Klimaschutz bereits Verfassungsrang.
Bayerns Umweltminister Marcel Huber (CSU) wollte sich am Montag auf Nachfrage der Redaktion nicht zu der Initiative äußern. Ein Ministeriumssprecher verwies auf Äußerungen von Markus Söder. Der Ministerpräsident hatte kürzlich gesagt, er sei „offen“ für eine Verfassungsänderung, allerdings ohne einen konkreten Zeitplan zu nennen.
Unterstützung aus der Ukraine
Fell, Friedl und Fahn stellten bei der Pressekonferenz am Montag eine Liste mit elf „Erst-Unterstützern“ ihres Volksbegehrens vor. Mit dabei sind unter anderem die bayerischen Grünen, die ÖDP, die Arbeitsgemeinschaft bayerischer Solarinitiativen, der Verein Bergwaldprojekt, aber auch lokale Zusammenschlüsse wie die „Energieinitiative Rhön und Grabfeld“. Fahn zeigte sich zuversichtlich, dass sich bald auch die Freien Wähler anschließen.
Schließlich präsentierten die Politiker in Würzburg noch einen Überraschungsgast. Ruslana, die Gewinnerin des Eurovision Song Contest 2004. Die Sängerin ist in ihrer Heimat Ukraine schon lange in der Demokratiebewegung aktiv. Bei einem Treffen mit Hans-Josef Fell, der als Präsident der „Energy Watch Group“ weltweit für die Energiewende streitet, ließ sie sich von dessen Engagement begeistern. „Erneuerbare Energien bringen Frieden“, sagt sie. Bayern könne da ein Vorbild auch für die Ukraine sein. Mit einem Konzert am 22. September in Würzburg will sie die Initiative unterstützen.
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