Das Höfesterben hält an, binnen eines Jahrzehnts (2000 bis 2010) ging die Zahl landwirtschaftlicher Betriebe in Unterfranken von rund 15 000 auf 10 400 zurück. Auch die Zahl der Landwirte ohne Hofnachfolger steigt, bayernweit sollen es fast 38 000 sein. Doch es gibt eine erfreuliche Entwicklung: Offenbar wollen wieder mehr junge Leute Bauer werden. Und: Es sind viele Neueinsteiger darunter, die den Berufswunsch haben, obwohl sie nicht auf einem Bauernhof aufgewachsen sind.
„Ja, der Trend ist da“, sagt Walter Dieck, Fachoberlehrer im Fachbereich Landwirtschaft der Berufsschule Kitzingen-Ochsenfurt. Fürs neue Schuljahr gibt es nach Diecks Angaben in Ochsenfurt 22 Anmeldungen, „erfreulich“ mehr als noch vor ein paar Jahren. Und was früher die Ausnahme war, ist jetzt nicht mehr so selten: Die Schüler kommen nicht unbedingt von einem Hof, wenn auch meist aus ländlicher Umgebung.
Den Trend gibt es übrigens nicht nur in der traditionell „dualen“ Ausbildung, bei der Schüler landwirtschaftlicher Berufsschulen in der Praxis auf dem Bauernhof arbeiten. Auch an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (Mittelfranken) ist bereits jeder zweite Student im Studiengang Landwirtschaft ein sogenannter Neueinsteiger. Wenn man nach den Gründen für die Trendwende fragt, ist eine Antwort immer zu hören: Die Ertragssituation in der Landwirtschaft hat sich zuletzt deutlich verbessert.
Die Erzeugerpreise für landwirtschaftliche Produkte sind 2010 und 2011 jährlich um 13 Prozent gestiegen, so steht es im bayerischen Agrarbericht 2012. Im Durchschnitt der letzten fünf Wirtschaftsjahre betrug der Gewinn 41 000 Euro je Unternehmen. Haupterwerbsbetriebe meldeten im Wirtschaftsjahr 2010/2011 einen durchschnittlichen Gewinn von rund 47 180 Euro je Haupterwerbsbetrieb, das sind stattliche 36 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Neben den monetären Gründen gibt es andere. Potenzielle Existenzgründer möchten Leben, Arbeit und Familie miteinander verbinden, ergab eine Umfrage der Hofbörse www.hofgruender.de. Eher untergeordnet sei dabei die „alternative Lebensweise“, die viele Jugendliche Anfang der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts aufs Land trieb.
Dass praktische Erfahrungen auf dem Hof von Verwandten oder beim Nachbarn der Eltern den Wunsch verstärken, in die Landwirtschaft einzusteigen, weiß Walter Dieck aus Erfahrung. Außerdem glaubt er, dass viele seiner Schüler Landwirt werden wollen, damit sich der Strukturwandel auf dem Land nicht weiter fortsetzt und dass die Höfe erhalten werden, die Dörfer und Kulturlandschaft prägen. Der Fachoberlehrer hofft jedenfalls, dass der Trend hin zur Landwirtschaft anhält und dass das tiefe Tal des Höfesterbens bald durchschritten ist.
Die außerfamiliäre Hofübergabe wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Hofbörsen wie www.hofgruender.de oder www.hoffinder-bayern.de bringen Bauern ohne Hof mit Altbauern ohne Hofnachfolger zusammen. Bei www.hofgruender.de sind im Moment 74 Anbieter und 154 Suchende registriert. Im vergangenen Jahr hat das Netzwerk nach eigenen Angaben 3000 Kontakte hergestellt, und als Ausblick steht auf seiner Homepage der bemerkenswerte Satz: „Existenzgründungen müssen in der Landwirtschaft so selbstverständlich werden wie in anderen Branchen.“
Die Politik, die dem Strukturwandel lange Zeit eher abwartend denn steuernd zugeschaut hat, will Neugründungen unterstützen. Nach der geplanten Reform der EU-Förderpolitik sollen Junglandwirte unter 40 Jahren extra Geld bekommen, wenn sie einen Hof übernehmen oder sich einen eigenen Betrieb aufbauen.
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