St. Pauli siegt verdient
Doch konzentrieren wir uns erst einmal auf das Geschehen am Hamburger Millerntor: Die Kickers waren in einer Partie auf – um es freundlich zu formulieren – bescheidenem Niveau das schwächere Team. Daran, dass dieser Sieg für St. Pauli verdient war, gab es am Schluss keine Zweifel. „Der Druck von St. Pauli wurde immer größer“, stellte Kickers-Kapitän Sebastian Neumann zutreffend fest. Die Kickers versuchten in der Schlussphase nur noch, das torlose Remis ins Ziel zu retten. Dass Trainer Bernd Hollerbach mit den Einwechslungen von Sebastian Ernst und Valdet Rama, wie er betonte, ein Signal für mehr Offensive setzen wollte, verpuffte völlig. Die Würzburger zogen sich zurück, die Hausherren stürmten, zwar ohne große Ideen, aber immerhin mit Wucht und Willen.
Neumann: "Wir haben die Ordnung verloren!"
„Wir haben am Schluss die Ordnung verloren“, ärgerte sich Neumann über jene Szene, die die Partie entschied. „Da haben wir einen Spieler am Boden liegen sehen und darauf gewartet, dass St. Pauli den Ball ins Aus spielt“, analysierte Hollerbach den Grund für die Achtlosigkeit in der Würzburger Hintermannschaft in der 88. Minute. Tatsächlich war Junior Diaz der letzte Mann in einer langen Fehlerkette, als er Buchtmann vor dem entscheidenden Schuss des Nachmittags nicht stören konnte.
Direkt neben dem Millerntor-Stadion steigt auf dem Heiligengeistfeld hinter der Reeperbahn gerade der Hamburger Frühjahrs-Dom. Während der FC St. Pauli und der FC Würzburger Kickers um Zweitliga-Punkte stritten, drehten sich die Fahrgeschäfte auf dem Rummel weiter. Nebenan im stimmungsreichen und brechend vollen Stadion indes ging’s am Ostersonntag auf dem Spielfeld nicht ganz so rund. Okay, das Bemühen im Kampf gegen den Abstieg zu punkten, war beiden Teams ja durchaus anzumerken. Aber eben auch die Angst vor dem Absturz. Gekämpft und gerackert - das wurde auf dem grünen Rasen. Wirklicher Spielfluss kam aber kaum einmal auf.
Königs erhält erneut den Vorzug vor Soriano
Bei den Kickers hatte Hollerbach erneut Marco Königs den Vorzug vor Elia Soriano in der Sturmspitze gegeben. Aufgrund der Trainingseindrücke unter der Woche, wie der Kickers-Coach betonte. Im Spiel freilich konnte Königs Hollerbachs Trainingseindrücke nicht bestätigen. Einmal gar schien dem Solo-Stürmer, als er in der ersten Spielhälfte alleine aufs Tor der Gastgeber zusteuern konnte, das Herz in die Hose zu rutschen (35.). Statt entschlossen den Abschluss zu suchen, schlug er noch einen Haken und traf das Außennetz. Im Rückblick war dies, neben einem abgeblockten Diaz-Schuss (44.), die beste Würzburger Gelegenheit in einer ersten Spielhälfte, in der es den Gästen immerhin gelungen war, dafür zu sorgen, dass St. Pauli, wie Trainer Ewald Lienen feststellte, „eine schwere erste Halbzeit“ hatte. Einzig, als der starke Kickers-Keeper Jörg Siebenhandl gegen den durchgebrochenen Cenk Sahin parierte, wurde es einmal laut auf den Rängen.
2017 schon zehn Punkte in den letzten zehn Minuten verloren
In der zweiten Halbzeit aber rinn den Würzburgern die Partie dann wie Sand aus den Händen. Die Gastgeber brachten die Kickers mit hohen Bällen in den Strafraum zwar kaum einmal richtig in Bedrängnis. Am Ende aber konnten sich die Gäste aus dem Hamburger Dauerdruck kaum mehr befreien. „Wir haben es nicht mehr geschafft, den Ball in den eigenen Reihen zu halten“, so Neumann. Die Folge war eine Reihe von Chancen der Gastgeber, ehe der Ball in der 88. Minute tatsächlich im Kickers-Kasten landete. Es war in der Rückrunde bereits das neunte Gegentor ab der 80. Minute. Zehn Punkte haben die Kickers in den letzten zehn Minuten verspielt. Einer der Gründe, warum der einst komfortable Vorsprung vor der Abstiegszone nun völlig verschwunden ist. „Wir haben trotzdem noch alles in der eigenen Hand“, blickte Kickers-Mittelfeldmann Nejmeddin Daghfous voraus auf die kommenden Wochen: „Wir müssen jetzt die Köpfe hoch bekommen und die Ruhe bewahren.“