Bauermann animierte das Publikum kurz vor dem Sprungball, noch ein paar Dezibel zuzulegen. Und die Zuschauer folgten ihm: In dieser Spielzeit war die Stimmung noch in keinem Heimspiel derart euphorisch an der Grenze zur Ekstase, und sogar der Alleingesellschafter der Baskets, s.Oliver-Boss Bernd Freier, blieb diesmal nach Beginn der Partie solange stehen, bis die Würzburger das erste Mal trafen. „Die Stimmung war sensationell gut heute. Man muss auch sehen, dass die Mannschaft von Beginn an alles getan hat, um die Zuschauer ins Spiel zu bringen“, analysierte Bauermann.
Gut eineinhalb Minuten stand Bernd Freier und die anderen 3139 Zuschauer, dann begann Lamonte Ulmer mit einem kleinen Scheibenschießen: Drei Dreier in Serie versenkte der überragende Baskets-Akteur an diesem Abend. In den ersten sieben Minuten erzielte der Flügelspieler 13 Punkte (insgesamt waren es dann 24). Vor allem ihm war es zu verdanken, dass die Baskets nach den ersten zwei Punkten der Partie durch den in Münchner Diensten stehenden Nationalspieler Danilo Barthel das Kommando übernahmen. In einer ungemein intensiven und spannenden ersten Halbzeit, in der die Würzburger vor allem ihre Fortschritte in der Defensive teilweise eindrucksvoll unter Beweis stellten, durch die sie die Münchner unter anderem zu zwei Airballs nötigten, lagen die Hausherren meist knapp in Führung. Erst nach 17 Minuten eroberten sich die Münchner die Führung zurück, für die erneut Danilo Barthel sorgte. Und den knappen Vorsprung gaben die Oberbayern dann bis zum Pausentee auch nicht mehr her. Was vor allem daran lag, dass die Würzburger in der Offensive nachließen: Lediglich acht Punkte erzielten die Hausherren im zweiten Viertel, weshalb die Bayern mit drei Punkten Vorsprung (32:29) zum Verschnaufen in die Kabine gehen durften.
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Und weil die Münchner von den ersten zehn Minuten offenbar gewarnt waren, kannten sie nach der Pause erstmal keinen Spaß mehr. Hochkonzentriert und sehr aggressiv gingen sie fortan ans Werk und bauten ihre Führung in den ersten fünf Minuten der zweiten Hälfte kontinuierlich aus. Vor allem den extrem effektiven Reggie Redding, mit 16 Punkten nach Barthel (18) zweittreffsicherster Münchner, bekamen die Würzburger nicht in den Griff. Nach gut 24 Minuten Spielzeit gingen die Gäste erstmals zweistellig in Führung (48:38). Es war die Phase, in der die Baskets Gefahr liefen, die Partie völlig aus der Hand zu geben und spielentscheidend ins Hintertreffen zu geraten. „Der Punkt ist nicht der, dass es einmal schlecht läuft in einer Partie, sondern wie man damit umgeht“, sagte Bauermann. „Meine Mannschaft hat sich hervorragend aus dieser Delle herausgekämpft.“
Dank eines eiskalten Dreiers von Marshawn Powell, eines nervenstarken Mustafa Shakur an der Freiwurflinie und dem an diesem Abend zur außergewöhnlichsten Höhenflügen bereiten Herrn der Lüfte, Lamonte Ulmer, kamen die Hausherren zu einem 9:0-Lauf und wieder bis auf drei Punkte heran (47:50). Mit diesem Rückstand (49:52) ging es dann auch in die letzten zehn Minuten, die den vorangegangenen 30 in punkto Intensität und Spektakel in nichts nachstanden.
Im Schlussabschnitt vergaben die Hausherren erst mal mehrfach gute Fast-Break-Möglichkeiten und damit die Führung, aber auch die Münchner geizten mit Körben. So fielen in den ersten vier Minuten des vierten Viertels gerade einmal fünf Punkte, hüben wie drüben. Als Marshawn Powell dann zwei Minuten und 42 Sekunden vor Ultimo an die Freiwurflinie durfte und zumindest einen versenkte, eroberten sich die Würzburger die Führung zurück: 58:57. Die Bayern konterten dies allerdings mit einem schönen Dreier von Vladimir Lucic, und weil Powell anschließend erneut nur einen von zwei Freiwürfen traf und der Münchner Devin Booker ein ruhigeres Händchen bewies und beide Versuche von der Linie versenkte, stand’s 54,3 Sekunden vor Schluss 59:62. Und Würzburg hatte Ballbesitz.
„Heute war es extrem hart“
Dann durfte Baskets-Kapitän Kresimir Loncar an die Freiwurf-Linie: Er traf beide: 61:62, foulte im Gegenzug jedoch, weshalb 27,5 Sekunden vor Schluss Lucic an die Linie durfte. Eiskalt: 61:64. Weil dann aber der Dreierversuch von Mustafa Shakur zwölf Sekunden vor Ertönen der Schlusssirene nur an den Ring klatschte, verließen die Münchner als Sieger das Parkett. „Es war sicherlich der wichtigste Sieg in dieser Saison“, übertrieb Djordjevic hernach ein wenig. „Heute war es extrem hart.“ Das war nicht übertrieben.
Ganz kurz nach dieser über 40 Minuten extrem spannenden und intensiven Partie, schnappte sich Dirk Bauermann das Hallenmikrofon und bedankte sich bei den Anhängern: „Ihr habt gesehen, dass diese Mannschaft sehr viel Herz hat. Ihr wart toll, Ihr wart heute unser sechster, siebter und achter Mann. Danke dafür.“ Später dann lenkte er die Aufmerksamkeit der Journalisten auf die Statistik: Lediglich elf von 27 Zwei-Punkte-Versuche der Münchner ließen seine Mannen zu und nur sechs von 23 Dreier-Versuchen – „eine 34-Prozent-Quote bei Treffern aus dem Feld ist sensationell gut gegen eine internationale Spitzenmannschaft“, meinte Bauermann.
Seine Arbeit an der Defensive trägt also Früchte, wenngleich er auch unmissverständlich klarmachte: „Die Mannschaft hat Herz und Charakter, aber ich erwarte in jedem Spiel, egal, gegen wen, dass sie genauso intensiv agiert wie heute.“ Nächste Gelegenheit dazu: nächsten Sonntag bei Titelverteidiger Bamberg.
Für Würzburg spielten: Ulmer 24, Powell 11, Loncar 8, Shakur 6, Lane 6, Odum 3, Stuckey 3, Cobbins 2, Betz.