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WÜRZBURG
Drittes Geschlecht: Was heißt das für die Arbeitswelt?
Unternehmen aus der Region schreiben vermehrt ihre Stellen mit der dritten Option „divers” aus.
Foto: Lucas Kesselhut | Unternehmen aus der Region schreiben vermehrt ihre Stellen mit der dritten Option „divers” aus.
Lucas Kesselhut
Lucas Kesselhut
 |  aktualisiert: 15.07.2024 08:58 Uhr

Die Deutsche Post sucht in Würzburg einen „Mechatroniker (m/w/d)“, das Blindeninstitut einen „Sozialpädagogen (m/w/d)“. Die Suche nach männlichen und weiblichen Bewerbern ist nicht neu. Der Zusatz „d“ ist es jedoch. Über 430 Jobs lassen sich in der Region finden, die diese Abkürzung mitausschreiben. Doch was hat der Code zu bedeuten?

Künftig, so entschied es das Bundeskabinett Mitte August, soll es im Geburtenregister neben dem männlichen und weiblichen Geschlecht auch eine dritte Option geben. Die große Koalition setzt damit eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2017 um. Darin wurde die geltende Regelung mit männlich und weiblich als Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht und das Diskriminierungsverbot des Grundgesetzes gewertet. Bis Ende 2018 muss die Gesetzesänderung in Kraft treten.

In anderen Ländern schon die Regel

Demnach bekommen intersexuelle Menschen die Möglichkeit, als Geschlecht „divers“ eintragen zu lassen. In einigen Ländern gibt es bereits eine dritte Option. In Nepal war beispielsweise 2015 die Angabe „anders“ eingeführt worden. Auch in Großbritannien kann „unknown sex“ im Geburtenregister stehen. Der deutsche Stellenmarkt hat sich auf die Situation schon eingestellt, auch in der Region.

Vogel: Zusatz seit August

Die Vogel Communications Group in Würzburg hat kürzlich eine Stellenausschreibung veröffentlicht, in der sie das „d“ sogar vor „m“ und „w“ stellt. „Wir verwenden den Zusatz seit August in unseren Stellenanzeigen, um damit den Respekt für alle Geschlechter deutlich zu machen“, erklärt Pressesprecher Gunther Schunk.

Etwas seltener lassen sich regional die Abkürzungen „i“ und „x“ finden. Das „i“ steht für „intersexuell“; das „x“ als eine Art Platzhalter für alle weiteren geschlechtlichen Formen jenseits von weiblich und männlich.

„Für uns als Arbeitgeber verursacht die Verwendung des Zusatzes keinen nennenswerten Aufwand, für die Angehörigen des dritten Geschlechts hat sie jedoch eine große und wichtige Bedeutung“, sagt Pressesprecher Markus Moll vom Landratsamt Main-Tauber-Kreis, das seit kurzem alle Stellen mit dem Zusatz „m/w/d“ ausschreibt.

Rechtliche Probleme drohen

„Wer den Zusatz jedoch nicht mit ausschreibt, kann rechtliche Probleme bekommen“, weiß Matthias Degelmann, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Würzburg. So gebe es Spezialisten, sogenannte AGG-Hopper, die gezielt nach Stellenausschreibungen suchen, die nicht dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz entsprechen. Sie bewerben sich um offene Stellen – aber nicht, um diese zu bekommen, sondern um wegen vermeintlicher Diskriminierung abgelehnt zu werden und anschließend auf Entschädigung zu klagen.

„Dafür nutzen AGG-Hopper beispielsweise Fehler in der Stellenanzeige aus, wenn ein Unternehmen zum Beispiel eine ,junge Kraft‘ ausschreibt“, so Anwalt Degelmann. Bewirbt sich dann ein etwa 50-jähriger Scheinbewerber, der daraufhin abgelehnt wird, versuche er Schadenersatz wegen Diskriminierung geltend zu machen. Mit der aktuellen Entscheidung des Bundeskabinetts könnten solche Fälle eventuell zunehmen, sollten Arbeitgeber die dritte Option nicht berücksichtigen.

Ob bei Stellenausschreibungen ein „d“, „i“ oder „x“ dabei stehen muss, ist bisher aber noch nicht geregelt. „Wir haben uns bis zu einer Entscheidung auf ,d‘ festgelegt und gehen davon aus, dass dies nach der Entscheidung des Bundeskabinetts für den Begriff ,divers‘ auch die künftige offizielle Abkürzung sein wird“, erklärt Pressesprecher Moll.

Zusatz ist bisher noch eine Ausnahme

Nur sieben Prozent aller bundesweit ausgeschriebenen Stellen berücksichtigen im Schnitt das dritte Geschlecht „divers“. Das hat eine Untersuchung der Jobsuchmaschine Adzuna ergeben. Am weitesten vorangeschritten ist dies in den Branchen Handel und Bau (17 Prozent), Buchhaltung und Finanzwesen (15 Prozent) sowie IT (zehn Prozent). Eher schleppend läuft die Umstellung in der Fertigung (drei Prozent) sowie im Gesundheitswesen und der Pflege (sechs Prozent). Insgesamt hatte Adzuna 570 000 Jobangebote bundesweit untersucht. Unterschiede gibt es laut der Untersuchung nicht nur bei den Branchen, sondern auch in den Regionen: Am häufigsten tauchen Stellenanzeigen mit drittem Geschlecht in Düsseldorf, Dresden, Bielefeld und Leipzig auf. Auf den hinteren Plätzen liegen Dortmund, Bremen und Nürnberg.

Mit Material von dpa

 
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