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CAMBRIDGE
Das Bild eines Schwarzen Lochs
Astronomie: Forscher wollen erstmals ein Schwarzes Loch fotografieren. Dazu werden mehrere Teleskope zusammengeschaltet.
dpa
 |  aktualisiert: 22.04.2017 03:16 Uhr

In Science-Fiction-Filmen aus Hollywood wie „Interstellar“ war schon oft ein Schwarzes Loch zu sehen, aber in der Wirklichkeit warten Wissenschaftler auf der ganzen Welt sehnlichst auf ein Bild davon. 1915 stellte Albert Einstein erstmals die Theorie auf, dass es im Universum solche Orte der Extreme geben könnte, die alle Materie in ihrer Nähe anziehen und noch nicht einmal Licht nach außen lassen. Das galt damals als kühne Theorie, der kaum ein Astronom folgen wollte. Das änderte sich allerdings mit der Zeit. Vor 50 Jahren hat sich der Begriff „Schwarzes Loch“ für derlei Phänomene allgemein etabliert. Wirklich gesehen hat allerdings noch niemand eines.

Das will eine Gruppe von Forschern nun ändern. Mit einem weltumspannenden Netzwerk von Teleskopen („Event Horizon“-Teleskop) – unter anderem am Südpol, in Europa und Nord- und Südamerika – wollen sie jetzt im April versuchen, erstmals ein Bild von einem Schwarzen Loch zu machen. Dieses liegt nicht einfach irgendwo im All, sondern im Mittelpunkt unserer Galaxis im Sternbild Schütze (lateinisch: Sagittarius). Die Entfernung vom Sonnensystem dorthin: 27 000 Lichtjahre.

Seit 1974 sind die Astronomen diesem Schwarzen Loch auf der Spur. Und das zunehmend euphorisiert. Das verdanken sie den Infrarot-Teleskopen, die durch Gaswolken und Staub in der Galaxis hindurchsehen können. Diese Apparate richteten die Forscher in den 1990er-Jahren auf das Objekt „Sagittarius A*“. Sie erhielten Bilder eines zehn Sonnenmassen schweren Sterns, der das geheimnisvolle Himmelsobjekt mit rasant hohem Tempo umkreist. Er rotiert 170-mal schneller um das dunkle Zentrum als die Erde um die Sonne. Das sind 18 Millionen km/h. Ein wahrer Höllenritt.

Doch die Sache wurde noch fulminanter: Über die Geschwindigkeit der Sterne konnten die Astronomen berechnen, wie groß die Masse ist, die die Sterne umkreisen. „Sagittarius A*“ ist 4,3 Millionen Mal schwerer als unsere Sonne. Man spricht daher von einem supermassereichen Schwarzen Loch. Seine Masse ist kugelförmig auf einem Durchmesser von nur 25 Millionen Kilometern zusammengequetscht. Das entspricht dem 18-fachen des Sonnendurchmessers.

Verständlich also, wenn die Forscher jetzt vor Tatendurst brennen. „Es gibt große Aufregung“, sagt Projektleiter Shepherd Doeleman vom Harvard-Smithsonian Center für Astrophysik in Cambridge (US-Staat Massachusetts). „Wir stellen unser virtuelles Teleskop seit inzwischen fast zwei Jahrzehnten zusammen und im April werden wir die Beobachtungen machen, die erstmals die Chance haben, den Ereignishorizont eines Schwarzen Loches in den Fokus zu bringen.“

Im vergangenen Jahr hatte das „Event-Horizon“-Teleskop schon einmal versucht, „Sagittarius A*“ und ein weiteres Schwarzes Loch abzulichten – ohne Erfolg. „Nichtssagende Kleckse“ seien zu sehen gewesen, schrieb das „Science“-Magazin. Aber in diesem Jahr sind weitere leistungsstarke Teleskope zu dem Netzwerk dazugekommen. Einmal im Jahr wird das Teleskop-Netzwerk in Richtung der Schwarzen Löcher gerichtet, diesmal an fünf Nächten zwischen dem 5. und dem 14. April. Dann stehen die Chancen auf passendes Wetter an den beteiligten Teleskopen gut – aber sicher ist das nicht. Und wenn das Wetter schlecht ist, wird wieder kein Schwarzes Loch auf dem Bild zu sehen sein.

Wie sie sich ein Bild von einem eigentlich unsichtbaren Schwarzen Loch vorstellen, wissen die Forscher genau: als einen hellen Ring rund um einen schwarzen Kreis. Der helle Ring besteht aus Gas und Staub, die von dem Loch extrem beschleunigt, angesaugt und schließlich verschlungen werden. Wegen der extrem starken Schwerebeschleunigung heizt sich Materie, die in ein Schwarzes Loch fällt, auf Millionen Grad Celsius auf und gibt Energie als Röntgenstrahlung ab.

„Es könnte aber auch sein, dass wir etwas ganz anderes sehen“, sagt Projektleiter Doeleman. „Es ist zwar nie eine gute Idee, gegen Einstein zu wetten, aber wenn wir etwas sehen würden, das sehr anders ist als das, was wir erwarten, dann müssten wir die gesamte Theorie der Schwerkraft überdenken. Ich erwarte nicht, dass das passiert, aber alles könnte passieren, und das ist das Schöne daran.“

Das Ganze sei ein „kühnes und mutiges Experiment“, sagte der selbst nicht beteiligte Astrophysiker Roger Blandford von der Stanford Universität in Kalifornien. „Es wird diese bemerkenswerte Theorie für gültig erklären: Dass Schwarze Löcher im Universum üblich sind. Wenn man es gesehen hat, glaubt man es.“

Bis ein Bild – wenn die Aufnahme denn überhaupt gelingt – veröffentlicht werden kann, würde es noch Monate dauern. Ende des Jahres oder Anfang 2018 halten die Forscher für machbar. Zunächst müssen die von allen teilnehmenden Teleskopen gesammelten Daten zusammengebracht und ausgewertet werden – nach Angaben der Forscher entspricht die Menge der von etwa 10 000 vollgepackten Laptops. „Das ist eine Geduldsaufgabe“, sagt Projektleiter Doeleman. „Eine Geduldsaufgabe im Quadrat.“

 
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