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WÜRZBURG
Aus dem Leben geschleudert
Veränderungen:Aus den niedlichen kleinenMädchen mit den Kirschenan den Ohren (unten) wurdenzwei erwachRenatesene Frauen,die während der Chemotherapienihre haarlosen Köpfeunter Perücken verbargen.
Foto: Privat | Veränderungen:Aus den niedlichen kleinenMädchen mit den Kirschenan den Ohren (unten) wurdenzwei erwachRenatesene Frauen,die während der Chemotherapienihre haarlosen Köpfeunter Perücken verbargen.
Gisela Schmidt
Gisela Schmidt
 |  aktualisiert: 16.12.2021 11:31 Uhr

Der Mann war es. Dieser wunderbare Fremde aus der Münchner Kneipe, in die man nur geht, weil sie bis 5 Uhr geöffnet ist. Dieser Schauspieler, dessen Anziehungskraft bis in sein Hotelbett reichte, hatte ihren Krebs entdeckt. „Was hast du da?“, hatte er Renate Müller gefragt und vorsichtig über ihre rechte Brust gestrichen, „das musst du anschauen lassen.“

Es ist August 2008, als er das sagt und als etwas einbricht in Renates Welt. Ein dunkler Punkt, von dem sie hofft, dass er „weggeht“. Drei Wochen lang hofft sie. Sie, die kritische Journalistin, verdrängt.

Dann geht sie, zum ersten Mal seit mehr als zehn Jahren, zu einer Frauenärztin. Lässt einen Ultraschall machen, wird zur Mammografie geschickt. Die Radiologin sagt nichts, gibt ihr eine CD und einen Brief mit, die Gynäkologin will eine Biopsie machen. In Deutschland erkranken jährlich 57 000 Frauen an Brustkrebs. Renate Müller muss eine Woche warten, bis ein Klinikbett frei ist.

Kein Platz für Krankheiten in ihrem Leben

Bis jetzt ist das Wort „Krebs“ noch nicht gefallen. Renate liest den Brief. Begriffe, die bislang nichts mit ihr zu tun hatten, stehen da: „Malignomverdächtig“, „stanzbioptische Abklärung“... Sie war nie ernsthaft krank. Mal eine Erkältung, eine Magenverstimmung, Menstruationsbeschwerden. In ihrem Leben ist kein Platz für Krankheiten. Sie arbeitet gern und viel, braucht Zeit für sich und ihre Freunde. Demnächst will sie nach Istanbul reisen. „Renate macht Party, wo keine Party ist“, sagt ihre Schwester Ingrid.

Ingrid und Renate als kleine Mädchen
Foto: Privat | Ingrid und Renate als kleine Mädchen
Sie ist die Erste, mit der Renate über die Krankheit spricht. Die Frauen sind eineiige Zwillinge. Obwohl das Elternhaus in Würzburg groß ist, teilten sie sich dort ein 13 Quadratmeter kleines Zimmer. Freunde mussten sie im Doppelpack nehmen. Wenn sie einen Pullover strickten, machte die eine das Vorderteil, die andere den Rücken. Für ihr erstes Auto legten sie ihre Ersparnisse zusammen. Sie gingen zur selben Schule, studierten beide Biologie, wohnten zusammen, eröffneten die Kneipe „Kult“.
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