Acht reine weiße Baumwollhemden mit Krawatte, Fliege oder ohne. Ein Hinweis auf den eigenen Online-Shop und einen Rabatt für Kundenkarten-Besitzer. So warb das Bekleidungsunternehmen Peek & Cloppenburg mit Sitz in Hamburg in einem Prospekt zu Pfingsten für seine frühlingshafte Herrenmode. Eigentlich nichts Ungewöhnliches für ein Modehaus. Wäre da nicht dieser Spruch gewesen. Auf der vorletzen Seite wurde auf die verschiedenen Accessoires verwiesen mit dem Spruch "Jedem das Seine". Eine mehr als unglückliche Wortwahl, wenn man bedenkt, durch welche Zeit dieses Motto geprägt wurde.
Peek & Cloppenburg bewirbt Mode mit Slogan "Jedem das Seine": https://t.co/nmhcoQ8e5X pic.twitter.com/QQ15UddgHG
— sz-online.de (@szonline) 23. Mai 2018
Eigentlich stammt dieses Idiom aus der Antike. Aufgesetzt wurde der Grundsatz auf Latein "suum cuique" von Kaiser Justinian und bedeutet, dass jeder ehrbar leben soll, das Seine erhält und es einem anderen genauso zubilligen soll. Doch später haben Nationalsozialisten die Aussage für ihre Zwecke missbraucht.
Inschrift am KZ-Buchenwald
Besonders bekannt in Deutschland ist die Inschrift "Jedem das Seine" auf dem Tor des Konzentrationslagers Buchenwald in Weimar. Hier bedeutete der Spruch genau das Gegenteil im Vergleich zur Antike: Die Gefangenen sollten genau das bekommen, was sie verdient haben, so der Gedanke der Nationalsozialisten.
Dass nun P & C mit dieser unglücklichen Wortwahl wirbt, entdeckte der sächsische Linken-Politiker André Schollbach und war empört darüber. "Eine derartige Werbung ist absolut geschmacklos und geschichtsvergessen. Ich habe keinerlei Verständnis dafür, dass ein derart bekannter und an Zynismus kaum zu überbietender Nazispruch für Werbezwecke benutzt wird", schrieb Schollbach - wie die Sächsische Zeitung berichtete. Zu diesem Zeitpunkt war der Werbeslogan noch auf der Homepage des Unternehmens zu lesen.
#peekcloppenburg wirbt #Pfingsten mit Spruch aus KZ #Buchenwald - geschmacklos und geschichtsvergessen https://t.co/ANWFepDFIW #saxlt
— LinksfraktionSachsen (@LINKE_LTSachsen) 23. Mai 2018
So reagierte Peek & Cloppenburg
In einer Stellungnahme bedauerte P & C die Wahl des Werbespruchs: "Wir möchten uns in aller Form dafür entschuldigen, das wir vielleicht die Gefühle Anderer verletzt haben - dies lag aber in keiner Weise in unserer Absicht und wir hoffen, dass Sie uns diese verbale Ungeschicklichkeit verzeihen werden." Gleichzeitig erklärte eine Unternehmenssprecherin aber auch den Zusammenhang zum antiken Leitsatz. Er finde sich bis heute noch immer "als fester Bestandteil in deutschen Gerichtsgebäuden und den dort niedergeschriebenen Gerichtsformeln wieder".
Etwas Fingerspitzengefühl wäre manchmal hilfreich - etwas Allgemeinbildung übrigens auch, dann wüsste man, was man mit solcherlei Dingen auslöst.
Jedem das Seine und mir das meine!
Und dieser Politiker sollte künftig handeln nach dem Motto: erst denken und informieren - dann reden!
Wie einer meiner Vor-Kommentatoren schon ausgeführt hat: wir können nicht alles erst untersuchen, was in unserer Sprache im normalen Gebrauch vorkommt, ob es mal in irgendeiner Art und Weise von den Nazis missbraucht worden ist - sonst könnten wir einen nicht unerheblichen Teil unserer Sprache streichen!
Dieser Spruch hat längeren Bestand, als die Nazis selbst.
Aber nun ist mal gut.
Dann sind wir ja alle "geschmacklos und geschichtsvergessen......" (Zitat Schollbach).
Jeder erwachsene Deutsche hat diesen Spruch "Jedem das Seine" schon zig mal benutzt.
Und kaum einer hat diesen Spruch mit dem KZ in Weimar in Verbindung gebracht.
Und wenn wir jetzt anfangen, alle Redensarten auf einen eventuellen Zusammenhang mit der Nazi Dikatur zu untersuchen, dann ist unsere Sprache und unsere Kommunikation Geschichte.